Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
mit kastanienbraunen und blauen Streifen gemusterte Krawatte, an der die übliche goldene Kette baumelte. Er wirkte so wach und aufmerksam wie immer, doch unter seinen Augen zeigten sich die ersten Andeutungen dunkler Ringe.
    »Die ganze Nacht auf den Beinen gewesen?« fragte Reese.
    »Ich habe ein wenig geschlafen.«
    »Wie lange? Eine Stunde? Oder zwei? Mehr bestimmt nicht.« Reese seufzte. »Ich mache mir Sorgen um dich. Irgendwann bist du so fertig, daß du einfach umfällst.«
    »Dies ist ein besonderer Fall.«
    »Für dich stellen alle Fälle etwas Besonderes dar.«
    »Ich fühle mich dem Opfer verpflichtet, der jungen Frau namens Ernestina.«
    »Sie ist bereits das tausendste Opfer, dem du dich verpflichtet fühlst«, stellte Reese fest.
    Julio zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck Kaffee. »Sharp hat nicht geblufft.«
    »In welcher Beziehung?«
    »Er hat uns tatsächlich aus dem Rennen geworfen. Die Akten enthalten nur noch die Namen der Opfer: Ernestina Hernandez und Rebecca Klienstad. Und den Vermerk, die Bundesbehörden hätten den Fall übernommen, aus Gründen der nationalen Sicherheit<. Als ich mich heute morgen an Folbeck wandte und ihn um die Erlaubnis bat, zusammen mit dir Sharp und seinen Jungs bei den Ermittlungen zu helfen, reagierte er ziemlich schroff. Er meinte: >Um Himmels willen, Julio, machen Sie keinen Scheiß. Lassen Sie die Finger davon. Das ist ein verdammter Befehl!<«
    Folbeck war Hagerstroms und Verdads Vorgesetzter, ein frommer Mormone, der es in Hinsicht auf Flüche mit den wortgewaltigsten Leuten im Department aufnehmen konnte, jedoch nur dann Gott, den Himmel und andere heilige Institutionen beschwor, wenn er es wirklich ernst meinte. Dort zog er einen klaren Trennungsstrich. Trotz seiner Vorliebe für deftige Ausdrücke kam es nicht selten vor, daß er seine Mitarbeiter vor Blasphemie warnte. In diesem Zusammenhang hatte er sich einmal an Reese gewandt: »Hagerstrom, bitte sagen Sie in meiner Gegenwart nie wieder >Gottverdammich< oder >heiliger Himmel< oder etwas in der Art. Ich kann den Mist nicht ausstehen und bin nicht länger bereit, mir solchen verdammten Dreck anzuhören.« Wenn Nick Folbeck bei seiner Antwort Ausdrücke wie >um Himmels willen< und >Scheiß< verwendet hatte, so ließ sich daraus nur ein Schluß ziehen: Die Aufforderung an das Department, die Ermittlungen einzustellen, stammte nicht von Anson Sharp, sondern kam von weiter oben.
    »Was ist mit dem Diebstahl von Eric Lebens Leiche?« fragte Reese. »Die gleiche Sache«, sagte Julio. »Fällt nicht mehr in unseren Zuständigkeitsbereich.«
    Das Gespräch mit Verdad lenkte Hagerstrom von den Alptraumvisionen ab, die ihm immer wieder das Bild der sterbenden Janet bescherten, und zumindest ein Teil eines gesunden Appetits kehrte zurück. Er stand auf, holte einen zweiten Pfannkuchen und bot auch Julio einen an. Doch Verdad schüttelte den Kopf.
    »Und sonst?« fragte Reese.
    »Nun, ich bin in der Bibliothek gewesen und habe mich gründlich über Dr. Eric Leben informiert.«
    »Ein reicher Mann, ein wissenschaftliches Genie, auch ökonomisch sehr erfolgreich. Grausam und rücksichtslos. Zu dumm, um zu begreifen, was für eine tolle Frau er hatte. Ge nügt das als Beschreibung?«
    »Darüber hinaus war er besessen«, sagte Julio.
    »Das sind Eierköpfe meistens.«
    »In seinem besonderen Fall ging es um Unsterblichkeit.«
    Reese runzelte die Stirn. »Bitte?«
    »Nach dem Abschluß seines Studiums arbeitete er als einer der besten Genetiker auf dem Fachgebiet rekombinanter DNS und verfaßte mehrere Artikel, in denen es um die verschiedenen Aspekte einer Verlängerung des menschlichen Lebens ging. Er kann in diesem Zusammenhang auf eine wahre Flut an Veröffentlichungen zurückblicken.«
    »Konnte«, verbesserte Reese. »Denke an den Unfall.«
    »Nun, selbst die trockensten und wissenschaftlichsten Artikel bringen eine gewisse Leidenschaft zum Ausdruck, eine Begeisterung, der man sich nicht verschließen kann«, sagte Julio. Er zog ein Blatt Papier aus der Tasche und entfaltete es. »Dies ist ein Auszug aus einem Beitrag, der in einem populärwissenschaftlichen Magazin erschien, und darin beschränkt sich Eric nicht nur auf rein technische Angaben: >Letztendlich ist der Mensch vielleicht in der Lage, sich in genetischer Hinsicht eine neue Gestalt zu geben, auf diese Weise den Tod zu überwinden und noch länger zu leben als Methusalem. Möglicherweise vereint er dann die Fähigkeiten von Jesus und Lazarus

Weitere Kostenlose Bücher