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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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größer wurde.
    Archer sprang auf die Füße, ohne auf seine Begleiter zu achten. Sein Innerstes bebte bei dem Anblick, der sich ihm bot. Sterne fielen herab wie Regen. Herrliche Diamanten, die zur Erde prasselten. Er stolperte vorwärts, um sie aufzufangen.
    Energie durchströmte ihn, und mit ihr das eigenartige Gefühl, sich aufzulösen, als bestünde sein Körper aus gesponnenen Zuckerfäden, die unvermittelt in warmes Wasser getaucht wurden. Kaum hatte er den Gedanken verarbeitet, als er sich bereits wieder anders fühlte, so als dehne er sich nun aus. Jeder Atemzug, den er tat, schien an der Welt um ihn herum zu zerren. Die Sterne und der Himmel atmeten mit ihm. Der blendend weiße Riss in der Mitte seiner Welt schwoll mit ihm an und ab. Archer ging auf diesen Spalt zu und dabei hallten seine Schritte dröhnend in seinem Schädel wider.
    Was war dieser Wahnsinn?
    Was willst du?
    Die Luft selbst flüsterte diese Frage.
    Frieden. Zuflucht. Unversehrtheit. Ein Heilmittel.
    Das Licht strahlte nun so stark, dass er eigentlich hätte blinzeln müssen, doch da war kein Schmerz, nur eine bebende Kraft, die ihn lachen und rennen lassen wollte. Er trat hinein in dieses Strahlen und spürte, wie es sein Fleisch in einen Regenbogen aus Farben tauchte.
    Der Spalt schloss sich um ihn, bis er ihm tief in die Knochen drang. Ein weiterer Atemzug, und er klaffte weit auf. Nun befand er sich nicht mehr in der Wüste, sondern in einem langen, dunklen Gang. Fackeln säumten die Wände, ihre Flammen flackerten und zischten in der Zugluft, die den Gang entlangstrich. Er kannte diesen Ort.
    Cavern Hall.
    Sein Herz begann heftig und drängend zu pochen.
    Vor ihm weitete sich der Gang. Archer schwebte vorwärts, erstaunt darüber, dass er sich zu bewegen schien, ohne einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er sah hinunter auf seine nutzlosen Beine, und als er den Blick wieder hob, fand er sich nicht in Cavern Hall, sondern in einer gut ausgestatteten Bibliothek wieder. Der ausgeprägte Geruch nach Büchern, Holz, Zigarrenstumpen und Kohle stieg ihm in die Nase. London. Er befand sich in London. Der Teppich unter seinen Füßen war prachtvoll mit seinen verschlungenen Wirbeln aus Zinnoberrot und Coelinblau. Jeder einzelne Faden, dick und üppig, verlockte Archer, ihn zu berühren. Würden seine Finger unendlich tief einsinken?
    »Wurde auch Zeit, dass du dich blicken lässt.«
    Als er den Kopf hob, sah er eine Gruppe von Männern, die ihn anstarrte. Leland, Merryweather, Cheltenham und Sir Percival. Jeder Name erschallte in seinem Kopf wie die angespielten Klänge einer Harfe. Er prustete los, ein kindliches und wunderbares Lachen, dann fragte er sich, warum um alles in der Welt er eigentlich lachte. Schnell riss er sich wieder zusammen, doch die Mitglieder des West Moon Clubs schienen seinen Fauxpas gar nicht bemerkt zu haben.
    Sir Percival trat vor. »Nun, steh nicht einfach so herum. Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«
    Die Worte des alten Mannes erreichten Archers Ohren schon wenige Augenblicke, bevor sich seine schmalen Lippen bewegten. Eigenartig. Archer unterdrückte das Verlangen, Percivals Lippen zu berühren, um zu sehen, ob sie real waren.
    »Nun?«, blaffte Percival.
    Archer verkniff sich ein weiteres Lachen und nahm Haltung an. »Nun was?«
    Cheltenham trat vor Sir Percivals bebende Gestalt. »Archer, du hast diesen Mann verletzt. Äußerst schwer.«
    Mann? Welchen Mann? Sein Verstand raste. Da gab es so viele. Wie sollte man da den Überblick behalten?
    »Und ob er das hat, verdammt noch mal!«, schrie Sir Percival. »Zum Teufel, Marvel sollte meine Agnes heiraten! Es hätte die Verbindung der Saison werden sollen!«
    Archer schwankte, seine Lippen zuckten unkontrollierbar. Ach ja, Marvel. Der kleine Scheißkerl. »Ich habe nur versucht, ihm ein wenig Vernunft einzubläuen.« Da. Das klang doch vernünftig, oder nicht?
    Merryweather seufzte, während er sich ein wenig Brandy einschenkte. Seine Hände waren inzwischen knotig, die Fingerknöchel dick und ungelenk. Wann war er so alt geworden? »Archer, du hast den Mann in ein sabberndes Häufchen Elend verwandelt.«
    »Er hat die Kontrolle verloren«, rief Percival.
    Die anderen Männer wichen Archers Blick aus.
    Urplötzlich verstand er. Er kannte diese Szene. Er hatte diese Unterhaltung schon einmal geführt. Sie hatten ihn verbannt. Er sah Leland an und wartete darauf, dass er die Worte aussprach, an die Archer sich so gut erinnerte.
    Lelands hageres Gesicht, das

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