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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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nun wie eine Landkarte von tiefen Faltentälern durchzogen wurde, war ernst, als er Archers Blick begegnete. »Vielleicht wäre es am besten, wenn du für eine Weile das Land verlässt.«
    Bis Gras über die Sache gewachsen ist. Archer brauchte Lelands Worte nicht zu hören, um sie zu kennen. Leland, einer seiner besten Freunde, schickte ihn fort. Warum hatte er ausgerechnet an diesen Ort und diesen Zeitpunkt zurückkehren müssen? Das hier war kein Heilmittel. Das hier war die Hölle.
    »Ich habe nur versucht, ihm zu helfen«, hörte er sich sagen. Oh ja, das hatte er ebenfalls schon einmal gesagt. Es war beschämend, dass er es noch einmal tat. Doch die Worte strömten aus ihm heraus, als lese er sie von einem Manuskript ab. »Er drohte, der Versuchung zu erliegen.«
    Percival schnaubte. »Und wer ist daran schuld?«
    Ich.
    »Wer sagt denn, dass nicht einer von uns der Nächste ist?«
    Archer gelang es, nicht die Augen zu verdrehen. »Ich könnte euch alle mühelos auf der Stelle töten, wenn ich wollte.«
    Das fachte Percival nur noch mehr an. »Seht ihr?« Seine dürre Hand zitterte, als er auf Archer zeigte. »Er wird noch unser aller Tod sein.«
    Dieser melodramatische Narr. Archer war ein Monster, aber kein Mörder. Noch nicht. Obwohl er in dem Moment in Versuchung war.
    Er trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich werde mich nicht aus meiner Heimat vertreiben lassen.«
    »Du wirst gehen«, hielt Percival dagegen. »Auf die eine oder andere Weise.« Wütend starrten sich die beiden an.
    »Archer ist nicht die Gefahr«, warf Leland mit einem Seufzen ein, dann richteten sich seine blauen Augen auf ihn. »Aber das Böse verfolgt dich.«
    Ja. Soviel musste er zugeben.
    »Ihr habt alle darum gebettelt, an meiner Stelle zu sein. Darum gebettelt, das zu werden, was ich bin.« Er hielt den Blick jedes einzelnen eine Weile lang fest. »Und nun wendet ihr euch von mir ab?«
    Merryweather schüttelte den Kopf. »Wir waren Narren. Und du ebenso.«
    Archer schluckte heftig. Er würde sie seinen Schmerz nicht sehen lassen. Niemals wieder.
    »Verlass London. Wenn auch nur für eine Weile.« Wenigstens schienen Leland seine Worte leidzutun.
    Die anderen umringten ihn nun, drängten ihn zurück. Ihre verbrauchten Gesichter dehnten sich drohend vor ihm aus. Sie hatten recht. Er hatte dies alles verursacht. Archer wollte schreien, doch kein Laut kam aus seinem trockenen Mund.
    Die Wände um ihn herum zogen sich zusammen. Er streckte die Hand aus, um sie aufzuhalten, rutschte jedoch an einer schlüpfrigen Substanz ab. Tiefrotes Öl. Nein, Blut. Blut, das aus den Wänden quoll. Er fiel auf die Knie.
    »Geh fort, Archer.«
    »Kehr nicht zurück. Deine Anwesenheit hier bringt uns alle in Gefahr.«
    Er krümmte sich in sich zusammen, fort von ihren wissenden Blicken. Er konnte es nicht ertragen. Er hatte zu viele verletzt, obwohl er doch nur gewollt hatte, dass … Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Blut strömte von den Wänden und sammelte sich um seine Knie, drang warm und klebrig durch seine Kleider. Er konnte nicht mehr atmen. »Ich kann nicht …«
    »Sieh doch nur, was mit Rossberry geschehen ist.«
    »Erst Rossberry, jetzt Marvel. Wer ist der Nächste? Wer wird noch durch seine Verbindung zu dir vernichtet werden?«
    #
    London, 1. Mai 1879
    »Ich habe beschlossen, dass ich dem jungen Martin nicht mehr gestatten werde, uns seine Aufwartung zu machen.«
    Mirandas gleichmäßige Schritte gerieten kurz ins Stocken.
    »Langsam, Tochter. Du ziehst noch die Aufmerksamkeit auf dich, wenn du so herumstolperst.« Ihr Vater warf ihr einen Seitenblick zu, während er sie würdevoll an einem Zeitungsjungen vorbeilenkte, der aus vollem Hals die Neuigkeiten des Tages in die Welt hinausschrie. »Denk daran, tief im Innern sind wir Menschen gerissene Bestien, sowohl Jäger als auch Gejagte. Wenn sich dein Schritt verändert, macht das selbst den Unaufmerksamsten wachsam.«
    Sie biss die Zähne zusammen, schließlich waren sie hier nicht auf Diebestour unterwegs. »Warum soll Martin uns denn nicht mehr besuchen, Vater? Er ist mir ein guter Freund, und dir ebenso.«
    »Wie dem auch sei, ihr beiden seid keine kleinen Kinder mehr, die miteinander spielen.« Ein Windstoß hob die grauen Locken, die unter seinem alten Zylinder hervorlugten. »Ein junger Mann kommt dabei auf gewisse Gedanken. Gedanken, die ihm nicht zustehen.«
    Sie blieb wie angewurzelt stehen – mochte doch der Teufel die anderen Fußgänger holen –, worauf ihr Vater

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