Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
weitergehen sollte. Unterhalb des Sees öffnete sich das Tal in ein etwas größeres Quertal, das nach links hin bei Gouelanig Mor in den Romsdalsfjord mündete. Er konnte geradeaus weitergehen, auf der anderen Seite des Quertals wieder nach oben steigen und versuchen, sich zur Pforte am Gridsetskolten durchzuschlagen. Er war sich ziemlich sicher, dass die Schatten noch nichts von dieser Pforte wussten, was bedeutete, dass seine Flucht vermutlich gelingen würde. Allerdings würde er seine Verfolger damit direkt dorthinführen – seine Spuren im Schnee waren nicht zu übersehen. Sobald aber die Pforte am Gridsetskolten in Rushais Hand war, hatte Derrien keine Chance mehr, unbemerkt in die Innenwelt des Romsdalsfjordes zu gelangen. Sein Krieg wäre dann endgültig vorbei, und Derrien müsste sich eingestehen, verloren zu haben. Verloren auf der ganzen Linie.
    Deshalb entschied er sich gegen den Gridsetskolten. Die Alternative dazu war die Pforte auf Sekken, doch dafür brauchte er ein Boot. Ein Boot, das er in Gouelanig Mor zu finden hoffte. Angefüllt mit grimmiger Entschlossenheit, stapfte er weiter, nur gefolgt vom stetig auf- und abschwellenden Wind.
     
    Freitag, 05. November 1999
     
    Das Morgengrauen hatte bereits begonnen, als Derrien Stunden später die ersten Häuser Gouelanig Mors erspähte. Die Nordlichter am Himmel waren längst verblasst, die Wolken hatten sich verzogen, und selbst der Sturm hatte nachgelassen. In der Ferne rauschte die Brandung auf den Kiesstränden des Fjordes. Irgendwo oben in den Bergen heulten noch immer die Wölfe ihr auf- und abschwellendes Jaulen, das Derrien mittlerweile die halbe Nacht begleitet hatte. In dem Weiler war jedoch alles ruhig.
    Es war
zu
ruhig. Üblicherweise hätten sich die Dorfhunde eine solche Provokation durch die Wölfe nicht lange bieten lassen. Doch in dieser Nacht schlug kein Hund an. Vermutlich waren die Tiere von Nain-Plünderern mitgenommen worden. Oder erschlagen, oder vielleicht auch gegessen. Der Hunger am Romsdalsfjord hielt nun schon eine ganze Weile an.
    Die Ruhe ließ seine Glieder schwer werden. Derrien presste die Augen mehrere Male fest zusammen, um sie am Zufallen zu hindern, und gähnte verhalten. Seine magische Zähigkeit war eine Sache – die Anstrengungen der letzten Tage eine ganz andere. Er fühlte sich so erschöpft wie noch nie zuvor in seinem Leben, die Versuchung, sich für ein paar Augenblicke auf den Boden zu kauern und die Augen zu schließen, war enorm. Doch er zwang sich dazu wach zu bleiben. Hier einzuschlafen wäre sein Todesurteil.
    Am westlichen Ausgang des Dorfes, wo der Uferpfad den Romsdalsfjord weiter nach Tavoc Keoded 28 und Ilan Keoded den Romsdalsfjord entlangführte, brannte ein Wachfeuer, an dem sich mehrere Krieger wärmten. Sie wirkten müde und gelangweilt, was Derrien nur recht sein konnte. Er war sich sicher, dass es Nain waren, die verhindern sollten, dass er weiter nach Westen floh.
    Er gähnte erneut. Selbst ohne diese Wachen hätte er es nicht über die Straße versucht. Er war viel zu müde, um noch weiter zu marschieren. Abgesehen davon war die Straße ohnehin viel zu gefährlich.
    Während er das Dorf und das Wachfeuer beobachtete, versuchte er, weitere Nain auf Rundgang zu entdecken. Die Müdigkeit wurde immer stärker. Zweimal fiel sein Kopf im Sekundenschlaf kraftlos zur Seite. Er rieb sich die Augen und wurde sich langsam bewusst, dass es keinen Zweck hatte. Er musste das, was er hier vorhatte, jetzt tun oder gleich lassen. Warten würde ihm nicht weiterhelfen.
    Er stand auf und lief geduckt die letzten Meter über die Felder zu den Gebäuden des Weilers. Am ersten Schuppen ging er wieder in Deckung und warf einen weiteren Blick zu den Wachen an ihrem Feuer. Sie wirkten genauso teilnahmslos und müde wie zuvor. Derrien zog sich zurück und schlich zwischen den Gebäuden zu einer der Rundhütten, in denen vermutlich Leibeigene untergebracht waren. Bretonische Leibeigene, wie er hoffte.
    Seine Stiefel schmatzten leise im Matsch. Der schwache Gestank von Schimmel und Fäulnis hing in der Luft, so typisch für das letzte Ende des Herbstes. In anderen Jahren würde er überdeckt werden vom Fischgeruch der Trockengestelle und den Tieren aus den Ställen, doch der Hunger hatte beide Bestände bereits kräftig dezimiert.
    Er wollte gerade eine Tür aufziehen, als er Hufgetrappel hörte. Es kam von Norden, wo die Straße um den Gridsetskolten herum nach Kêr Bagbeg führte. Derrien erwog kurz, sich in der

Weitere Kostenlose Bücher