Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Weg zum Eingang zu den Toiletten erschien Derrien schier unendlich lang. Die Musik war längst wieder härter geworden und reihte ein gitarrenkreischendes Stück Death-Metal an das nächste. Die grölende Gesangsstimme zerrte an seinen Nerven, er fühlte sich von allen und jedem beobachtet, von dem Sicherheitsmann, der am Durchgang zur Nachbarhalle stand und mit misstrauischem Blick eine Zigarette rauchte, von der Bedienung, die ihm mit einem Tablett voller Sektgläser entgegenkam, von dem Haufen Yuppies an der Bar rechts neben der Tür zu den Scheißhäusern. Er war nur froh darüber, dass die Latexmaske praktisch sämtliche Gefühlsregungen versteckte, so dass man seine Angst und Nervosität nicht sehen konnte. Åse war weitaus weniger erfolgreich darin, seine Anspannung zu verbergen. Sein Gesicht war fahl und verschwitzt, die Pupillen trotz des Stroboskops angstgeweitet. Zum Glück gab es in der Unterwelt genügend Junkies und Freaks, so dass Åse damit nicht sonderlich auffiel.
Schließlich waren sie an der Tür und betraten vorsichtig den Vorraum. Ein Waschbecken, ein heruntergerissener Handtuchspender, ein Spiegel. Blaues Licht sollte wohl verhindern, dass die Junkies hier Adern fanden, um sich Drogen zu spritzen. Etwas merkwürdig, wenn man bedachte, dass die Unterwelt praktisch dazu da war, um Drogen zu konsumieren.
Derrien gab Åse ein Signal, woraufhin sie beide ihre Makarows zogen und die Schalldämpfer aufschraubten. Derrien hustete laut, während sie die Schlitten zurückzogen, um die Waffen durchzuladen. Dann betraten sie den eigentlichen Toilettenraum.Der Rattenmensch stand in der hintersten Ecke an der Pissrinne, eine Zigarette im Mund, die Hände an der Hose. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter und wollte den Kopf schon wieder wegdrehen, als er die Pistole in Derriens Hand bemerkte.
»Du weißt gar nicht, in welche Scheiße du dich da reinreitest«, knurrte der Mann an seiner Zigarette vorbei.
Derrien wusste, dass er nicht viel Zeit hatte. Torges Ablenkung würde nicht ewig dauern, und dann würde man bemerken, dass dieser Kerl hier verschwunden war. »Ich bin der Druide Derrien Schattenfeind«, stellte er sich deshalb vor, um die Sache zu beschleunigen. »Glaubst du mir, dass ich eine ganz gute Vorstellung davon habe, worauf ich mich einlasse, oder soll ich zuerst deine Eier abschießen?«
Der Mann sah ihn einen Augenblick regungslos an. »Du bist nicht mal ein Druide!«, stieß er dann aus. Mit einem Ruck schloss er den Reißverschluss in seiner Hose und richtete seine Schultern auf, um sich ihn vorzunehmen.
Die Makarow in Derriens Hand zuckte hart zurück, als er sie mit einem blechernen Knacken abfeuerte und die Welt des Rattenmenschen in ein Meer aus Schmerzen verwandelte. Der Mann stöhnte auf und stolperte zurück auf seinen Hosenboden, während er versuchte, mit den Händen den Blutstrom aufzuhalten, der aus seinem Gemächt floss.
»Ich suche nach dem Anführer der Renegaten«, erklärte Derrien. »Schätze, dass ihr Ratten wisst, wo er gefangen gehalten wird.«
»Keine Chance«, keuchte der Rattenmensch. »Die sagen uns so was doch nicht!«
Åse schüttelte leicht seinen Kopf, was bedeutete, dass der Mann log. Derrien schnippte mit dem Daumen den Sicherungshebel nach oben und steckte die gesicherte Waffe zurück in den Hosenbund. Stattdessen zog er
Steinbeißer
und sprang auf den Rattenmenschen zu. Er packte dessen Haare und zerrte seinen Kopf in den Nacken, um ihm den Dolch an den Kehlkopf zu setzen.
»Hör mir zu«, zischte Derrien. »Ich habe keine Zeit für deine Spielchen. Wir alle haben keine Zeit. In spätestens zehn Minutenwerden deine Kumpels wissen, was hier passiert ist. Dann werden sie kommen und uns fertigmachen. Sie werden uns kriegen, schätze ich, aber ich verspreche dir eins: Bis es so weit ist, verwandle ich dich in einen blutigen Haufen Fleisch, den selbst deine Schwester nicht mehr erkennen wird! Gefällt dir die Vorstellung?« Er zog
Steinbeißer
an seinem Hals entlang, nur minimal und ohne jeglichen Druck, doch die magische Klinge glitt trotzdem widerstandslos durch die Haut des Rattenmenschen. Sofort quoll Blut aus der Wunde und rann seinen Hals hinab.
Der Mann bemerkte praktisch sofort, dass er diese Wunde nicht regenerieren konnte. Derrien konnte die Angst tatsächlich
sehen
, die in den Augen des Rattenmenschen aufkeimte. Seine Pupillen weiteten sich, seine Nasenlöcher blähten sich bebend.
»Okay«, meinte Derrien zufrieden. »Jetzt verstehst
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