Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
köstliche Luft, die er in seinen Körper pumpte. Die Queen hing festgeklammert an ihm, japsend und keuchend, während sich Mickey an dem Treppengeländer festhielt, umnicht von den Wassermassen fortgespült zu werden, die sich hier nach unten ergossen. Ein paar Stufen höher war O’Neill, der bereits zu Atem gelangt war und ihm über das Tosen des Wassers zubrüllte. »KOMMT!«
Mickey legte eine Hand um die Queen, ließ die zweite am Geländer und zog sich nach oben. Er rutschte aus, als ihm das Wasser die Beine davondrückte, schlug in den Strom, die Queen schrie schrill auf, rutschte ab, erwischte nur noch seinen Hals und drückte panisch zu. Mickey keuchte auf, als sie ihn würgte, während das Wasser versuchte, ihn weiter nach unten zu drücken. Seine Instinkte schrien danach, loszulassen, um ihre Hände von seinem Hals lösen zu können, sein Kopf schrie dagegen, festzuhalten, um alles in der Welt festzuhalten, damit die Queen nicht ebenfalls vom Strom erfasst und in die Dunkelheit des Schachtes davongespült werden konnte. Schon blitzten die ersten Sterne vor seinen Augen, er konnte nichts tun, nichts –
Das Gewicht auf seinem Rücken war plötzlich verschwunden. Hastig zog er sich auf die Beine, dieses Mal in einen sichereren Stand, hustete, keuchte. Erst ein paar Augenblicke später wandte er sich um, sah, dass Nelson nach der Queen gegriffen hatte. Sie hing an ihm, völlig durchnässt, die Haare an ihren Kopf geklebt, wie ein Affenbaby an der haarigen, ebenfalls klitschnassen, riesigen Affengestalt Nelsons. Der Rattenmensch reichte sie ihm, wusste offenbar, wie wichtig es Mickey war, sie selbst nach oben zu bringen. Die Queen packte fest zu, er spürte ihre Angst, das Zittern ihres durchgefrorenen Körpers. Vorsichtiger als vorhin machte er sich an einen zweiten Versuch. Schritt für Schritt gelangte er weiter nach oben.
Kurz vor dem Ausgang hörte er das Donnern von Hubschrauberrotoren. Plötzlich blies ein scharfer Wind die Treppe herab. O’Neill war mittlerweile am Eingang des Treppenschachts angekommen, doch etwas hielt ihn dort zurück.
»Was ist los?«, schrie Mickey nach oben.
»Probleme«, gab der Anführer der Queensguard zurück.
Etwas ganz Neues an diesem Tag
. »Ernste?«
»Rushai ist hier!«
Mickey hätte vor Schreck beinahe losgelassen. Rushai? Wie konnte das möglich sein? Rushai war in Åndalsnes! Musste in Åndalsnes sein, schließlich griffen in dieser Nacht die Germanen an! Der Schattenlord hatte doch bestimmt nicht seiner lang ersehnten Feldschlacht gegen die Trondheimer den Rücken zugekehrt! Das konnte nicht sein! Hastig überwand er die letzten Meter und schob sich neben O’Neill.
Nicht mehr als zwanzig Meter weiter hatte sich ein Hubschrauber über die Straße gesenkt, eine donnernde Maschine mit blinkenden Positionslichtern und einem irrlichternden Scheinwerfer. Er war sechs Meter über dem Boden, offenbar hatte sein Pilot Angst vor den vereinzelt stehenden Baumleichen, die noch immer über die in chaotischer Art und Weise errichteten Wellblechhütten ragten. Gerade sprang eine Gestalt aus der Schiebetür an der Seite, fiel herab wie ein Stein, schlug hart in dem gerade einmal knöcheltiefen Wasser auf.
Doch dort hatten sich bereits drei andere Gestalten versammelt und blickten mit entschlossener Miene in ihre Richtung. Mickey brauchte sie nicht zu scannen, um zu wissen, wer es war. Tarakir und Zhûl, zwei von Rushais Ranger-Schatten – und der Schattenlord selbst.
»Mickey Mouse!«, schrie Rushai über das Dröhnen des Hubschraubers hinweg, während sich ein weiterer Schatten zu ihm herabstürzte. »Ich sehe, du hast da etwas, was nicht dir gehört!«
Mickey hörte hinter sich Nelsons Schritte, warf einen Blick über die Schulter und sah auch die anderen beiden Ratten der Queensguard auf der Treppe. Je mehr sie waren, desto größer wurde die Chance für die Queen, in den Wirren des Kampfes zu entkommen. Er hatte keine Zweifel,
dass
es zum Kampf kommen würde. Rushai wusste, was Mickey hier tat, seine theatralischen Worte stanken geradezu nach dem großspurigen Gehabe eines Kriegers vor dem Kampf. Mickey sah plakativ an sich herab. »Ich habe rein gar nichts!« Er war nackt, wenn man einmal vom Fell der Kampfgestalt absah.
»Du hast das Mädchen!«
Nelson war hier, aber die anderen beiden brauchten noch. »Das hier ist ein freies Land! Ich habe niemanden!« Mickey wandte sich zur Queen, wollte ihr zuflüstern, ihre Rattengestalt anzunehmen und auf den besten
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