Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
über seine bretonischenErzfeinde, nicht zuletzt auch die Ekstase des Aktes vereinigten sich mit den anderen Echos, bauschten sich gegenseitig auf, hoben sich empor in nie geahnte Höhen und vollendeten die Sinfonie, eine rauschende Orgie aus Bildern und Tönen, aus Gefühlen und Empfindungen, eine Sinfonie der Verzückung, die er mit seinen letzten Stößen gemeinsam mit seinem Erguss aus sich herausschrie.
Die Sinfonie würde nun in ihm schwingen, bis an sein Ende oder in die Ewigkeit, doch die Komposition war vorüber. Nun war es Zeit, sich wieder seinen Aufgaben zu widmen. Nachdem er das nutzlos gewordene Mädchen einem Rudel gieriger Krieger vorgeworfen hatte, kümmerte er sich darum, Ordnung in das Chaos zu bringen. Er fahndete nach seinen Schatten oder zumindest nach denen, die nicht oder nicht mehr nach ihrer ganz eigenen, individuellen Musik des Sieges suchten, und fand schließlich Geshier, der mit angewidertem Gesichtsausdruck und verlaufener Schminke durch die brennende Stadt streifte. Er war nicht unbedingt der, den Rushai gewollt hatte – einer seiner Schattenranger wäre ihm lieber gewesen –, doch Geshier musste genügen.
Das Jokerface hielt inne, als er Rushais Ruf hörte, und warf ihm einen mürrischen Blick zu. »Herr?«
»Ich brauche dich als Boten«, krächzte Rushai heiser. »Reite zur Nachhut und frage Tal’rash nach den Neuigkeiten. Komm zurück, so schnell du kannst.«
»Ihr wisst, wie sehr ich Pferde hasse«, erwiderte Geshier. Er seufzte theatralisch, verbeugte sich und murmelte dann mit übertriebener Fröhlichkeit: »Stets zu Diensten, Herr!«
Rushai räusperte sich, um den Frosch in seinem Hals loszuwerden, doch es hatte keinen Zweck. Er hatte sich heiser geschrien, doch wenn das der Preis für diese Sinfonie war, bezahlte er ihn mit einem Lächeln.
Er eilte zum Hafen. Ein Teil seiner Ranger hatte den Auftrag gehabt, die Boote zu sichern. Lord Ashkaruna hatte zwar den Dämon Ur’tolosh geschickt, um im Fjord auf eventuelle Flüchtlingeaus der Stadt zu lauern, doch Rushai hatte es nicht auf Flüchtlinge abgesehen. Er brauchte die Boote.
Die Ranger waren Rushais Elitetruppe. Mit ihnen hatte er über ein Jahrzehnt lang in den Wäldern des Niemandslandes gegen die Waldläufer des Weißen Baumes gekämpft, unter ihnen befanden sich Leute – sowohl Schatten als auch Fomorer –, denen er tatsächlich vertraute.
Am Ufer des Fjordes lagen mehrere Dutzend Fischerboote keltischer Bauart den Kiesstrand hochgezogen. Etwas abseits davon befand sich eines der germanischen Langboote, auf die es Rushai besonders abgesehen hatte, ohne Segel und Taue, mit umgeklapptem Mast und eingebrachtem Ruder. Zahllose Leichen lagen zwischen den Booten verstreut, darunter Krieger mit Rüstungen und Schilden, aber auch Frauen und Kinder. Noch mehr Tote dümpelten im Wasser um die Bootsstege, deren Körper von jeder neuen Welle emporgehoben wurden, nur um gleich danach wieder zurückzusinken. Offenbar hatten einige Germanen in ihrer Verzweiflung versucht, über das Wasser zu fliehen. Ganz offenbar hatten es nur wenige geschafft, sonst würden mehr Boote fehlen.
»Lord Rushai«, grüßte ihn Sergej, ein Hauptmann seiner Ranger, ein kleiner, drahtiger Krieger mit einem Köcher über der Schulter und einem Schwert an der Seite. Wie alle Ranger sprach er englisch, in seinem Fall mit deutlich russischem Akzent. »Eines der Langboote und zwei Fischerboote sind uns entkommen, Herr. Noch mehr haben es versucht, aber wir haben sie aufgehalten. Tarakir ist mit fünf der Jungschatten gemäß Eurem Auftrag über das Inselportal in die Außenwelt, um den Ratten zu helfen.«
»Ihr habt gute Arbeit geleistet«, gestand ihm Rushai zu.
Der Ranger verbeugte sich kurz. »Habt Dank, Lord.« Man musste Sergej schon genau kennen, um die Gier zu erkennen, die in seinen Augen leuchtete.
»Ich werde sicherstellen, dass ihr euren Anteil an der Beute bekommt«, versicherte ihm Rushai, weil er Sergej genau kannte, und weil er es schätzte, die besten seiner Krieger nicht nur durchFurcht, sondern auch durch Loyalität an sich gebunden zu wissen. »Gold. Sklaven. Frauen.«
»Habt Dank, Lord«, meinte Sergej noch einmal und verbeugte sich erneut. Dabei verzog er keinen Muskel in seinem Gesicht. Wiederum musste man ihn genau kennen, um zu wissen, wie sehr er sich über Rushais Versprechen freute.
»Ich werde im Laufe des Abends jemanden schicken, der die Bootsbewachung für euch übernimmt«, erklärte der Schattenlord. »Heute
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