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Schattenfluegel

Schattenfluegel

Titel: Schattenfluegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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behalten, ja. Mein Vater hatte ein bisschen Geld zurückgelegt. Im Moment reicht es noch zum Leben, und wenn ich sparsam bin, kann ich das Abitur machen, bevor es alle ist.« Er starrte einen Moment lang mit leerem Blick vor sich hin.
    Dann seufzte er. »Jetzt weißt du alles, was es über mich zu wissen gibt.«

Kapitel 11
    Sie blieben ungefähr zwei Stunden bei Lukas’ Mutter, lasen ihr abwechselnd aus dem Buch vor und unterhielten sich. Dann fuhren sie wieder nach Hause. Die Rückfahrt verlief schweigend. Erst als Lukas vor Kims Haustür hielt, wandte sie sich ihm zu. »Danke«, sagte sie nur. Dabei wusste sie selbst nicht genau, wofür sie ihm dankte, ob dafür, dass er den Nachmittag mit ihr verbracht hatte, oder dafür, dass nun alle Zweifel, die sie bisher an ihm gehabt hatte, verschwunden waren.
    Er lächelte. Die Wut über das, was sein Vater seiner Mutter angetan hatte, war aus seinen Augen verschwunden.
    Kim beschloss, der Situation etwas von ihrer Ernsthaftigkeit zu nehmen. »Was meinst du?«, fragte sie und lächelte ebenfalls. »Wollen wir die anderen in dem Glauben lassen, du seist im Gefängnis gewesen?«
    Lukas lachte auf. Es klang ein bisschen unsicher. »Warum?«
    Da zuckte Kim mit den Schultern. »Nur so. Wirkt irgendwie geheimnisvoller, finde ich.«
    Lukas antwortete nicht sofort. »Warum willst du mich geheimnisvoll haben?«, fragte er dann leise.
    Kim kroch eine Gänsehaut über den gesamten Rücken. Jetzt sei bloß kein Feigling!, mahnte sie sich. Dann gab sie sich einen Ruck. »Nur so. Mich halten sie ja alle für einen Freak. Da passt ein anderer Freak doch ganz gut dazu, dachte ich mir.«
    Wie würde er jetzt reagieren? Kim hielt den Atem an.
    Wieder schwieg Lukas eine ganze Weile.
    Kim saß wie auf Kohlen. Hatte sie jetzt alles verdorben?
    Aber dann lachte Lukas auf. »Wenn du meinst.« Er drehte seinen Oberkörper noch ein bisschen weiter, sodass er ihr jetzt frontal gegenübersaß. Der Schaltknüppel war ihm im Weg und mit dem Knie stieß er dagegen, sodass der eingelegte Gang heraussprang und das Auto sachte anfing zu rollen. Kurzerhand zog Lukas die Handbremse an. Es gab ein knirschendes Geräusch und mit einem Ruck blieb der Wagen stehen. Lukas rührte sich nicht. Seine Hand war jetzt nur noch wenige Zentimeter von Kims Oberschenkel entfernt.
    Die Gänsehaut auf ihrem Rücken wurde doppelt so dick.
    »Danke, dass du mitgekommen bist«, sagte er. Sein Blick irrte über ihre Schulter davon. »Du solltest reingehen, ich glaube, dein Vater wartet schon auf dich.«
    Kim sah sich um. Tatsächlich stand Sigurd am Fenster und blickte zu ihnen hinaus. Als er bemerkte, dass er entdeckt worden war, zog er sich zurück.
    Kim seufzte. »Er ist nicht mein Vater.« Sie wusste nicht, warum sie das sagte, aber es war schließlich die Wahrheit. Der Zauber des Augenblicks war verflogen, die Gänsehaut verschwunden.
    Kim tastete nach dem Türgriff und öffnete ihn. Sie hatte sich schon halb abgewandt, als Lukas’ Stimme die Gänsehaut noch einmal zurückholte.
    »Kim?«
    Sie drehte sich wieder zu ihm.
    Er zögerte einen Moment lang, aber dann beugte er sich vor. Seine Finger legten sich unter ihr Kinn. Die Berührung fühlte sich an wie ein Stromschlag.
    »Danke«, sagte er erneut. Und dann gab er ihr einen ganz sanften Kuss auf den Mund.
    Als Kim das Haus betrat, war sie sich sicher, dass Sigurd ziemlich sauer sein würde, weil sie mit Lukas gefahren war. Und sie täuschte sich nicht.
    Sigurd saß am Küchentisch. Eine Reihe Tageszeitungen lag neben seinem aufgeklappten Laptop und auch sein Etui, in dem er stets ein Dutzend angespitzte Bleistifte bei sich trug. Kim vermutete, dass er arbeitete, aber als sie jetzt in die Küche kam, schaute er sie einfach nur schweigend an. Sie ließ sich nicht zu einer Entschuldigung provozieren und schwieg ebenfalls, bis er endlich fragte: »Wieder da?«
    »Ja.« Kim betrachtete den leeren Herd. Inzwischen war es fast halb sieben und sie hatte Hunger. »Gibt’s was zu essen?«
    »Meinst du nicht, wir haben erst mal was zu besprechen?«
    Seufzend ließ Kim sich auf einen der Stühle fallen. War ja klar gewesen! »Du bist sauer auf mich«, stellte sie fest.
    »Entschuldige, aber ich finde, ich habe Grund dazu.«
    Kim legte beide Arme auf die Tischplatte. Es gelang ihr, einen Blick auf Sigurds Bildschirm zu erhaschen. Offenbar war er gerade dabei gewesen, eine E-Mail zu schreiben. »Es ist wegen Lukas, oder?«
    Sigurd hob die Hände und drehte abwägend die Flächen

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