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Schattenfreundin

Schattenfreundin

Titel: Schattenfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Drews
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Leichenfunden an. Zu seinem fünfzigsten Geburtstag hatten die Kripokollegen ihm eine Torte in Form eines Knochens geschenkt, was alle witzig fanden, Bauer aber nur ein müdes Lächeln entlockte. Wie lange lag das zurück? Ein Jahr? Oder zwei?
    Er nahm seine randlose Brille ab und rieb sich die Augen.
    »Hallo, Frau Schneidmann«, sagte er förmlich, aber nicht unfreundlich. »Was kann ich für Sie tun?«
    Charlotte zeigte ihm das ausgedruckte Foto von der Leiche im Sarg. »Die Mutter des entführten Jungen hat heute eine Mail mit diesem Foto bekommen«, erklärte sie. »Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, was die Leiche angeht. Ist es ein Mann oder eine Frau? Wie alt war die Person, als sie starb? Jeder Hinweis zur Identität kann uns helfen.«
    Bauer setzte seine Brille wieder auf und sah sich das Foto an. Dann nahm er sein Vergrößerungsglas und betrachtete es noch eingehender.
    Minuten vergingen. Charlotte wusste, dass jedes weitere Wort überflüssig war. Frank Bauer mochte es nicht, wenn zu viel geredet wurde. Er brauchte Ruhe, um sich konzentrieren zu können.
    »Ich kann zwar nicht viel erkennen, weil das Gesicht mit einem Tuch bedeckt ist«, sagte er schließlich, »aber die Handknochen lassen auf eine weibliche Person schließen. Für einen Mann sind sie nicht groß genug.«
    Er beugte den Kopf noch tiefer über das Foto, nahm ihn dann wieder zurück und gab etwas in seinen Computer ein.
    »Die Bestattungswäsche …«, murmelte er nachdenklich.
    »Was ist damit?«, fragte Charlotte.
    »Ich glaube, das ist eine BS 53 …«
    Bauer tippte auf der Tastatur herum.
    »Das heißt?«
    »Ah, sehen Sie!« Bauer zeigte zufrieden auf den Bildschirm. Charlotte stellte sich hinter ihn. »Wusste ich es doch. Die BS-53-Waren sind im Zuge der verbesserten VDI-Richtlinien verboten worden.«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Umweltschutz hört mit dem Tod nicht auf«, erklärte Frank Bauer. »In den Siebziger- und Achtzigerjahren hat man die Toten in Polyesterdecken gebettet, die nach hundert Jahren noch nicht kompostiert sind. Die Decke auf dem Foto ist ein Mischgewebe.« Er zeigte auf das Foto. »Hier sehen Sie den Glitzerrand, der eindeutig aus einem nicht kompostierbaren Material besteht. Seit den neuen Richtlinien ist eine solche Bestattungswäsche verboten.«
    »Und seit wann gelten diese Richtlinien?«
    »Seit 1998. Das Bild stammt also aus der Zeit davor. Ich schätze, dass die Frau noch relativ jung war. Solche Glitzerdecken wurden vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen benutzt.«
    »Es handelt sich also um eine junge Frau, die vor 1998 gestorben ist«, fasste Charlotte zusammen. »Gibt es irgendwelche Hinweise auf das Bestattungsinstitut?«
    Bauer sah sie streng an. »Dann hätte ich es gesagt.«
    »Natürlich.«
    Charlotte nahm das Foto und ging Richtung Tür.
    »Eine Sache sollten Sie vielleicht noch bedenken«, sagte Bauer.
    »Welche?«
    »Es ist zwar durchaus üblich, dass Fotos vom offenen Sarg gemacht werden. Aber kein Bestattungsinstitut würde eine Leiche offen aufbahren, die schon so stark skelettiert ist«, sagte er. »Das heißt, die Person, die das Foto gemacht hat, muss den Bestatter gebeten haben, den Sarg extra für sie zu öffnen. Angesichts des Zustands der Leiche dürfte das eine recht ungewöhnliche Bitte gewesen sein. Vielleicht erinnert sich ja ein Bestatter daran.«
    »Danke«, sagte Charlotte und machte sich auf den Weg zurück ins Präsidium.
    Als sie wenig später die Tür zu ihrem Büro öffnete, sah sie Peter Käfer an seinem Schreibtisch sitzen. Er biss gerade in ein Puddingteilchen und schleckte die Füllung genüsslich mit der Zunge ab.
    »Du hast wohl immer Hunger«, sagte Charlotte und ließ sich auf ihren Stuhl fallen.
    Käfer zuckte nur mit den Achseln. »Die Überprüfung des Telefonanschlusses hat noch nichts ergeben«, sagte er. »Die Anruferliste zeigt mehrere Anrufe mit unterdrückter Nummer. Ist nicht so einfach, den Absender rauszukriegen. Aber die Kollegen sind dran.«
    »Und die E-Mail?«
    »Auch da sind die Jungs dran. Übrigens: Die Staatsanwaltschaft hat uns grünes Licht gegeben für die Untersuchung von Carmen Gerbers Computer. Ich dachte, das könnte nicht schaden. Und bei dir?«
    Charlotte erzählte ihm kurz, was Frank Bauer herausgefunden hatte. »Ich werde jetzt mal die Bestatter abtelefonieren. Vielleicht haben wir ja Glück.«
    Allein in Münster gab es mehr als ein Dutzend Bestattungshäuser. Dazu kamen die aus dem Umland. Charlotte seufzte. Ein Berg

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