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Schattenfreundin

Schattenfreundin

Titel: Schattenfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Drews
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für sie da. Sie ist zu keiner Reaktion mehr fähig, ich kann also von außen nicht erkennen, wie es um ihren Zuckerspiegel steht. Da ist es ganz wichtig, auf kleinste Details zu achten. Und natürlich müssen wir auch an uns denken, an uns Pflegende. Auch wir brauchen manchmal Zuspruch, brauchen jemanden, der uns versteht und uns vielleicht wieder aufbauen kann. Und das können Betroffene nun mal am besten.«
    »Das kann ich sehr gut nachvollziehen«, sagte Charlotte. »Kann sich jemand von Ihnen erinnern, welche andere Erkrankung der oder die Angehörige dieser Frau hatte?«
    »Es war ein Er «, sagte die Frau mit den auffälligen Haaren. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie von meinem Klaus gesprochen hat. Ich habe sie dann gefragt, ob das ihr Mann ist oder ihr Sohn oder ihr Bruder, aber darauf hat sie nicht geantwortet.«
    Charlotte wurde hellhörig. »Sind Sie sicher, dass der Name Klaus war?«
    Die Frau zuckte mit den Achseln. »Ziemlich sicher. Es war auf jeden Fall ein Männername, und ich glaube, es war Klaus .«
    »… er ist immer so komisch …«, sagte Charlotte leise.
    »Wie bitte?«, fragte Peter, aber sie schüttelte nur nachdenklich den Kopf.
    »Hat die Frau irgendwelche Andeutungen gemacht, ob dieser Klaus an einer schweren Erkrankung leidet? Ob er vielleicht auf Hilfsmittel angewiesen ist?«, fragte sie. »Zum Beispiel auf Prothesen oder einen Rollstuhl oder ein Beatmungsgerät, so etwas?«
    Niemand konnte sich daran erinnern.
    »Wie oft hat die Frau an diesen Treffen teilgenommen?«, fragte Käfer.
    »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen«, antwortete der Leiter. »Ich schätze, sie war zwei- oder dreimal hier. Das erste Mal hat sie nur zugehört, daran erinnere ich mich. Später hat sie dann auch ein paar Fragen gestellt. Zu dem großen Kongress, wo sich alle Gruppen aus ganz Deutschland getroffen haben, wollte sie noch mitfahren. Danach habe ich sie nie mehr gesehen.«
    »Hat jemand von Ihnen gesehen, mit welchem Auto sie gefahren ist?«, fragte Charlotte.
    Wieder gab es als Antwort nur ein Kopfschütteln.
    »Ich habe sie mal an der Bushaltestelle gesehen«, sagte Frau Rösler.
    »Wissen Sie noch, an welcher?«, fragte Käfer.
    »Hier«, antwortete die Frau. »Die Haltestelle hier direkt vor dem Haus.«
    »Okay. Ich möchte noch mal auf den Hauptgrund zurückkommen, warum Sie sich hier treffen, also auf den Austausch von Erfahrungen und die Weitergabe von Tipps im Umgang mit den Erkrankten«, sagte Charlotte. »Kann sich jemand von Ihnen daran erinnern, ob er der Frau einen solchen Tipp gegeben hat? Oder umgekehrt, ob diese Frau jemandem von Ihnen etwas Hilfreiches sagen konnte?«
    Einen Augenblick lang herrschte Stille im Raum. Dann meldete sich Frau Rösler zu Wort.
    »Ja, ich erinnere mich an etwas«, sagte sie. »Das hat mir sehr zu denken gegeben.«
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Charlotte.
    »Sie hat mich gefragt, warum ich mich so um meinen Mann kümmern würde. Er sei doch ein Trinker, und somit sei er selbst schuld an seinem Leiden«, sagte sie bitter. »Er sei ein egoistischer Mensch, der nun die Konsequenzen seines Verhaltens zu tragen hätte, meinte sie. Er hätte meine Pflege gar nicht verdient.«
    »Verstehe«, sagte Charlotte und machte sich Notizen. »Ein Patient zweiter Klasse sozusagen.«
    Die Frau nickte. »Ich habe mich damals sehr geärgert«, fuhr sie fort. »Wie kann man nur so denken? Krankheit als Strafe … Ich weiß noch, dass ich sie gefragt habe, ob zum Beispiel Aidskranke auch selber schuld sind an ihrem Leiden. Da hat sie nur mit den Schultern gezuckt und sich weggedreht.« Sie schüttelte den Kopf. »Dass die Alkoholabhängigkeit meines Mannes auch eine schwere Krankheit ist, sehen viele Leute gar nicht. Aber er ist ja nicht ohne Grund abhängig geworden, da steckt ja was dahinter, dass es so weit gekommen ist.«
    Wie bei meiner Mutter, dachte Charlotte unwillkürlich. Plötzlich hatte sie den Wunsch, nach draußen zu gehen, diesen Raum zu verlassen, in dem so viel Leid zusammengekommen war und der ihr auf einmal bedrohlich eng erschien.
    Als Katrin in ihre Straße abbog, freute sie sich im ersten Augenblick ein wenig. Es war, als käme sie nach Hause. Doch sofort meldete sich ihre innere Stimme. Nein, es war nicht mehr ihr Zuhause, nicht, solange Leo nicht darin wohnte.
    Gestern Abend, nachdem sie mit ihrer Mutter schweigend am Esstisch gesessen und sich gezwungen hatte, ein bisschen von dem Kartoffelkuchen zu essen, hatte sie noch lange in den

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