Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
Schlange in der Hand hielt. Es passte zu Dominik Karolyí, eine Anspielung auf die Verführung im Paradies.
Vor dem Portal zögerte sie, zweifelnd, ob sie tatsächlich die richtige Entscheidung getroffen hatte, ihn um Hilfe zu bitten. Dann klopfte sie entschlossen an. Unheimlich hallte das Klopfen im Innern des Schlosses. Voller Ungeduld wippte sie auf den Zehenspitzen und rieb sich die eiskalten, zerschundenen Hände. Eine rundliche alte Frau öffnete und musterte sie kritisch. Sie hielt einen Kerzenleuchter in die Höhe.
„Ihr wünscht?“, krächzte sie. Ihr Blick war feindselig, aber Karolina ließ sich nicht davon beirren.
„Guten Abend, ich muss bitte dringend zum Fürsten Karolyí, um mit ihm etwas zu besprechen.“
„Is‘ nich‘ da!“ Die Alte schob die Tür zu. Geistesgegenwärtig stellte Karolina ihren Fuß dazwischen. Sie war davon überzeugt, dass der Fürst zu Hause war und die Alte sie nur nicht hineinlassen wollte.
„Das glaube ich nicht. Und nun bringen Sie mich bitte zum Fürsten. Es geht um Leben und Tod.“ Karolina drückte gegen die Tür.
Die Alte sog scharf die Luft ein und kniff die Lippen ihres zahnlosen Mundes noch fester zusammen, was ihr ein groteskes Aussehen verlieh.
„Sagte doch, er is‘ nich‘ da! Geht! Oder sollen Euch die Hunde des Herrn in Stücke reißen?“
„So leicht lasse ich mich nicht abwimmeln. Treten Sie zur Seite, ich möchte mich selbst davon vergewissern, ob Ihr Herr nicht zu Hause ist.“
Karolina schob die Alte mit dem Ellbogen zur Seite. Ihr blieb nicht viel Zeit, um Rücksicht zu üben. Die Alte taumelte beiseite, und Karolina stand in der Schlosshalle, die beeindruckender war als alles, was sie bislang gesehen hatte. Vis-à-vis von ihr führte eine geschwungene Treppe aus weißem Marmor nach oben. Goldene, gehörnte Putten zierten das Geländer. Das Licht der Lüster spiegelte sich auf deren glatter Oberfläche. Ein scharlachroter Teppich führte Gäste auf der Treppe nach oben. Für einen Augenblick verschlug diese Pracht Karolina den Atem.
Doch gleich darauf war sie wieder gefasst und erinnerte sich an den Grund ihres Kommens.
„Fürst Karolyí?“ Ihre Stimme hallte in der Halle wie ein Echo. Ihr Herz klopfte vor Aufregung. In der Ferne erklang ein Türknarren. Die Alte war neben sie getreten und zischte ihr zu: „Das werdet Ihr noch bereuen!“
Karolina ignorierte sie und starrte stattdessen auf die Treppe. Es war nicht nur Angst, die in ihr schwang, sondern auch eine gewisse Vorfreude, den Fürsten wiederzusehen, der ihre Träume beherrschte wie kein anderer. Ob die Alte recht hatte und er doch nicht hier war? Aber ihre Zweifel zerschlugen sich, als sie seinen festen Schritt vernahm. Sie hätte ihn unter Tausenden wiedererkannt, so sehr hatte sie sich jede Einzelheit von ihm in jener Nacht eingeprägt.
Er stand oben am Treppenabsatz, genauso schillernd und beeindruckend wie in Prag, ganz in Schwarz gekleidet. Die einzigen Farbkleckse in seinem Erscheinungsbild waren der goldene Saphirring an seiner linken Hand und die Augen.
Langsam schritt er die Stufen hinab, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
„Herr, sie hat mich überrannt! Bitte verzeiht!“ Die Alte neben ihr verbeugte sich tief.
„Schon gut, Zdenka, ich kümmere mich darum.“ Seine Stimme allein brachte ihre Sinne in Aufruhr. Die Alte wackelte davon.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Als er vor ihr stand, wirkte seine Größe noch beeindruckender, als sie diese in Erinnerung hatte.
Sie sah zu ihm auf; seine Augen glichen einem Eissee, in dem man versinken konnte. Ihr wurde schwindlig, als sein Blick auf ihr ruhte.
„Nun, was führt Euch zu mir, zu so später Stunde? Ganz allein, ohne männliche Begleitung? Aber ja, das scheint bei Euch Gewohnheit zu sein. In der Nacht in Prag ist es doch auch so gewesen? Wahrscheinlich liebt Ihr das Risiko mehr als Euren Ruf!“
Sie zuckte zusammen. Ihr impulsives Verhalten belustigte ihn anscheinend.
Sie musste auf ihn wie eine Dahergelaufene wirken, Kleid und Mantel waren durchnässt, und zu ihren Füßen bildete sich eine Pfütze. Ihre Pelzkappe hatte sie beim Sturz vom Kutschbock verloren, und die Haare klebten im Gesicht.
„Verzeiht, Fürst, aber dringende Umstände zwingen mich dazu, Eure Hilfe zu erbitten.“ Sie schluckte.
Der Fürst betrachtete sie aufmerksam.
„Wollt Ihr nicht erst einmal den Mantel ablegen? Ihr zittert vor Kälte.“
Schon nestelte er an ihrem Kragen, und als seine Finger ihren Nacken berührten,
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