Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
später hatte er die blutgetränkte Kleidung gegen saubere getauscht und betrat die Bibliothek. Karolina saß im Sessel und schlummerte, ein weiches Lächeln auf ihren Lippen. Dieser Anblick berührte ihn wie nichts zuvor. Das engelsgleiche Haar umrahmte ihr schmales Gesicht. Die Wimpern warfen weiche Schatten auf ihre zarte Haut. Ihr kirschroter Mund, der leicht geöffnet war, glich einer süßen Verlockung, der er sich kaum entziehen konnte.
Eine Weile lang verharrte er im Türrahmen, um sie zu betrachten.
Er räusperte sich. Da begann sie sich zu bewegen und schlug die Augen auf. Sofort war sie hellwach, als sie ihn erkannte.
„Was ist mit Adela? Ist es Euch gelungen?“ Ihre Stimme war heiser vor Angst.
„Keine Sorge. Sie ist im Schloss und wohlauf, wenn auch erschöpft. Habt Ihr Euch in der Zwischenzeit gut unterhalten?“
„Danke, das habe ich. Wie ist es Euch gelungen, meine Freundin aus dem Schloss der Gräfin zu holen?“ Der begehrliche Ausdruck in seinen Augen verwirrte sie.
„Sagen wir mal, die Gräfin war mir noch etwas schuldig. Heute Nacht müsst Ihr allerdings in meinem Schloss bleiben. Wir wurden verfolgt. Es wäre zu gefährlich für Euch aufzubrechen.“
Die zitternden Lippen und ihr Blick verrieten ihm, wie sehr sie sich davor fürchtete, dass er das Versprechen abfordern würde.
„Aber mein Vater wird in Sorge sein! Ich muss nach Hause zurück!“
„Nein, das geht nicht. Ihr würdet Euer Leben und das Eurer Freundin aufs Spiel setzen.“ Er lehnte sich lässig an den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Karolina rutschte unruhig hin und her. „Ihr müsst die Nacht hier verbringen, ob Ihr wollt oder nicht“, flüsterte Dominik.
Ihre Blicke hielten sich gefangen, bis Karolina verlegen die Augen schloss.
Er trat zu ihr, berührte zärtlich ihre Wange, ihre Lider und streichelte ihr Haar. Sie zitterte, als er über ihre Lippen strich. In Erwartung eines Kusses öffnete sie den Mund. Doch jetzt war nicht die Zeit dafür. Obwohl er sie am liebsten in seine Arme gerissen hätte, drehte er sich abrupt um und verließ das Zimmer.
Er war nahe daran gewesen, ihre Lippen zu liebkosen, die sie so einladend geöffnet hatte.
Was ging nur in ihm vor? Wie konnte es möglich sein, dass eine Frau sein Herz berührte und eine solch ungekannte Sehnsucht in ihm aufsteigen ließ?
Der Drang in ihm, sie nackt an seinem Körper zu spüren, war so übermächtig, dass es ihn alle Kraft kostete, sich zu beherrschen, um nicht sofort zu ihr zurückzugehen.
Adrenalin schoss durch seinen Körper und brachte seine Lenden zum Pulsieren. Die Flammen im Kamin erschienen harmlos gegen die in seinem Innern. Er goss den köstlichen Rotwein ins Glas und nippte. Wärme durchflutete ihn, verursacht durch den Alkohol und die lustvollen Gedanken.
10.
Karolina folgte Zdenka durch die hohe Eingangshalle. Sie erkannte Dominiks Silhouette, deren Schatten an die Wand geworfen wurde. Er stand vor dem Kamin, ein Glas Rotwein in der Hand haltend.
Sie hatte sich noch nicht bei ihm bedankt, was in ihr Schuldgefühle weckte.
„Wartet bitte einen Moment“, wandte sie sich an Zdenka. Karolina trat neben Dominik. Eine innere Scheu hielt sie davon ab, ihn anzusehen.
„Verzeiht, Durchlaucht, aber ich habe mich noch nicht bei Euch bedankt.“
Dominik lächelte sie an. „Ihr gabt mir dafür ein Versprechen!“
Musste er sie denn unbedingt daran erinnern? Sie seufzte innerlich auf, denn ihre Befürchtung, er würde das Versprechen einfordern, bewahrheitete sich.
„Ich gab Euch mein Ehrenwort, wenngleich ich hoffte, Ihr, als Ehrenmann, würdet darauf verzichten, es einzufordern.“ Sie hielt den Atem an, wartete auf seine Antwort.
„Ich bin kein Ehrenmann.“ Er zog mit seinem Finger die Konturen ihrer Lippen nach. Karolina stand stocksteif da. Die einfache Berührung löste den Wunsch nach mehr aus.
„Aber Ihr habt uns gerettet!“
„Was wisst Ihr schon über mich?“, rief er mit düsterer Miene. Sein plötzlicher, heftiger Ausbruch verunsicherte sie.
„Was gibt mehr Auskunft über die Tugenden eines Menschen als seine Taten?“
„Ihr müsst Euer Versprechen einhalten.“
„Ich gab Euch mein Ehrenwort.“ Ihre Kehle schnürte sich zusammen und Tränen traten in ihre Augen. Sie fühlte sich wie eine Maus in der Falle und war enttäuscht darüber, dass er das Versprechen einforderte.
„Was wird mit Eurer Freundin geschehen?“
„Ich werde sie zu meiner Tante nach Prag bringen, wo sie sicher
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