Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
umsonst! Karolina klammerte sich dennoch an die Hoffnung, einen Ausweg zu finden. Niemals würde sie die Freundin im Stich lassen. Bestimmt wüsste die Tante einen Ausweg.
„Er wird sie niemals mehr in seine Gewalt bekommen. Das schwöre ich bei Gott!“ Sie presste die Lippen aufeinander, bereit, der Hölle die Stirn zu bieten. Ruckartig setzte Dominik sich auf. Sein Blick ruhte forschend auf ihr. Er wirkte angespannt.
Knapp erteilte er dem Kutscher den Befehl, das Tempo zu erhöhen, und wandte sich dann an Karolina. „Hört genau zu, was ich Euch jetzt sage, denn es ist sehr wichtig! Ihr müsst mir vertrauen.“ Er umfasste ihre Schultern und sah sie eindringlich an. Sie zitterte und nickte.
„Wenn Ihr ein seltsames Surren hört, dann schließt die Augen. Ihr dürft sie erst wieder öffnen, wenn ich es Euch erlaube. Habt Ihr mich verstanden?“
Wieder folgte ein Nicken.
„Wo befindet sich das Haus Eurer Tante?“
Mit knappen Sätzen erklärte sie es ihm.
„Wie lautet der Name Eurer Tante?“
„Carlotta von Krockow.“ Sein Blick wurde wach.
„Wird Eure Tante auch Luzia genannt?“
„Ja, manche reden sie mit Luzia an. Weshalb fragt Ihr?“
Dominiks Gesicht versteinerte sich, in seinen Augen blitzte es auf.
Vielleicht war er der Tante begegnet und fand sie unsympathisch. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, denn sie schwebten in Gefahr.
„Bevor wir die Karlsbrücke erreichen, müsst Ihr mit Eurer Freundin die Kutsche verlassen und am Ufer der Moldau entlang laufen, bis Ihr den kleinen Hain erreicht. Ihn müsst Ihr durchqueren, so schnell Ihr könnt. Dahinter liegt das Haus Eurer Tante. Es ist der kürzeste Weg.“
„Und Ihr?“
„Ich werde Euch folgen. Doch zunächst versuche ich, die Verfolger mit der Kutsche auf eine falsche Fährte zu lenken.“
„Und wenn sie Euch einholen?“
„Dann ist mir der Tod gewiss.“ Er sagte es so selbstverständlich und ohne Regung, dass Karolina erschauerte.
„Wie könnt Ihr nur über den Tod sprechen, als würde er Euch nicht berühren?
Habt Ihr denn keine Angst vor ihm?“
Er lächelte freudlos.
„Nein, ich habe keine Angst vor dem Tod. Er ist nur der Eintritt in eine andere Welt. Und für manchen eine Erlösung ...“ Dominiks Blick richtete sich in die Ferne.
13.
„Bald erreichen wir Prags Stadtgrenze. Ihr habt meine Worte nicht vergessen?“, brach Dominik nach einer Zeit das Schweigen.
Karolina schüttelte den Kopf. Als sie seinem Blick begegnete, spürte sie eine gewisse Vertrautheit zwischen ihnen. Seine Augen, die eben noch wie kalte Eisseen glitzerten, glichen nun Saphiren, in denen ein Feuer loderte. Am liebsten hätte sie ihren Arm ausgestreckt, um sein Gesicht zu berühren.
Doch schon trat die gewohnte Reserviertheit in seine Miene und das Strahlen erlosch. Karolina wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Adela gähnend neben ihr erwachte.
„Ihr solltet Eurer Freundin unsere Lage erklären.“
Karolina wählte ihre Worte mit Bedacht, als sie Adela Dominiks Plan erläuterte.
Adelas Augen weiteten sich vor Furcht, und der Plan weckte bei ihr wenig Begeisterung.
„Und was ist, wenn der Plan scheitert und wir das Haus deiner Tante nicht erreichen?“, fragte Adela.
„Er wird nicht scheitern“, antwortete Karolina fest und wusste selbst nicht, woraus sie diese Gewissheit schöpfte.
In diesem Augenblick wurde ihr Gespräch von einem anschwellenden Surren übertönt, das Karolina durch Mark und Bein ging.
„Es ist soweit.“ Dominik spähte durchs Kutschenfenster hinaus. Hinter ihnen, unter der dichten Wolkendecke flogen drei Vampire. Dominik wandte den Kopf in die andere Richtung und erblickte die nächtlichen Lichter Prags. Hoch über der Stadt thronte die Prager Burg wie eine uneinnehmbare Festung, und doch wurde sie von Finsternis beherrscht.
Noch einmal drängte er den Kutscher, die Geschwindigkeit zu erhöhen und den Weg links der Moldau einzuschlagen.
Sie näherten sich der Prager Brücke, während das Surren stärker anschwoll, sodass sich Karolina die Ohren zuhalten musste. Adela kauerte sich zitternd in eine Ecke der Kutsche.
„Was um Himmels willen ist das für ein Geräusch?“, fragte Karolina Dominik.
„Unsere Verfolger, die sich in rasantem Tempo nähern.“
Karolina wagte nicht, nach oben zu sehen. Das Geräusch flößte ihr Angst ein.
Die Straße teilte sich vor der Brücke. Zur Linken lag der von Dominik beschriebene Hain, nur ein Stück die Moldau aufwärts. Die rechte Abzweigung
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