Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
bitte!“
Doch sie wandte sich nicht mehr um.
28.
Karolina ritt zurück zum Gut. Der Schmerz in ihrem Innern war übermächtig.
Sie dachte an die süßen Momente, in denen sie betäubt vor Verlangen in seinen Armen gelegen und seine Küsse erwidert hatte. Wie konnte sie nur so blind gewesen sein. In seinen Adern floss Jiris Blut, das Blut des Mörders ihrer Mutter. Sie ballte die Hände zu Fäusten.
Ihr Schmerz wich einem unbändigen Zorn.
Immer mehr glaubte sie, Dominik könnte Hana so zugerichtet haben, nachdem sie beobachtet hatte, wie er jagte. Wer solch eine Tat begangen hatte, verdiente kein Mitleid, sondern den Tod.
Carlotta hatte recht, dem Treiben der Vampire musste ein Ende bereitet werden.
Bevor sich Karolina zu Bett begab, warf sie noch einen Blick auf den schlafenden Vater. Er röchelte, und Schweiß bedeckte sein wächsernes Gesicht.
Sie ließ in ihrer Sorge nach dem Arzt rufen, der nicht lange auf sich warten ließ.
„Wie geht es ihm, Doktor?“, fragte sie den Arzt nach der Untersuchung. Sie befürchtete das Schlimmste.
Der Arzt schüttelte mit ernster Miene den Kopf. Unter seinen buschigen Brauen blickte er zu ihr auf. „Es steht schlecht um ihn.“
„Wie schlecht?“
„Ich befürchte, er wird diese Nacht nicht überleben.“
„O mein Gott. Er sprach manchmal von seinem schwachen Herzen, aber ich habe nie geahnt, wie krank er wirklich ist.“
„Ich habe ihm immer gesagt, er möge sich zur Ruhe setzen, doch er wollte nicht auf mich hören. Nun ist es wohl zu spät.“
„Was kann ich tun?“ Karolina sank fassungslos in den Sessel neben dem Bett. In ihren Augen brannten Tränen. Jetzt sollte sie auch noch ihren Vater verlieren.
„Begleitet ihn auf seinem letzten Weg.“ Die Worte des Arztes drangen zu ihr wie durch einen Schleier.
Karolina saß die ganze Nacht neben dem Bett ihres Vaters und hielt seine Hand. Sie quälte sich mit Vorwürfen, die Schuld an seinem Tod zu tragen. Sie fühlte sich einsam. Er war streng gewesen, doch immer mit dem Willen, ihr ein guter Vater zu sein.
„Karolina ...“, flüsterte er. Seine Augen suchten nach ihr.
„Ich bin hier.“
„Gut.“ Er bedeutete ihr mit einem Wink, sich tiefer zu ihm zu beugen.
„Du musst mir etwas versprechen ...“ Ein Hustenanfall unterbrach seine Worte.
„Was denn, Vater?“
Deutlich erkannte sie am Zittern seiner Lippen, wie sehr ihn das Sprechen anstrengte.
Er suchte nach den passenden Worten und versuchte, sich aufzusetzen. Doch er fiel mit einem Stöhnen in die Kissen zurück. Karolina hielt ihr Ohr direkt über seinen Mund.
„Du musst ... das tun, was ... mir versagt blieb ... den Mörder deiner Mutter ... finden und töten.“
„Aber ...“
„Versprich mir das ... sonst ... kann ich nicht ... in Ruhe sterben.“
Er drückte ihre Hand. Karolina zögerte mit einer Antwort.
„Versprich mir das, ... mein Kind.“
Sie konnte dem Sterbenden die Bitte nicht abschlagen.
„Ich verspreche es dir.“
Er seufzte auf und drückte dankbar ihre Hand.
Seine Züge entspannten sich, und er schlief ein. Karolina harrte neben ihm die ganze Nacht aus.
Als der Morgen dämmerte, wachte sie auf. Die Hand des Vaters in der ihren war eiskalt. Erschrocken setzte sie sich auf. Seine Augen starrten ins Leere.
Nun hatte auch er sie verlassen. Mit lautem Schluchzen warf sie sich über seinen leblosen Körper.
Nachdem sie sich ein wenig gefasst hatte, trat sie ans Fenster und blickte hinaus.
Das Leben auf dem Gut erwachte, als wäre nichts geschehen. Die Knechte fütterten das Vieh, die Mägde sammelten die Eier ein und molken die Ziegen.
Jetzt gehörte das alles ihr. Noch vor wenigen Wochen hätte sie einen Freudensprung getan, aber heute erschien es ihr nicht mehr wichtig.
Was hielt sie noch hier, nach Vaters Tod? Und sie wollte Dominik nicht mehr begegnen.
Sie fasste den Entschluss, zu Carlotta nach Prag zurückzukehren. Das Gut sollte der Verwalter leiten.
Tage später, nach der Beerdigung, fuhr sie mit der Kutsche nach Prag. Nur den schwarzen Hengst nahm sie mit. Es war Jendrik, der sie fuhr. Sein Dienst war mit dem Tod des Barons beendet, weshalb er sich in Prag nach einer neuen Stellung umsehen wollte.
Die Kutsche ratterte in der Abenddämmerung über die Karlsbrücke. Carlotta und die anderen ahnten nichts von ihrer Rückkehr.
Als sie in die Waldstraße bogen und Carlottas Haus sahen, verspürte sie eine gewisse Erleichterung. Dann hielten sie im Hof. Jendrik stieg, seine lederne Reisetasche in der
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