Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
der Kopf des Mannes über ihre Halsbeuge. Der süße Duft verflog und wurde von einem anderen abgelöst, der sich zum Höhepunkt hin verstärkte. Dominik erstarrte, als er den beißenden Geruch eines Vampirs witterte.
Die spitzen, leisen Schreie der Frau wurden durch das Schmatzen des Vampirs übertönt. Gierig saugte er ihr Blut und schien nicht mehr damit aufhören zu wollen. Dominik sah, wie die Arme der Frau vom Hals des Vampirs glitten und schlaff nach unten baumelten. Ihr eben noch lustvolles Stöhnen war einem heiseren Röcheln gewichen. Wenn er der Gier des Vampirs nicht Einhalt gebot, würde der die Frau leer saugen.
Er trat aus dem Schatten.
„Lasst los!“, forderte er mit donnernder Stimme. Der Vampir ignorierte ihn und saugte weiter. Dominik trat näher heran. Die Augen der Frau rollten unkontrolliert, und in ihrem Gesicht zuckte ein Muskel.
„Habt Ihr mich nicht gehört? Ich sagte, lasst sie los.“
Der Vampir ließ tatsächlich von der Frau ab, die in sich zusammensank und auf den Boden fiel wie ein Sack Mehl.
Dann wirbelte er herum, in seiner Miene lagen Zorn und auch Arroganz.
„Drazice!“, rief Dominik aus. „Das hätte ich mir gleich denken können. Wie konntest du nur? Die Frau ist halb tot!“
Der Baron lachte auf und sah geringschätzig auf die am Boden liegende Frau herunter.
„Na und? Sterbliche gibt’s genug. Außerdem hat sie doch ihr Vergnügen gehabt, bevor sie starb.“
Drazice schloss seinen Hosenbund. Das dreiste Grinsen in seiner Miene schürte Dominiks Zorn.
Mit einem Satz schnellte Dominik vor und packte den Baron am Kragen.
„Pass auf, dass ich deinen Fehltritt nicht Elisabeth berichte. Der Kodex gebietet uns, vorher aufzuhören.“
„Das wirst du nicht wagen, Halbblut“, stieß der Baron zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Und jetzt lass mich gefälligst los, sonst erzähle ich Jiri, dass auch du gegen den Kodex verstoßen wolltest, weil du diese Kleine zur Gefährtin begehrt hast.“
Dominik stieß Drazice von sich.
„Du widerst mich an, bist Abschaum, Anton Drazice.“
Der Baron lachte laut auf.
„Wir alle, auch du, sind Höllenbrut, Verdammte, oder hast du das schon vergessen? Und du bist dazu noch bei Jiri in Ungnade gefallen, Freund der Sterblichen. Hüte deine Zunge, sonst wirst du das Dämonenopfer des nächsten blauen Mondes sein.“
Er bekräftigte seine Worte mit einem heiseren Fauchen.
Dominik ließ sich nicht einschüchtern und lächelte den Baron an.
„Wir werden ja sehen, wer von uns beiden das Opfer ist. Und jetzt geh mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse.“ Für einen flüchtigen Moment lag Unsicherheit in den Augen des Barons.
Dann rückte er schweigend seine Kleidung zurecht und verschwand im Gewirr der Gassen.
Dominik hockte sich neben die Frau und suchte ihren Puls. Wenn er noch ein schwaches Lebenszeichen erhielte, brächte er sie wie das Mädchen ins Haus der Dcera. Aber für die Blonde kam jede Hilfe zu spät.
Er schloss ihre Augen und bedeckte ihre Scham mit dem zerrissenen Kleid.
Dann ging er davon.
Dominik beschloss, die Nacht nicht in seinem Prager Haus zu verbringen, weil ihn dort alles an Karolina erinnerte. Er verwandelte sich wieder in einen schwarzen Wolf und trabte langsam in Richtung Moldau.
Doch die Sehnsucht veranlasste ihn, einen Umweg zu nehmen. Wenig später hockte er im Schatten von Carlottas Remise.
Wenn Karolina auch nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, sehnte er sich trotzdem danach, sie zu sehen.
Wegen des lauen Abends waren die Fenster im oberen Stockwerk, in dem sich die Schlafzimmer der Dceras befanden, geöffnet.
Dominik sah nach oben, aber er konnte sie nicht entdecken. Doch dann ertönte plötzlich ihr helles Lachen, und die Sehnsucht wallte so stark in ihm auf, dass er sie kaum noch zügeln konnte. Fast wäre er als Fledermaus auf das Fensterbrett geflattert, nur um ihr nahe zu sein.
Eine leichte Brise kam auf, und am Himmel zogen die Wolken rascher als zuvor. Es sah nach Regen aus.
„Eliska, mir wird kühl. Schließ doch bitte das Fenster“, hörte er eine Frauenstimme sagen.
„Schon gut, ich mache das.“ Das war Karolinas Stimme. Dann erkannte er ihr blondes Haar, das sie zu einem Zopf geflochten hatte, der anmutig auf ihrer Schulter ruhte. Karolina beugte sich vor, um die beiden Fensterflügel zu schließen.
Einen Moment lang hielt sie inne und sah zu ihm nach unten. Hatte sie ihn etwa erkannt? Gebannt starrte Dominik nach oben.
„Warum schließt du nicht
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