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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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vorstellen, was Phoebe Broome dazu gesagt hätte. Die Broomes pochten bei ihrer Benutzung von Magie energisch auf Prinzipien. »Sie machen einen Unterschied zwischen Lebenskraft und Magie«, sagte er. Die Worte waren bewusst genug gewählt gewesen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, ob sie es beabsichtigt hatte oder nicht. »Und die Lebenskraft?«
    »Der Fluch wurde in der Lebenskraft all jener verankert, die unter ihm leben und geboren wurden. Hätten Sie sich eine andere Möglichkeit vorstellen können?«
    Wenn er allein die Umsetzung bedachte, dann nicht. Ein Magier, selbst einer von niederem Rang wie er selbst es war – gewesen war – , konnte die Lebenskraft eines anderen ebenso anzapfen wie seine eigene, unabhängig davon, ob es sich bei den anderen um einen Magier oder Nichtmagier handelte. Aber es forderte seinen Preis, er lag immer tagelang danieder, wenn er sich überanstrengt hatte. Der Berührungskodex der Broome’schen Gemeinschaft untersagte es, die Lebenskraft anderer anzuzapfen, es sei denn, es ging um Leben und Tod und alle Beteiligten wüssten genau, was sie taten, und stimmten dem zu. Der lichtgeborene Tempel gestattete dieses Anzapfen von Lebenskraft nicht einmal zwischen Magie- und Erdgeborenen, obwohl Ishmael Gerüchte zu Ohren gekommen waren, dass Magier es dennoch taten. Doch ein magisches Werk, das mithilfe von in Kindern verankerter Magie die Lebenskraft all jener anzapfte, die lebten, und all jener, die noch geboren werden mussten … »Und der Zweck des Ganzen?«, knurrte Ishmael. »Was soll der Fluch?«
    »Rache«, sagte die Frau und klang dabei leicht überrascht. »Imogenes Rache an jedem, der sie enttäuscht und verraten hatte.«
    »Und hat sich der Fluch wie ursprünglich geplant entwickelt?«
    »Warum fragen Sie das?«
    »Weil es verflucht«, er war nicht geistesgegenwärtig genug gewesen, um den Ausdruck zu vermeiden, »wenig Sinn macht. Wenn sie sich beim Wirken des Fluches selbst verdammten, warum haben sie die Schuldigen nicht einfach getötet? Damit wäre die Sache erledigt gewesen.«
    »Sie verstehen nichts von Rache, nicht wahr, Ishmael?«
    Seine Gedanken streiften Erinnerungen: die bitteren Worte seines Vaters, als er ihn rauswarf, seine Worte an seinen Vater, als er sein Erbe einforderte, seine Gedanken, nachdem Athelane ihn vor dem Glasen gerettet und dies mit dem Leben gebüßt hatte, seine Erkenntnis, dass ein halbes Dutzend Männer seiner eigenen Baronie ausgesandt worden war, um ihn bei seiner Rückkehr zur Beisetzung seines Vaters zu ermorden … und ein Dutzend weiterer Erfahrungen, die das Herz eines Mannes versengen und seinen Zorn erregen konnten.
    Doch er bemerkte, dass sie recht hatte. Er verstand etwas von Zorn, aber nicht von Rache. Er hatte sich stets um einen barmherzigen letzten Schuss bemüht, ganz gleich, was für ein Ungeheuer der Feind war oder wie die Bedingungen seines Arbeitgebers gelautet bzw. sich die Stimmung der Meute präsentiert hatte. Es war sicherer für ihn, aber nicht der Hauptgrund gewesen. Nicht das Töten drehte ihm den Magen um, sondern Folter.
    Und gewiss hatte der Fluch auf Folter abgezielt, um jene, die den ersten Sonnenauf- oder -untergang überlebt hatten, in grauenvoller Furcht vor dem nächsten, übernächsten und überübernächsten leben zu lassen. Er lächelte grimmig. Er wusste nicht, wie viele Nachtgeborene jenen ersten Sonnenaufgang oder wie viele Lichtgeborene den ersten Sonnenuntergang überlebt hatten, aber sie und ihre Nachfahren waren am Leben geblieben, um auf beiden Seiten des Sonnenaufgangs Zwillingszivilisationen aufzubauen.
    Er war der Sohn einer dieser Zivilisationen, und er hatte es satt, dass man mit ihm wie mit einer Maus spielte, die von einer übersättigten Schoßkatze gefangen gehalten wurde. Was machte es schon, was Imogene beabsichtigt oder wie sie ihre eigenen Taten gerechtfertigt hatte? Sie war seit achthundert Jahren tot. »Ich schere mich nicht um die Vergangenheit. Was zählt, ist das Jetzt.«
    Bei der Veränderung in seiner Stimme schreckte sie kaum merklich zurück.
    »Wenn Sie nicht auf den Punkt kommen, was Sie von mir wollen, dann werde ich Ihnen sagen, was ich von Ihnen will. Ich will, dass die Schattengeborenen – jene, die Stranhorne überrannt haben, und alle ihresgleichen – zurückgetrieben werden. Es kümmert mich nicht, ob sie leben oder sterben, solange ich nie wieder etwas von ihnen höre – weder von ihren Klauen, Borsten, Reißzähnen, Flügeln noch von dem Ruf selbst –, sei

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