Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren
Wenigstens hatte er eine Gelegenheit gehabt, sich vorher zu überlegen, wie er mit derlei Bemerkungen umgehen wollte. »Von Magistra Jovance weiß ich, dass der Erzmagier und die Hohen Meister ihn ausgesandt haben, um in Verhandlungen mit den Schattengeborenen zu treten.«
In dem anderen Raum trat Schweigen ein, niemand stellte aufgesetzte oder hinhaltende Fragen, was dies zu bedeuten habe.
»Diese Neuigkeiten wollte ich ebenso wenig überbringen«, erklärte Fejelis, »wie Sie sie hören wollten. Magister Tammorn ist nicht freiwillig gegangen. Als Wildschlag kann er schattengeborene Magie auf eine Weise zu spüren, wie es die Magier der Blutlinien nicht können. Von den Schattengeborenen hat er Feindseligkeit und Gefahr wahrgenommen. Da er dem Gesetz des Tempels untersteht und ein Magier des fünften Ranges ist, blieb ihm keine andere Wahl. Wenn er sich über die Befehle der Hohen Meister hinweggesetzt hätte, hätten sie ihn dazu gezwungen.«
»Nun«, hörten sie den Baron murmeln, »das wäre also geklärt.«
»Ganz bestimmt nicht«, widersprach Vladimer mit knarrender Stimme. »Das sind keine angenehmen Neuigkeiten, aber sie kommen auch nicht gänzlich unerwartet.«
Was genau wollte er damit sagen – dass er diesen Verrat von den Magiern erwartet hatte? Oder von den Lichtgeborenen? »Wie dem auch sei, Prinz Fejelis, wir hatten nicht damit gerechnet, dass Sie in den Grenzlanden sein würden. Laut einem Bericht aus Minhorne wurden Sie entthront.«
Und wie solche Dinge für gewöhnlich verlaufen, hätte ich tot sein sollen, richtig. »Mein Überleben verdanke ich Magister Tammorn. Er hat meinen Bruder und mich aus der Situation gehoben .«
»Warum hat er Sie hierhergebracht?«
Unwillkürlich zögerte er einen kurzen Augenblick. »Er hat mich zu jemandem gebracht, dem er vertraute, zu Magistra Jovance, der Enkeltochter seines Meisters Lukfer. Magister Tammorn ist für mich mehr als nur ein durch Vertrag an mich gebundener Magier. Er ist ein guter Freund.«
»Das ist nicht die übliche Beziehung zwischen Erd- und Magiegeborenen«, bemerkte Vladimer entschieden. Fejelis hörte ein leicht tadelndes Murmeln von der anderen Seite. Jovance kritzelte: F. Broome.
»Sie sind nicht der Erste, der mir das sagt, Fürst Vladimer.«
Eine Frau begann leicht zögerlich, aber entschlossen zu sprechen. »Fürst Vladimer, weder mein Vater noch ich können irgendetwas Schattengeborenes an ihnen wahrnehmen.«
P. Broome, schrieb Jovance. Sie überprüft uns. Orlanjis rückte seinen Stuhl näher heran und reckte den Hals, um etwas zu sehen.
Fejelis beschloss, nicht zuzugeben, dass sie selbst einen derartigen Vorteil nicht besaßen. Er kritzelte: Können sie zw. Blutlinienmag. u. Wildschlägen unterscheiden? Jovance kniff die Augen zusammen, entzifferte seine Worte und schüttelte den Kopf.
Er wäre beruhigter gewesen, wenn ihre Miene größere Zuversicht ausgestrahlt hätte. Aber wenn irgendjemand von den Nachtgeborenen nicht nachtgeboren oder von den Schattengeborenen verhext worden war, könnte er tot oder verhext sein, bevor ihm überhaupt klar wurde, dass er sich verschätzt hatte. Die Papierwand war leicht zu zerstören. Die Leibgardisten wären entrüstet darüber gewesen, wie reglos er dasaß und wie genau sich seine Stimme orten ließ, doch der Instinkt sagte ihm, dass er besser dort blieb, wo er sich gerade befand, die Anspannung auf der anderen Seite der Wand war deutlich spürbar.
»Und was gedenken Sie jetzt zu tun?«
Der Tonfall des Gesprächspartners veranlasste Orlanjis, die Stirn zu runzeln. Fejelis wünschte, er wäre in der Lage gewesen zu signalisieren, dass er sich entschieden hatte, den Nachtgeborenen für eine Weile die Kontrolle zu überlassen, damit sich ihre Anspannung legte. »Ich werde nach Minhorne zurückkehren«, antwortete er, »und hoffe, den Erzmagier beeinflussen zu können … «
»Damit er was tut?«
Auch das hatte er sich genau überlegt. »Damit er die Interessen der Erdgeborenen ebenso wie die der Magiegeborenen berücksichtigt. Ich weiß nicht, warum die Hohen Meister sich für den eingeschlagenen Kurs entschieden haben. Vielleicht aus Zorn über den Angriff durch Ihr Volk.« Er wollte es lieber laut aussprechen, bevor es während der Schweigepausen über ihnen schwebte. »Meiner Meinung nach war es das nicht allein, aber wenn sie das Gefühl hatten, dadurch so geschwächt worden zu sein, dass sie nicht mehr kämpfen können … «
Vorausgesetzt, überlegte Fejelis im Stillen,
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