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Schattengeschichten

Schattengeschichten

Titel: Schattengeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Rouven
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Stirn schlug.
    Susanna war inzwischen zur Wand gegenüber gekrochen und betrachtete das Schauspiel mit einer angewiderten Faszination. Ich riss Yvonne vom Boden und schubste sie ins Schlafzimmer zurück. Dann schloss ich die Tür.
    Meine Freundin sprang auf, drehte den Schlüssel wieder zweimal im Schloss und fuhr sich mit ihrer Hand durch das Haar, wie sie es immer tat, wenn eine Situation gemeistert war. Ich lächelte sie an. Warum, weiß ich nicht.
    „Wer war denn das?“ fragte sie.
    Ich blickte verlegen weg.
    „Sie heißt Yvonne. Ich habe sie auf der Landstraße gesehen. Gestern Abend. Sie sah nicht gut aus und ich wollte ihr helfen. Sie hatte Bisswunden an ihren Beinen. Ich wollte sie ins Krankenhaus bringen. Aber sie wollte nicht, weil ihr Mann sie dort zuerst suchen würde. Er hat Hunde auf sie gehetzt. Über Nacht hat sie diese Veränderung durch gemacht. Sie benimmt sich wie...“
    „...ein Zombie“, sagte meine Freundin und lachte, „Das gibt´s doch nur in Filmen.“
    „Anscheinend nicht. Hat sie dich irgendwo gebissen oder so? Ist alles noch ganz?“
    Jetzt lächelte sie auch.
    „Du warst zu schnell für sie. Danke.“
    Erst zögerte ich, aber dann berührte mein Mund den ihren. Wir küssten uns nicht lange, denn Yvonne polterte gegen die Tür. Sie wollte immer noch raus.
    Susanna und ich gingen in das Wohnzimmer und setzten uns auf meine Couch. Im Fernsehen gab es weiterhin diese Berichte über die Hunde und den Virus.
    „Willst du einen Drink?“ fragte ich.
    „Ich glaube, den brauche ich jetzt“, antwortete sie, nachdem sie die Nachrichten gesehen hatte.
    Und ich mixte uns was.

Mein letzter Fall

    I
    Ich arbeite seit nunmehr vierzehn Jahren als Privatdetektiv. Zumeist beschatte ich verdächtige Personen, die entweder fremdgehen, Geld veruntreuen oder sogar Angriffe gegen Mitmenschen planen. Ich habe mir einen guten Ruf erarbeitet, meine Ratschläge sind auch für die Polizei von Wert. Ich kenne meine Stadt genau, und weiß, wo ich an Informationen komme. Meine Aufklärungsquote liegt nahezu bei hundert Prozent.
    Eigentlich sollte ich diese Zeilen in der Vergangenheit schreiben, denn das war einmal. Mein letzter Fall brachte mich auf die Spur einer Frau und mich fast um meinen Verstand und mein Leben. Sie, als unparteiischer Leser, müssen mir die folgenden Ausführungen einfach glauben, denn ich selbst zweifle an ihnen.
    Die letzten Monate waren ziemlich lau und ich arbeitete nebenbei in einer Buchhandlung. Christian, ein guter Freund von einem Freund, hatte mir die Stelle besorgt. Ich sortierte Krimis und die Bücher der Phantastik. Nach einer Weile wurde mir erlaubt, selbst zu bestellen.
    Für die Wochen im Winter, in denen ich dort meine Zeit verbrachte, las ich fiktive Fälle fiktiver Kollegen von mir und es befriedigte mich, dass die Ereignisse in Büchern unglaubwürdig waren. Der normale Konsument, sprich der unvoreingenommene aber auch unwissende Leser, scheint ganz von dieser Welt fasziniert zu sein und an eine Wahrheit hinter der Fiktion zu glauben. Aber glauben sie mir: Nichts ist so abwegig wie ein Detektiv, der ständig in einen Mordfall verwickelt wird.
    Es fiel mir nicht leicht mich von den Büchern zu trennen, aber an einem Mittwoch erreichten mich gleich mehrere Aufträge, die alle schnellen Erfolg versprachen. Und ein Tag nach meiner Kündigung, ich saß in meinem Büro und las in der Tageszeitung, klingelte die Tür. Die Räumlichkeiten teilte ich mir mit anderen, ehemaligen Offiziellen im Dienste des Staates. Einige waren jetzt Anwälte, andere Versicherungsspezialisten. Wieder andere mieteten ihr Büro nur, um private Anschaffungen später abzuschreiben.
    Ich hatte keine Sekretärin, also stand ich auf und ging zur Glastür, an dessen Außenseite mein Name in schwarzen Lettern prangte. Durch die milchige Scheibe nahm ich die verzerrten Umrisse eines großen und breiten Menschen wahr. Also ein Mann, dachte ich. Ich öffnete.
    „Guten Tag“, sagte ich freundlich und bat ihn herein.
    Er trug einen schlichten, aber sehr wohl teuren Anzug, roch nach Minze und einem leichten Aftershave. Seine Finger sahen gepflegt aus, das Gesicht älter und zerfurcht, aber mit jungen, blauen Augen, die mich förmlich musterten. Er lächelte nicht, murmelte eine Begrüßung und betrat zielstrebig mein Büro, setzte sich sogleich in den Besucherstuhl.
    „Darf ich rauchen?“ fragte er. Seine Stimme war eine Mischung aus erprobten Befehlston und leiser Verzweiflung.
    „Natürlich“,

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