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Schattengeschichten

Schattengeschichten

Titel: Schattengeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Rouven
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verdammt gefährlich.“
    „Ich bin ihm nicht begegnet, ich habe ihn fotografiert.“
    „Das reicht aus.“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Er sieht halt genauso aus wie ich. Na und? Er lebt ein völlig anderes Leben. Sieh´ dir mal die Kleidung an. So was würde ich nie tragen. Und der Wagen.“
    „Das ist egal“, antwortete Paul, „Nackt wird er dir bis auf das Haar gleichen. Verstehst du? Junge, Junge. Du kriegst verdammte Probleme.“
    „Ja, wenn Eckert herausfindet, dass seine Frau ihn mit mir betrügt. Zumindest wird es für ihn danach aussehen.“
    Ich bezahlte meinen Apostel, nahm die Fotos und ging zur Tür. „Pass auf dich auf“, sagte er zum Abschied, aber ich winkte ab und ging zu meinem Wagen.
    Nun schwirrten mir allerlei Fragen durch den Kopf und ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Ob Hanni ihren Mann betrog, konnte ich bejahen. Ob ich Eckart davon erzählen sollte, nicht. Und wer war dieser Mann, der mir glich wie mein Zwilling? Natürlich fragte ich mich, ob meine Eltern meinen Bruder früh weg gegeben hatten und ich nie was von ihm erfahren hatte. Das zu recherchieren sollte nicht viel erfordern. Eine Stimme in meinem Inneren sagte mir, dass es nutzlos war. Dennoch, als ich nach Hause kam, rief ich meinen Vater an. Im Altenheim.
    „Hallo, Papa!“ begrüßte ich ihn endlich, als er nach dem vierzehnten Klingeln abhob. Er war schwerhörig.
    „Franz!?“ rief er.
    „Ja, Papa, ich bin es.“
    „Hallo, Franz. Schön, dass du dich meldest. Ich komme gerade vom Mittagessen.“
    „Toll.“ Ich wurde ungeduldig. Ich rief meinen Vater nur zweimal im Jahr an. Zu Weihnachten und zu seinem Geburtstag, und das war schon zu viel. „Hör mal, ich habe nicht viel Zeit...“, aber er erzählte mir schon von Kohlrouladen und Sauerkraut.
    „Papa!“ sagte ich, „Hör mir mal zu: Habe ich einen Bruder?“
    „Was?!“
    „Habe ich einen Bruder, den du und Mama vielleicht weggegeben habt, als wir noch Babys waren?“
    „Ich verstehe dich nicht, Franz.“
    „Warum habt ihr mir nie gesagt, dass ich einen Zwillingsbruder habe?“
    Ich wiederholte die Frage noch vier Male, ehe er ihren Sinn erfasste. Er keuchte und schnaubte.
    „Was redest du da? Nein, Franz, wir haben einen Sohn und das bist du. Aber nachher spielen wir Bingo und...“
    „Danke, Papa“, sagte ich und legte auf. Morgen hatte er sowieso vergessen, dass ich anrief. Das klingt vielleicht undankbar oder so, aber ich hatte meine Gründe, meinen Vater zu ignorieren, die an dieser Stelle nicht näher erläutert werden sollen.

    IV
    Nachdem ich mir also Gewissheit verschafft hatte, ein Einzelkind zu sein, brauchte ich einen Plan. Es war mittlerweile später am Abend und ich entschied, morgen früh, sehr früh, das Haus zu beschatten, in dem mein Doppelgänger wohnte. Ich wollte oder musste ihn zur Rede stellen. Eine andere Möglichkeit, aus dieser Misere zu kommen, fand ich nicht. Oder würde ich Eckart glaubhaft vermitteln können, dass nicht ich sondern ein anderer auf den Fotos zu sehen war?
    Hätte ich doch bloß meine Sachen gepackt und wäre für eine Weile in den Urlaub gefahren. Aber ich stellte meinen Wecker auf vier Uhr, der mich auch prompt aus einem miesen Albtraum riss. Ich duschte, putzte die Zähne, zog mich an, der ganze Morgenmist halt und stand um fünf Uhr dreißig vor dem Haus meines Doppelgängers.
    Ich hatte mir bei einem Bäcker Kaffee im Pappbecher und ein unbelegtes Brötchen gekauft, weil ich vergessen hatte zu frühstücken. Zunächst regte sich nichts in dem Haus. Um sechs Uhr einundvierzig kam eine Frau heraus, jung, attraktiv und voller Elan. Bestimmt keine Studentin. Gegen sieben ging ein Mann zu seinem Wagen, um halb acht ein weiterer. Ich glaubte schon, mir (wie beruhigend) das Ganze nur eingebildet zu haben, als er erschien.
    Mist. Ich fluchte und stieg aus, ging auf ihn zu. Je näher ich ihm kam, desto ähnlicher wurden wir uns. Unser Alter schätzte ich gleich, das Muttermal am Hals war identisch, nicht spiegelverkehrt. Wir waren identisch. Äußerlich.
    „Hallo!“ sagte ich, „Haben sie einen Moment?“
    Er blieb stehen und musterte mich. Wir standen kaum fünfzehn Zentimeter auseinander. Hoffentlich gab es keine Schaulustigen. Er lächelte grimmig.
    „Soll das ein Scherz sein?“ zischte er.
    Ich hob die Schulter und versuchte eine freundliche Geste, indem ich ihm meine Hand anbot. Er verweigerte die Begrüßung.
    „Das habe ich auch gedacht. Aber anscheinend nicht.“
    „Verpiss´ dich“, sagte

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