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Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Titel: Schattengesicht (quer criminal) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Wagner
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Mit den winzigen Knöpfen war mein Gürtel wirklich absolut individuell.
    Draußen schnappte Polly sich mein Handy, hielt es sich wie ein Mikro vor den Mund und fing mitten in dem grauen, harten Regen zu singen an. I can see clearly now the rain is gone von Jimmy Cliff. Die Leute starrten uns an, nein, nicht mich, sondern Polly. Sie starrten, als hätte sie zwei Köpfe. Es war immer dasselbe. Aber wir wollten uns nicht die Laune davon verderben lassen. Nicht heute.
    Als wir durchgefroren und durchnässt waren trotz des Schirms, suchten wir eine Kneipe.
    „He, das ist ja behaglich!“, sagte Polly, als wir drin standen. Behaglich – so ein Wort verwendete nur Polly. Sie lachte, als wäre sie kurz vorm Ersticken, und ein ganzer Tisch drehte sich zu uns um. Es war definitiv nicht behaglich hier, es war eine dieser Eckkneipen, in denen man rauchen durfte. Fette Schwaden trieben behäbig durch die Luft.
    „Wollen wir nicht lieber woanders hin?“, fragte ich.
    „Quatsch, ist doch cool hier!“, sagte Polly. „Hat was von Abenteuer! Man fühlt sich wie mitten im Waldbrand.“
    Noch mehr Tische musterten uns.
    Ich wollte zu einem der hinteren, dunkleren Tische, gleich neben der Garderobe, aber Polly zog mich schon zu einem gut einsehbaren Fensterplatz. Eine Kellnerin näherte sich.
    Sie sah aus, als könnte sie dringend eine Bluttransfusion gebrauchen. Sie hatte aschfahle Haut, hängende Unterlider und Flecken im Gesicht, und Polly flüsterte mir fasziniert zu: „Die sieht aus, als würde sie sich nachts in einen Vampir verwandeln.“
    „Oder die Reste aus den Flaschen trinken“, flüsterte ich zurück.
    „Was darf’s denn sein?“
    „Zwei große Kakao mit Rum!“, sagte Polly. „Und zweimal Käsekuchen. – Oder willst du lieber Apfel?“
    „Ich nehme auch Käse“, sagte ich zu der Kellnerin.
    Als sie mich daraufhin mit einem Ausdruck anschaute, als wollten wir sie verarschen, fragte ich freundlich: „Sie haben doch Käsekuchen?“
    „Natürlich!“, unterbrach Polly mich. „Hier steht’s doch: Hausgemachter Kä-se-ku-chen.“ Sie tippte dabei auf die Karte.
    Sämtliche Tische hatten jetzt ihre Gespräche unterbrochen. Ich presste die Lippen aufeinander. Immer. Es war immer dasselbe. Egal, ob in der Disco oder im Supermarkt. Oder im Campus in Potsdam, wo wir wohnten. Dort konnte ich mit Polly nirgends mehr hin.
    Solange sie nicht sprach, ging es. Aber kaum fing sie an zu reden, wurden die Leute nervös. Ich hatte gedacht, dass ich mich irgendwann daran gewöhnen würde. Es übersehen könnte. Aber ich konnte es nicht.
    „Und Sahne für mich“, sagte Polly. „Bitte.“
    Die Flecken am Hals der Kellnerin hatten sich verändert. Sie waren röter geworden, als würden sie glühen. Sie richtete ihren geäderten Blick auf mich. Sie sah Polly an, als wäre das hier tatsächlich ein heimlicher Rückzugsort für Vampire, und wir wären gerade mit lustigen Knoblauchgirlanden um den Hals hereinspaziert. „Ich denk mal, du gehst besser“, sagte sie. „Ich hab keene Lust auf so’n Scheiß!“
    „Wieso?“, fragte Polly. „Was haben wir denn gemacht?“
    „Bringen Sie doch einfach nur den Kakao“, sagte ich leise. „Danach sind wir auch schon weg.“
    - - -
    Sehr guten Morgen, Frau Lehrerin!
    Als wir wieder in Potsdam ankamen, sprang mir erneut das Plakat ins Auge. Polly hatte die ganze Zeit nur schweigend aus dem Fenster gesehen. „Wer redet denn so, sehr guten Morgen ?“, wollte ich sie aufmuntern, aber sie reagierte nicht. Schweigend lief sie neben mir her. Ihr hing die schrille Stimme der Kellnerin also auch noch im Nacken. Ich wollte sie abschütteln, doch diese Stimme saß fest.
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    Ich blieb stehen. Ich sah das Plakat richtig an, ließ es in mein Gefühl ein. Und plötzlich hatte ich diesen Gedanken. Diesen Gedanken, dass es in einer anderen Stadt vielleicht anders wäre. Dass die Leute … na ja … netter zu Polly wären.
    „ Wir können alles außer Hochdeutsch “, las Polly das Kleingedruckte auf dem Plakat. „Die haben wenigstens Humor“, sagte sie mit ernster Leichenbittermiene.
    Die Entscheidung war schon gefallen. Ich würde mich in Baden-Württemberg um eine Referendarstelle als Musik- und Mathematiklehrerin bewerben.
    - - -
    „Was soll das eigentlich heißen: K1, 5?“, fragte ich und studierte die Adresse der Schule auf dem Briefkopf. „Ich meine, du hast gesagt, die Wohnung liegt in der Nähe der Schule. Aber hier steht

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