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Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Titel: Schattengesicht (quer criminal) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Wagner
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der Küche auf. Gelb.
    - - -
    Mitten in der Nacht rüttelte Polly mich wach.
    „Da ist etwas!“
    Ich saß sofort aufrecht im Bett und lauschte. Von draußen war nur das Geräusch von Regen zu hören. Es wispelte und tröpfelte.
    „Da!“, sagte Polly, und da hörte ich es auch. Geräusche aus dem Anbau. Ein Klappern, dann fiel etwas um. Irgendwas wurde zur Seite gerollt, und auf einmal: Klirren. Als würden Flaschen gegeneinander stoßen.
    „Das ist kein Tier“, flüsterte Polly.
    Dann hörten wir die Schritte. Wir hörten, wie sie vom Anbau zu unserem Haus herüberkamen, hörten, wie sich jemand an der Tür zu schaffen machte.
    Mein Herz schlug plötzlich überall. In den Fingerspitzen, den Lippen, auf der Kopfhaut. Ich musste an Carsten denken. An Ina. Ich musste an den Nachmittag in Halbreich denken, den ich vergessen wollte, diesen Nachmittag, als ich … als sie mich …
    „Hast du abgeschlossen?“, flüsterte Polly.
    Ich schüttelte entsetzt den Kopf. Natürlich hatte ich nicht abgeschlossen. Warum auch? Hier gab es nichts. Nur unser Haus. Aber dort, wo nie jemand unterwegs war, gab es auch niemanden, der einem helfen konnte.
    „Oh, Scheiße“, sagte Polly und glitt aus dem Bett.
    Als sie das Zimmer verließ, flüsterte ich panisch: „Geh nicht weg, geh nicht!“
    „Ich geh nicht weg!“
    Ich saß wie erstarrt. Konnte mich nicht rühren, konnte nicht einmal richtig atmen. Ich sah Carsten vor mir. Carsten in meinem Augenwinkel, der im Licht des Blitzes am Weiher stand, ich sah, wie er sich bewegte, während Ina mit mir redete.
    Dann hörte ich das Geräusch. Ein Krachen und Poltern und dann Pollys Stimme: „Verpiss dich! Ich knall dich ab!“ Und da ließ die Betäubung meine Glieder endlich los. Ich sprang auf. Ich rannte die Treppen runter und schrie: „Polly? Bist du okay? Polly!“
    Am Fuß der Treppe war sie. Sie beugte sich über einen Typen, der am Boden lag. Sie zog ihm etwas aus der Hosentasche, und dann stand sie einfach nur da. Starrte auf den regungslosen Körper. Schließlich hob sie den Kopf, sah mich an.
    Überall waren Scherben, so viele Scherben. Und der Geruch von Alkohol. Irgendwas Hartes. Branntwein? Aus einer Wunde an seinem Kopf drang Blut. Nicht viel Blut, nur ein Rinnsal. Doch wo die Wunde war, stimmte etwas mit seiner Kopfform nicht, sie war irgendwie unnormal. Wie ein eingedrückter Joghurtbecher, dachte ich. In Pollys Hand sah ich den Henkel des Krugs, aus dem wir morgens immer Kaffee getrunken hatten. Es war ein schwerer, irdener Krug gewesen. Mir war schlecht.
    „Ist er …“, flüsterte ich.
    Polly antwortete nicht. Aus ihren aufgerissenen Augen rannen Tränen. Ich lief hinüber, ging in Hocke und legte die Finger auf sein Handgelenk. Die Haut war warm, aber ich fühlte nichts, keinen Puls. Ich kam wieder hoch und nahm Polly vorsichtig das Portemonnaie aus der Hand, das sie ihm aus der Hosentasche gezogen hatte. Ich holte den Ausweis heraus. Ich sah lange darauf, dann sagte ich: „Es ist … Tove Jansson.“
    - - -
    Die folgenden Stunden sind neblig in meiner Erinnerung. Neblig wie dieser Tag. Ab und zu sehe ich etwas aus dem Dunst auftauchen: Polly, wie sie zum See geht. Wie sie mit der leisen Nachricht zurückkommt, da läge ein Kanu. Das Kanu, mit dem Tove Jansson hierher gekommen war. Mich, wie ich zum Ufer gehe und Steine einsammle, Steine wie Reißzähne. Uns, wie wir das Boot so weit wie möglich hinausziehen und dann mit den Steinen versenken. Ich sehe mich, wie ich in den Anbau gehe.
    Der Rasenmäher war nicht mehr dort, wo er am Morgen noch gestanden hatte. Er war zur Seite weggeschoben, und dort war eine Luke. Sie stand offen wie ein Auge.
    Ich leuchtete mit der Taschenlampe hinein, eine Wendeltreppe führte nach unten.
    Spiral Cellars Ltd. hatte ich auf einer kleinen, silbernen Plakette entziffert, die auf der ersten Stufe dieser Wendeltreppe angebracht war. Es war ein Vorratsbunker. Tove Janssons Alkoholschrank. Er führte etwa zwei Meter in die Tiefe, und an den Wänden standen Regale, in denen hunderte Flaschen lagerten. Flaschen ohne Etiketten.
    War Tove Jansson zurückgekommen, Nachschub zu holen? Hatte er noch etwas aus dem Haus gebraucht und war deshalb hineingeschlichen? Oder hatte er es tatsächlich auf uns abgesehen? Wieso hatte er nicht auf sich aufmerksam gemacht? Wieso war er auf dem Weg nach oben gewesen, wo wir schliefen? Und warum hatten wir die Polizei nicht gerufen?
    Wir hatten Tove Jansson in Mülltüten gewickelt und ihn durch den

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