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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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diese Sache kümmern?« fragte Nysander.
    »Oh, selbstverständlich.«
    »Also gut. In der Zwischenzeit muß ich dich aber bitten, mir den Brief zu überlassen.«
    Überrascht sah Seregil einen Augenblick lang dem alten Zauberer in die Augen, bevor er ihm kommentarlos das Dokument reichte.
     
    Ghemella wollte zuerst das zögernde Klopfen an der Tür ganz ignorieren. Das Gold hatte gerade den richtigen Farbton erreicht, um in die Form gegossen zu werden, und wenn sie es jetzt stehen ließ, mußte sie wieder von vorne anfangen. Die Ladentür war abgeschlossen und die Fensterläden hochgeklappt. Jeder Narr konnte sehen, daß sie zu Abend geschlossen hatte.
    Mit ihrer langen Zange griff sie in den Ofen hinein und hob vorsichtig den Schmelztiegel von dem Ring über den glühenden Kohlen. Das störende Klopfen erklang wieder, gerade als sie sich vorbeugte, um das flüssige Gold in die Form zu gießen. Ihre Konzentration wurde gestört, und ein paar kostbare Tropfen spritzten nutzlos in den Sand, in den die Wachsform eingebettet war. Mit einem frustrierten Zischen stellte sie den Tiegel auf den Eisenständer zurück.
    »Ich habe geschlossen!« rief sie, doch das Klopfen verstärkte sich noch. Die Goldschmiedin wuchtete ihren mächtigen Körper vom Hocker hoch, watschelte hinüber an das kleine Fenster und spähte durch einen Spalt im Fensterladen. »Wer ist da?«
    »Ich bin es, Dakus, Herrin.«
    Ein gebeugter alter Mann schlurfte in den schmalen Lichtspalt, der aus dem Fenster drang, wobei er sich schwer auf einen kräftigen Stock aufstützte. Sein verkrüppelter Buckel hinderte ihn, das Gesicht in den Lichtschein zu erheben, doch Ghemella erkannte die knochige Hand, die sich um den Knauf des Stocks klammerte. Wie die meisten Handwerker achtete sie stets auf Hände.
    Vor Ekel lief ihr eine Gänsehaut über das schlaffe, fette Fleisch, als sie die Tür aufschloß und zurücktrat, um diesen vertrockneten kleinen Grashüpfer von Mann einzulassen.
    In ihrem mit Schmuck dekorierten Laden wirkte er noch häßlicher, als sie ihn in Erinnerung hatte. Die Knochen an seinen Gelenken standen ein Stück über, und die vorstehenden Backenknochen in dem zerfurchten Gesicht wirkten, als wollten sie durch die straff gespannte, gelbliche Haut bersten.
    Er hinkte auf die lockende Wärme des Schmelzofens zu, setzte sich auf den Hocker und blickte sie mit seinem einen guten Auge an. Sie hatte einen ausgeprägten Sinn für Schönheit, und das klar dreinblickende Auge in dem häßlichen Gesicht schien ihr, als glitzerte ein borianischer Saphir aus einem Dunghaufen.
    »So viele hübsche Sachen!« keuchte das alte Relikt, wobei er eine halbfertige Skulptur auf der Werkbank befühlte. »Es scheint, als gingen Eure Geschäfte so gut wie immer, meine Teure.«
    Ghemella blieb in sicherer Entfernung stehen. »Was wollt Ihr mir heute abend verkaufen, alter Mann?«
    »Was könnte ich einer so reichen Frau schon verkaufen?« erwiderte Dakus und bedachte sie mit einem grotesk lüsternen Blick. »Was wohl außer gelegentlichen, unbedeutenden Informationen, die diese alten Ohren aufschnappen, wenn ich an Hintertüren und an den Abfallhaufen der Glücklicheren dieser Gesellschaft bettle? Seid Ihr noch an Geheimnissen interessiert, Ghemella? An frischen, feucht schimmernden Geheimnissen? Ich habe sie noch niemandem sonst angeboten.«
    Sie knallte ein paar Sester vor ihm auf die Werkbank, trat zurück und faltete wieder die Arme vor der breiten Lederschürze.
    Der alte Mann zog eine kupferne Phiole aus seinem Beutel. »Baron Dynaril hat seine Geliebte mit Gift ermordet, das er vom Schwarzen Rogus gekauft hatte. Sein Leibdiener hat es vor einer Woche in den Zwei Hengsten erstanden.«
    Dafür holte Ghemella eine Goldmünze hervor, und Dakus legte die Phiole auf die Werkbank.
    »Lady Sinril ist von ihrem Kammerdiener schwanger.«
    Die Goldschmiedin schnaubte und schüttelte den Kopf.
    Dakus nickte verschwörerisch, faßte in sein Gewand und holte ein Bündel Papiere heraus. »Und da wären dann noch die kleinen Nebenprodukte der Wanderungen eines armen Bettlers. Ich denke, sie entsprechen mehr Eurem Geschmack.«
    »Ah, Dakus!« flötete die Goldschmiedin und nahm ihm voller Eifer die Papiere ab, um sie zu überfliegen. Die Blätter waren ganz unterschiedlich im Format und in der Qualität des Papiers, mehrere waren zerknittert oder sogar fleckig. »Lord Bytrin, ja, und Lady Korin. Nein, das ist wertlos … vielleicht das hier? Und das?«
    Sie wählte schließlich

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