Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
Waschtisch.
    Das blasse graue Licht eines verregneten Morgen filterte durch die Fensterscheiben. Er hatte gewiß nur wenige Stunden geschlafen. Alec setzte sich auf und sah dem alten Diener zu, der offensichtlich im Zimmer seinen morgendlichen Pflichten nachging. Nachdem er alles zum Waschen bereitgelegt hatte, nahm er ein frisches Leinenhemd aus einer Kleidertruhe und legte alles auf das Fußende des Bettes.
    Alec war es nicht gewöhnt, bedient zu werden und sah mit wachsendem Unbehagen zu. Seine Erfahrungen im Bad des Orëska hatte ihn Dienern gegenüber mißtrauisch werden lassen. Wie sollte er sich verhalten, wenn der Mann ihm beim Ankleiden behilflich sein wollte? Er empfand es als unnatürlich, Dinge von anderen tun zu lassen, als sei er ein kleines Kind oder krank. Das respektvolle Schweigen des Mannes machte die Situation noch schlimmer.
    »Du versorgst den Haushalt, nicht wahr?« fragte Alec, als Runcer damit beschäftigt war, Alecs Umhang auszubürsten. Alec fragte sich, wieviel dieser faltige alte Mann über seinen wahren Hintergrund wußte – oder über Seregils?
    »Selbstverständlich, Sir«, erwiderte Runcer ohne den Ausdruck zu wechseln. »Lord Seregil hinterließ die Anweisung, Euch den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Im Eßzimmer steht das Frühstück bereit, und Hauptmann Myrhini wird bald eintreffen. Soll ich Eure Kleider bereitlegen, Sir?«
    »Nun ja, tu das.«
    Runcer holte Hosen aus einer anderen Truhe, dann schlurfte er zum Schrank. »Welchen Umhang wünscht Ihr heute zu tragen, Sir?«
    Er hatte keine Ahnung, was der Schrank enthielt, daher ließ er sich von seinem Gefühl leiten. »Den blauen, bitte.«
    »Den blauen, Sir.« Der alte Diener holte einen überreich mit Goldperlen verzierten Umhang hervor.
    »Nun, vielleicht doch nicht den blauen«, korrigierte sich Alec hastig. »Ich werde mich später entscheiden.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    Sehr zu Alecs Leidwesen zog sich Runcer nicht zurück, sondern sah ihn mit erwartungsvollem Blick an. Nach einem langen unangenehmen Moment erkannte Alec, daß der Diener darauf wartete, entlassen zu werden.
    »Danke, Runcer, ich brauche dich jetzt nicht mehr.«
    »Sehr wohl, Sir.« Der alte Mann verbeugte sich und verließ den Raum.
    »Bei Bilairy!« Alec sprang aus dem Bett, ging zum Schrank und besah sich die Umhänge dort. Der blaue war gewiß der auffälligste. Er suchte weiter, fand einen schlichten, rostbraunen, und beeilte sich mit dem Ankleiden. Es überraschte ihn nicht, daß alles wie für ihn angefertigt paßte, selbst die Stiefel konnte er tragen.
    Seregil hat das getan, während ich in Watermead war, fuhr es Alec durch den Kopf. Und alles wird umsonst sein, wenn wir ihn nicht aus dem Turm befreien können.
    Micum saß bereits am Tisch, und zu jeder Seite seines Stuhles lag einer von Seregils beiden Zengati-Hunden. Offensichtlich nahmen sie ihm seinen jüngsten Einbruch nicht übel. Als er näherkam, hoben sie lediglich die strahlend weißen Köpfe und fegten mit wedelnden Schwänzen den Boden.
    Micum schob ihm einen Teller mit Würsten hin. »Du solltest etwas essen, Myrhini wird in Kürze hier sein.«
    Sie hatten ihr hastiges Mahl kaum beendet, als Runcer die hochgewachsene Befehlshaberin hereinführte.
    »Wir müssen uns beeilen. In einer Stunde findet der Appell statt«, gab sie bekannt. Der schlammbespritzte Umhang wallte um ihre Beine, als sie auch am Tisch Platz nahm.
    »Wie nimmt Klia die Nachricht von der Verhaftung auf?« fragte Micum.
    »Oh, sie ist wütend, aber auch besorgt. Ob nun Verwandter der Königin oder nicht, Vizeregent Barien will Blut sehen, und es stört ihn gewaltig, daß Idrilain einen Aufschub gewährt hat, ehe die Befragung beginnt.«
    »Nysander hat das erwartet«, sagte Alec. »Hat Barien irgendeinen Ärger mit Seregil?«
    Myrhini hob die Arme. »Wer weiß? Klias Worten zufolge ist er der Meinung, Seregil sei ein schlechter Umgang, und seine Freundschaft mit ihr und den Zwillingen war ihm nie angenehm.«
    Elesthera und Tymore, dachte Alec. Seregil hatte ihn erbarmungslos die verwandtschaftlichen Bande der königlichen Familie lernen lassen. Die Zwillinge waren die älteren Geschwister Klias, Idrilains Kinder ihres zweiten Gemahls.
    »Weiß Klia von unserem Treffen?« fragte Micum.
    »Nein, es wäre ihr gar nicht recht. Ich bin deiner Meinung, daß wir sie nicht in die Sache verwickeln sollten, ehe wir nicht wissen, woher der Wind weht. Nun, wie kann ich helfen?«
    Micum schenkte sich mehr Tee ein und

Weitere Kostenlose Bücher