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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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jedoch zu jedem Thema seine eigene Meinung vertrat. Alles in allem eine Person von geringer Bedeutung, und deshalb der Richtige, dem man sich anvertrauen konnte.
    Ich genoß bald ein gutes Ansehen beim jüngeren Adel, und durch ihn kam ich in den Besitz wertvoller Information. Danach war es nicht mehr schwer, das Gerücht zu verbreiten, daß Lord Seregil, so galant er auch war, nicht immer in bester Gesellschaft verkehrte. In einschlägigen Kreisen wurde bekannt, daß ich mich der Dienste eines diskreten Mannes von dubioser Herkunft vergewissern konnte, der für den rechten Preis für jeden Auftrag zu mieten war.«
    »Die Katze von Rhíminee?«
    »Genau. Nysander kannte als einziger mein Geheimnis. Als Spion war ich ihm von größerem Nutzen, als ich es als Schüler je gewesen bin. Aber selbst damals liebte ich meine Freiheit bereits zu sehr, um stets den Adligen zu spielen. Deshalb kaufte ich den Hahn und richtete mir dort einige Räume ein. Nysander fand Thryis für mich. Cilla war gewiß nicht viel älter als Illia …«
    »Ja, aber die Straße der Räder!« bohrte Alec, er wollte vor Einbruch der Dunkelheit das Ende der Geschichte erfahren. Wenn Seregil sich entschlossen hatte, etwas zu erklären, neigte er dazu, keine Einzelheiten auszulassen.
    »Schweife ich wieder ab? Nun im Laufe der Zeit ließen sich die jungen Adligen, mit denen ich verkehrte, nieder und bekamen selbst junge Adlige. Ob nun Aurënfaie oder nicht, man erwartete von mir, dasselbe zu tun. Um mir das Vertrauen derer, von denen ich abhing, zu erhalten, mußte ich auch nach außen hin zeigen, daß ich einer von ihnen war. Ich begann in Schiffswerften zu investieren und hatte recht guten Erfolg. Was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, zu welchen Informationen ich Zugriff hatte. Abgesehen davon, daß diese Investitionen eine gute Einnahmequelle waren, erklärten sie auch meine häufigen Abwesenheiten.
    Unglücklicherweise erwies sich die Charade als äußerst lästig. Wenn ich Rhíminee nicht so sehr liebte, hätte ich Lord Seregil längst ermordet und irgendwo anders neu angefangen. Für dich jedoch ist das Wesentliche, daß Sir Alec von Ivywell noch viel zu lernen hat.«
    »Ich werde ein alter Mann mit langem Bart sein, ehe ich auch nur die Hälfte von dem gelernt habe, was du von mir erwartest!«
    Seregil blickte mit schwer durchschaubarem Blick über das Meer. »Oh, das bezweifle ich. Das bezweifle ich in der Tat.«
     
    Sie verbrachten die Nacht im Pony, einer ehrenwerten Herberge, und am nächsten Morgen reisten sie weiter. Der Himmel war strahlend blau, und am späten Vormittag erreichten sie das Südende des Isthmus, das die skalanische Halbinsel mit dem Festland im Norden verband.
    Die Landbrücke war an keiner Stelle breiter als fünf Meilen und ragte wie ein bleiches Rückgrat aus dem Meer. An ihrem oberen Grat entlang verlief die Straße, und Alec konnte zu beiden Seiten das Wasser sehen: die Osiat dunkel wie Stahl und die flache Innere See blaßblau.
    Kurz nach der Mittagszeit kamen sie an einen kleinen Außenposten, der eine Gabelung an der Straße bewachte. Von hier teilte sich die Straße zu den zwei Brücken, Ost und West, die zu den jeweiligen Kanalhäfen, Cirna und Talos führten. Sie wählten die rechte Route und kamen bald in Sichtweite der östlichen Brücke, die sich in flachem Bogen über den Kanal erstreckte. Sie war ein breites, festes Bauwerk, auf dem auch die größten Fuhrwerke einander ohne Platzprobleme passieren konnten.
    »Von hier oben hat man einen wundervollen Blick, meinst du nicht auch?« fragte Seregil und ließ sein Pferd anhalten. Einige Wagen kamen von der andere Seite, gefolgt von einem Reitertrupp.
    Alec fühlte, wie ihm am Rücken kalter Schweiß ausbrach, als er in die Tiefe blickte. Er war bereits am Grunde der Schlucht gewesen und hatte ihre Tiefe gefühlt, daher erschien ihm nun die gewaltige Brücke als zartes Spinngewebe.
    »Bei Illiors Fingern, du bist ja kalkweiß!« bemerkte Seregil, als er seinen Freund ansah. »Vielleicht solltest du dein Pferd lieber führen. Viele werden nervös, wenn sie zum erstenmal die Brücke überqueren.«
    Alec schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein. Nein, es geht mir gut, ich habe nur noch nie zuvor einen solch tiefen Abgrund überquert.«
    Sein plötzlicher Anfall von Schwäche schien ihm peinlich, und er packte entschlossen die Zügel und ließ Fleck Schritt gehen.
    Soweit es der Verkehr erlaubte, hielt er sich in der Mitte der Straße und heftete

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