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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Leichnam. Dann holte er Nysanders magische Schriftrolle hervor, die er Rythel noch vor wenigen Augenblicken zu überreichen gedachte. In einer Hand hielt er das Pergament, in der anderen Rythels unversehrten, rechten Arm. Mit dem Daumen löste er das Wachssiegel. Einen Lidschlag später lag die Straße verlassen da.
     
    »NYSANDER!«
    Seregils wutentbrannter Schrei hallte durch den Gefängniskorridor und ließ Nysander, Alec und Thero zusammenzucken, die dort geduldig warteten. Nysander erholte sich als erster von dem Schrecken. Er stürzte an die Zellentür, zauberte ein Licht herbei und lugte durch das Gitter.
    Drinnen kauerte Seregil über etwas, das einem unordentlichen Haufen Kleider ähnelte. Der Gestank, der dem Zauberer entgegenschlug, deutete jedoch auf etwas anderes hin. Auf seinen Befehl hin schwang die Tür auf, und er trat ein.
    »Bei allen Vieren! Was ist passiert?«
    »Er wurde auf der Straße überfahren«, preßte Seregil zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich war keinen Steinwurf von ihm entfernt – er stand einfach da wie ein williges Opferlamm, während ihn ein außer Kontrolle geratenes Brauereigespann überrollt hat, und ich konnte rein gar nichts tun, um ihn zu retten.«
    Nysander vernahm ein würgendes Geräusch hinter sich und schaute gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie Thero blindlings, die Hand auf den Mund gepreßt, aus der Zelle taumelte. Alec verharrte mit fahlem Antlitz und düsterer Miene an der Tür und beobachtete, wie Seregil grausam gründlich die blutgetränkten Kleider des toten Mannes durchwühlte; sein eigenes, feines Gewand war längst mit übelriechenden Flecken übersät.
    Auch Seregil präsentierte sich bleich wie die Wand, doch seine Augen funkelten vor Zorn. Nysander kniete sich auf der anderen Seite neben den Leichnam und hielt die Hände ein paar Zoll über Rythels zerschmetterten Kopf.
    »Schon wieder nichts zu spüren«, seufzte er. »Du mußt mir alles erzählen. War es ein Unfall?«
    »Ich habe allmählich die Schnauze voll von Unfällen«, knurrte Seregil.
    Er drehte die Leiche um, wodurch unter feucht-dumpfem Münzgeklimper eine blutige Börse ins Stroh fiel. Zunächst leerte er die Börse aus, dann nahm er die Überreste des Mantels in Augenschein, schließlich schleuderte er alles quer durch die Zelle.
    »Verdammt noch mal!« tobte er. »Verdammter, verfluchter Mist! Da war eine Nachricht. Jemand hat ihn an diesen Ort bestellt, jemand, den er kannte. Er hat vor sich hingepfiffen wie ein fröhlicher Bräutigam, während er in den Tod schlenderte! Alec, zieh den Stiefel von dem Fuß da und überprüf ihn.«
    Pflichtbewußt zerrte Alec am Stiefel des abgetrennten Beines, der wie angegossen saß, so daß er sich mit dem Fuß gegen den Hüftstumpf stemmen mußte, um ihn zu lösen. Dann zog er ihn ganz herunter, faßte hinein und schüttelte den Kopf. »Hier drin ist auch nichts.«
    »Oder da.« Seregil schmiß den anderen Stiefel beiseite und riß dem toten Mann die Reste der Hose vom Leib. Nach einer gründlichen Durchsuchung derselben sprang er mit einem kehligen Schrei auf und drosch mit der blutverschmierten Faust gegen die Zellenwand.
    Just in diesem Augenblick tauchte Thero wieder an der Tür auf. »Verzeih meine Schwäche, Nysander«, murmelte er, immer noch kalkweiß. »Kann ich irgend etwas tun?«
    »Sieh dir das genau an«, erwiderte Nysander düster. »Eines Tages wird deine Berufung dich aus dem Schutz des Orëska-Hauses führen; du mußt stark genug sein, um mit solchen Scheußlichkeiten fertigzuwerden. Das hier könnte ein Unfall gewesen sein …«
    »Ein Unfall!« stieß Seregil hervor und starrte finster auf die Leiche. »Bei Bilairy, Nysander, der Mann wurde ermordet, ebenso wie Tym.«
    »Wahrscheinlich. Und wir wissen immer noch nicht, wer das Hirn hinter der Arbeit dieses Mannes war.«
    »Aber die Karte?« Seregil drehte sich zu Alec um.
    »Sie war nicht mehr da«, antwortete Alec niedergeschlagen und stierte auf Rythel hinunter. »Nichts war mehr da. Kleider, Schriftstücke, Truhen – alles war verschwunden. Das Zimmer war leergeräumt. Ich glaube kaum, daß er vorhatte, dorthin zurückzukehren. Die alte Frau, der das Haus gehört, hat mir gesagt, daß die Sachen heute nachmittag mit einem Karren fortgeschafft wurden.«
    Nysander schloß eine Weile die Augen, dann seufzte er. »Thero und ich werden mit unseren Mitteln noch einmal eure Wege von heute nacht abschreiten. Sollten wir dabei auf irgend etwas stoßen, sagen wir

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