Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
löste.
Ehrfürchtig verneigte sich Ashnazai vor dem Dra’gorgos.
»Wir sind gleich bei euch«, verkündete die Erscheinung mit der ihr eigenen, hohlen, unsteten Stimme.
»Wir haben alles vorbereitet«, erwiderte Mardus. »Wir warten hier auf euch.«
Bald darauf drang leises Rudergeplätscher von der See her an ihr Ohr. Mit gezogenen Waffen versteiften sich Tildus und seine Männer, als der schwarze Umriß eines großen Beibootes in Sicht geriet. Zwei Seeleute mühten sich an den Riemen ab, während die beiden Fahrgäste reglos im Bug saßen.
Nachdem sie das Ufer erreicht hatten, sprang einer der beiden Ruderer aus dem Boot und zog den Bug an den Strand, so daß die Fahrgäste trockenen Fußes an Land gehen konnten. Der erste, der ausstieg, war ein hagerer, graubärtiger Totenbeschwörer namens Harid Yordun.
»Willkommen, Bruder«, begrüßte ihn Ashnazai und schüttelte ihm die Hand. »Und willkommen, Irtuk Beshar, unsere hochgeschätzte Dame.«
Yordun antwortete mit einem steifen Nicken und half seiner Gefährtin aus dem Boot. Stumm und hinter den dicken Schleiern kaum erkennbar, streckte ihm Irtuk Beshar eine ledrige, verkohlte Hand entgegen, als wollte sie ihn segnen.
27
Rythels Ende
Zu Beginn des Wochenendes drückten Seregil und Alec sich zum letzten Mal in den Schatten gegenüber des Mietshauses herum, in dem der Schmied wohnte.
»Er wird doch sein Verhaltensmuster jetzt nicht ändern, weil die Arbeit abgeschlossen ist, oder?« fragte Alec zum dritten Mal an jenem Tag. Seine neuen Freunde aus dem Hammer und Zange hatten ihm verraten, daß der Auftrag in der Kloake nunmehr erfüllt sei. Bislang gab es weder Anzeichen dafür, daß Meister Quarin gedachte, seinem Neffen weitere Arbeit anzuvertrauen, noch daß Rythel überhaupt welche wollte.
Seregil verkniff sich eine ungeduldige Erwiderung. »Warte noch ein paar Minuten, dann wissen wir’s. Halt mal, da ist er ja, und herausgeputzt wie für einen Ball!«
Als Rythel an der Laterne über der Tür innehielt, erblickten sie das Funkeln goldener Stickereimuster auf der Jacke, die er unter dem pelzbesetzten Umhang trug.
»Sieht so aus, als hätten wir richtig geraten«, flüsterte Seregil. Unter dem schwarzen Umhang trug er eine seiner feinsten, weinroten Jacken, eine weiße Rehlederhose sowie eine schwere Geldbörse.
Ein Knabe brachte Rythel sein Pferd, und der Schmied trabte in die übliche Richtung davon.
»Glück in den Schatten«, sagte Seregil leise und schüttelte Alec rasch die Hand. »Wir sehen uns im Verlies.«
Alec schenkte ihm noch ein letztes, fröhliches Grinsen, dann schlich er zur Hintertreppe des Mietshauses davon.
Seregil ließ Rythel um die Ecke am Ende der Straße biegen, dann schwang er sich auf Cynril und ritt los, um ein zufälliges Treffen mit seiner Beute einzufädeln.
Heute nacht zog Rythel an seinen üblichen Stationen vorbei und hielt geradewegs auf die Lichterstraße zu.
Die müssen dir heute aber eine hübsche Prämie zugesteckt haben, dachte Seregil, während er ihm zu einem Spielhaus namens Goldene Schale folgte. Vielleicht trägst du dich ja sogar mit dem Gedanken, einen neuen Auftrag in diesem Gewerbe anzunehmen. Aber an deiner Stelle würde ich noch keine großen Pläne schmieden, mein lieber Freund.
Mit Rythel in Verbindung zu treten, stellte sich als einfaches Unterfangen heraus. Seregil hatte den Kartenraum, in dem Rythel spielte, noch kaum betreten, da begrüßte ihn der Schmied auch schon wie einen alten Kameraden.
»Sir Rythel, wie schön, Euch wiederzusehen«, sprach Seregil und schüttelte ihm herzlich die Hand, als er sich am Tisch zu ihm gesellte.
Dies stellte für Rythel unverkennbar einen gewissen Triumph dar; Seregil beobachtete, wie der Schmied den Blick über die anderen Adeligen am Tisch schweifen ließ und darauf achtete, wie sie sich angesichts des warmen Empfangs durch einen von ihnen verhielten.
»Was für ein glücklicher Zufall, Lord Seregil!« rief Rythel aus und nahm seine Karten wieder auf. »Als nächstes spielen wir Münze und Schwert. Wollt Ihr mein Partner sein?«
Kaum merklich zwinkerte Seregil ihm zu und nickte; innerlich bereitete er sich auf eine Geduldsprobe vor.
Wie schon beim letzten Mal schwafelte Seregil während des Spiels reichlich und würzte sein belangloses Geplapper mit gelegentlichen Hinweisen auf verschiedenste geschäftliche Unternehmungen. Er spürte förmlich, wie Rythel den Köder schluckte; noch ein paar Runden, dann wollte er vorschlagen, sich
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