Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Ungesehene bist, Seregil, wenn Alec der Schaft und Micum die Vorhut ist, dann gibt es nichts, was Freund oder Feind tun können, um daran etwas zu ändern.«
Seregil ließ ein wütendes Knurren vernehmen. »Mit anderen Worten, wir können nur darauf warten, bis dieses entsetzliche Etwas eintritt. Oder nicht eintritt, wobei wir in letzterem Fall den Rest unseres Lebens mit Warten zubringen würden, da wir keine Ahnung hätten, daß es nicht eintreten würde, richtig?«
»Das ist zweifellos einer der Gründe, weshalb die Hüter dieses Wissen den anderen Beteiligten verheimlichen. Du hast nichts davon, es bereitet dir lediglich Unbehagen. Andererseits« – er hielt inne und schaute mit einer Mischung aus Kummer und Mitleid zu Seregil auf – »habe ich den Verdacht, daß ich vergeblich darauf hoffe, meine Last einem neuen Hüter zu überantworten. Mardus hatte bereits die Holzscheiben; weitere Plenimaraner sind unmittelbar nach dir in die Ashek-Berge gezogen, um nach der Krone zu suchen. Es gibt noch andere Gegenstände – magische Gegenstände –, einige in Plenimar, andere glücklicherweise über die abgelegensten Winkel der Erde verstreut. Nur durch Zufall ist mein Meister, Arkoniel, in den Besitz des Palimpsests gelangt, das dich zur Krone geführt hat. Die Plenimaraner gehen wesentlich gezielter vor, um diese Gegenstände wiederzubekommen. Die Vorzeichen stehen schlecht, mein lieber Junge, ausgesprochen schlecht.
Und was deine Zwangslage angeht« – Nysander bedachte ihn mit einem matten Lächeln –, »darf ich dich daran erinnern, daß du in keiner stecken würdest, wenn du nicht so unerträglich neugierig wärst.«
»Was ist mit den anderen?«
Nysander breitete die Hände aus. »Ich verbiete dir nicht, ihnen zu erzählen, was du weißt, aber denk zuvor darüber nach, was du selbst gerade gesagt hast. Ob wir es wissen oder nicht, im Augenblick können wir gar nichts tun. Unser aller Schicksal ruht auf dem Schoße der Unsterblichen.«
»Und dort ist es verflucht ungemütlich«, brummte Seregil.
»Stimmt. Und vielleicht sogar gefährlich. Wir alle sollten in nächster Zeit vorsichtig sein.«
»Ich kann ein Auge auf Alec haben, wenn du willst, aber was ist mit Micum?«
»Unmittelbar, nachdem ihr aus dem Norden zurückgekehrt seid, habe ich euch drei mit einer Reihe Schutzbeschwörungen umgeben. Seit damals hat mehrmals jemand versucht, die um dich und Alec zu durchbrechen, aber …«
»Was?« Eine kalte Lanze der Furcht bohrte sich durch Seregils Brust. »Du hast mir nie …«
»Mich haben diese Versuche in keiner Weise überrascht«, unterbrach Nysander ihn ruhig, »und natürlich sind sie fehlgeschlagen. Die Beschwörungen um euch sind allesamt unversehrt und verhindern, daß man euch mit magischen Mitteln finden kann. Die Beschwörungen, die Micum und seine Familie umgeben, sind bislang unangetastet geblieben.«
»Bei Bilairy! Weißt du, wer es versucht hat?«
»Leider haben die Angreifer sich ähnlich gut abgeschirmt. Ihre Magie ist ziemlich stark, und sie wissen, wie man sich schützt.«
»Das gefällt mir nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht«, murmelte Seregil. »Es gibt andere Wege und Mittel als Magie, um jemanden aufzuspüren. Zur Hölle, Rhal ist doch auch plötzlich aufgetaucht, oder? Woher wissen wir, daß Mardus und seine Schweinehorde nicht ebenfalls schon hier sind? Der arme Alec hatte doch damals keine Ahnung, wie man seine Spuren verwischt.«
»Was auch immer geschieht, du darfst dem Jungen keine Schuld geben«, warnte Nysander.
»Wer hat denn etwas von Schuld gesagt?« Entnervt fuhr sich Seregil mit den Fingern durchs Haar. »In Anbetracht der Umstände hat er verflucht gute Arbeit geleistet. Er hat mir das Leben gerettet. Jetzt ist es an mir, ihn zu beschützen. Und Micum; nach allem was ich nun weiß, empfinde ich es als Gebot der Ehre, ihn so gut wie möglich vorzuwarnen.«
Seregil machte sich auf weiteren Widerspruch gefaßt, doch statt dessen seufzte Nysander nur und nickte. »Na schön, aber erzähl ihm gerade so viel, wie absolut notwendig ist.«
»In Ordnung. Verdammt, die anderen fragen sich gewiß schon, wo wir bleiben.« Seregil erhob sich, um zurück nach oben zu gehen, Nysander aber blieb sitzen.
»Seregil?«
Er wandte sich um und stellte fest, daß der Magier ihn traurig musterte.
»Mein lieber Junge, egal, was die kommenden Tage bringen, ich hoffe du glaubst mir, daß ich weder vorhergesehen habe, daß dies in meine Zeit als Hüter fallen würde, noch
Weitere Kostenlose Bücher