Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
hastig um sie scharten. Um seinen Unterarm war ein blutiger Fetzen gebunden, doch die Verletzung schien ihn in keiner Weise zu behindern.
Einschließlich des Feldwebels zählte Beka fünfzehn Köpfe.
»Wie’s scheint, haben wir uns mächtig überrumpeln lassen«, antwortete sie sarkastisch. »Kommandantin Klia ist alles andere als erfreut darüber, aber sie glaubt, die Erste Turma könnte ihr helfen, die Sache wieder geradezubiegen. Was meint ihr dazu?«
Abermals brauste Jubel auf, in den sich wütende Rufe mischten, wie »Diesen Schweinehunden zahlen wir’s heim!«, »Blut und Stahl!« und »Führt uns an, wie Ihr es heute getan habt, Leutnant, wir folgen Euch!«
Beka ließ sich auf einer Kiste nieder und gebot ihnen mit einer Handbewegung Ruhe. »So wie’s aussieht, müssen zwei Dekurien vorerst reichen. Rhylin, ich ernenne Euch hiermit zum Feldwebel der Zweiten Dekurie. Wen habt Ihr noch übrig?«
Rhylin blickte sich um. »Nikides, Syra, Kursin, Tealah, Jareel und Tare.«
»Braknil, wie steht’s mit der Ersten Dekurie?«
Der Feldwebel deutete auf die beiden erschöpften jungen Männer neben sich. »Bislang nur Arbelus und Gilly.«
»Und wir!« rief Steb, der gerade mit Kallas, Ariani und Mirn ankam.
»Dir fehlt doch ein Auge!« entgegnete Braknil barsch.
»Ich hab’ ja noch eins«, gab Steb zurück, obwohl er unverkennbar heftige Schmerzen litt. »Kommt schon, Feldwebel. Es sind zu wenige von uns übrig, als daß Ihr auf mich verzichten könntet. Ich kann immer noch kämpfen.«
»Na schön«, meinte der Feldwebel schulterzuckend. »Unteroffizier Kallas, seid Ihr unversehrt?«
Kallas, nach wie vor schwer erschüttert vom Tod seines Bruders, nickte grimmig.
»Also haben wir vorerst sieben in jeder Dekurie«, stellte Beka fest, nachdem sie nachgezählt hatte. »Alle, die bei Feldwebel Mercalle waren, treten jetzt mal vor. Tobin, Barius, ihr geht zu Braknils Dekurie. Marten, Kaylah und Zir, ihr bleibt bei Rhylin. Wir haben den Befehl, als Kundschafter in die Hügel zu reiten, sobald wir genügend Pferde und Ausrüstung aufgetrieben haben.«
»Schlechter als die Adler-Truppe können wir’s ja kaum machen«, murmelte Kaylah. Knurrend stimmten ihr einige zu.
»Das ist jetzt egal. Stimmt, die Plenimaraner haben uns heute morgen ganz schön überrumpelt. Es liegt an uns, dafür zu sorgen, daß es ihnen nicht noch einmal gelingt. Wir werden die Nasen in jede Ritze und jedes Loch stecken, bis wir herausgefunden haben, wo sie sich verstecken. Lange können sie so viele Männer und Pferde jetzt nicht mehr verborgen halten, weil wir wissen, was sie im Schilde führen. Feldwebel, kümmert Euch darum, daß jeder ein gutes Pferd, eine Ausrüstung und eine Wochenration bekommt. Und packt auch die Tapperts wieder ein. Vielleicht können wir ja selbst für die eine oder andere Überraschung sorgen. Bei Einbruch der Dunkelheit reiten wir los.«
Beka blieb noch eine Weile sitzen und beobachtete, wie sich der Rest ihres Kommandos eifrig an die Arbeit machte. Die meisten wiesen leichte Verletzungen auf. Wahrscheinlich war es ein Fehler, Steb mitzunehmen, doch wie er gesagt hatte, sie konnten es sich nicht leisten, auf jemanden zu verzichten, der noch zu reiten vermochte.
An einem einzigen Kampftag haben wir zwölf Reiter und zwei Feldwebel verloren, dachte sie, und die Hälfte davon ist tot.
Es war gut, daß sie eine Aufgabe hatten, die sie heute nacht davon abhalten würde, zuviel nachzudenken.
35
Vorbereitungen
Für die Toten der Orëska war ein weißer Leinenpavillon errichtet worden. Als Seregil und Micum am nächsten Morgen daran vorbeigingen, hörten sie leise Gesänge und die Klagelaute derer, die sich bereit erklärt hatten, die Leichname für den Scheiterhaufen oder das Grab vorzubereiten.
Ein Stück weiter lagen die Kadaver der Feinde unter freiem Himmel.
Nach der Kleidung zu schließen, hätte es sich um Arbeiter oder Diebe handeln können, doch die meisten wiesen die Statur und Narben von Soldaten auf. In der Nähe stand ein Nachtmeister-Gespann bereit. Die Leichen würden unbetrauert und unangetastet fortgekarrt und ohne jegliches Zeremoniell verbrannt werden.
»Valerius hat gesagt, daß jeder einzelne von Mardus’ noch lebenden Männern einfach tot umkippte, nachdem der Angriff vorüber war«, sagte Micum, während Seregil und er um die Leichen herumschritten und nach Gesichtern Ausschau hielten, die sie vor all den Monaten in Wolde bei Mardus gesehen hatten. »Glaubst du, der
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