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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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dreieckförmigen Abdruck des Gildenzeichens der Gaukler.
    Erfüllt von grimmiger Befriedigung, wippte Seregil zurück und hockte sich auf die Fersen. »Für mich ist das Beweis genug.«
    »Der Schöpfer sei gnädig! Was, um alles in der Welt, tut ihr denn da?« Es war Darbia, die dunkelhaarige Drysierin, die geholfen hatte, Nysander zu versorgen. Vor Entrüstung knisternd, schritt sie herbei und schlug rasch ein Zeichen der Segnung über die Leiche.
    »Ob Feind oder nicht, ein derart barbarisches Verhalten lasse ich nicht durchgehen«, herrschte sie die beiden an.
    »Das ist keine Entweihung«, versicherte ihr Micum und stand auf. »Dieser Mann und mehrere andere tragen das Zeichen plenimaranischer Spione. Die Königin sollte in Kenntnis davon gesetzt werden, bevor man die Leichen fortschafft.«
    Mit ungebrochen finsterer Miene verschränkte die Drysierin die Arme vor der Brust. »Na schön, ich kümmere mich darum.«
    »Hat Valerius dich geschickt, um uns zu holen?« erkundigte sich Seregil.
    »Ja, Nysander bewegt sich ein wenig.«
    Ohne eine weitere Erklärung abzuwarten, stürmten Seregil und Micum auf den Turm zu.
     
    Magyana saß immer noch in dem Lehnstuhl, in dem sie die Nacht an Nysanders Bett verbracht hatte, immer noch mit der Hand auf seiner Stirn.
    Während Micum sie betrachtete, vermeinte er fast zu spüren, wie sie versuchte, die eigene Energie in den Körper ihrer alten Liebe strömen zu lassen, ihn mit ihrer Lebenskraft zu heilen und zu stärken.
    Micum fand, daß Nysander schlechter als je zuvor aussah. Sein Antlitz glich einer ausdruckslosen, kalkgrauen Maske, die Augen unter den buschigen Brauen waren tief in die Höhlen gesunken. Beim Atmen vermochte die Brust des alten Zauberers kaum, das Laken zu heben, das ihn bedeckte, aber Micum hörte die Luft leise durch seine Kehle rasseln, wie Laub, das über Stein schabt.
    Der Anblick mußte auch Seregil schwer getroffen haben. Micum erkannte einen Hauch Verzweiflung in Seregils Zügen, als dieser sich Nysander näherte, und er wußte, diese Verzweiflung entsprang Seregils innerem Zwiespalt zwischen seiner hingebungsvollen Liebe für den alten Mann und dem drängenden Bedürfnis, soviel wie möglich von ihm zu erfahren, um Alec retten zu können. Seregil spülte nur hastig die Hände am Waschgestell ab, dann kniete er sich neben das Bett und ergriff Nysanders Hand.
    Micum ging hinter Magyanas Stuhl vorbei, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie die Augen des Magiers sich langsam öffneten.
    »Ich habe deine Karte gefunden«, sagte Seregil ohne Umschweife, um keine wertvolle Zeit zu vergeuden.
    »Ja«, murmelte Nysander und nickte matt. »Gut.«
    »Die Säule des Himmels. Yóthgash-horagh. Es ist der Berg Kythes, nicht wahr?«
    Abermals ein schwaches Nicken.
    »Dieser Tempel, den du erwähnt hast, befindet er sich auf dem Berg?«
    »Nein«, erwiderte Nysander.
    »Darunter, unterirdisch?«
    Keine Antwort.
    Seregil beobachtete, ob sich irgend etwas im Antlitz des Verwundeten regte, dann fragte er so ruhig er konnte: »Am Fuß des Berges?«
    Angestrengt erbebte Nysanders Kehle, als er verzweifelt zu sprechen versuchte. Seregil beugte sich dicht hinunter, doch nach ein paar hoffnungslosen Versuchen schlossen sich die Augen des Zauberers.
    Eine Weile stützte Seregil die Stirn auf die krampfhaft geballten Fäuste. Von seinem Standort aus konnte Micum Magyanas Gesicht nicht sehen, aber ihre Hand zitterte, als die Magierin sie ausstreckte und Seregils Schulter ergriff. »Er ist wieder tief in sein Innerstes versunken. Ich weiß, wie dringend du mit ihm sprechen mußt, aber er ist einfach noch zu schwach.«
    »Hast du bei seinem letzten Versuch etwas verstanden?« fragte Micum, der sich weigerte, alle Hoffnung fahren zu lassen.
    Seregil, der immer noch am Bett kniete, schüttelte zweifelnd den Kopf. »Er wollte mir irgend etwas sagen. Es klang wie ›gebt uns‹ oder ›legt uns‹, aber es war so leise, daß ich nicht sicher sein kann.«
    Magyana beugte sich vor, ergriff abermals seine Schulter, diesmal fester, und drehte ihn herum, so daß er sie ansah. »Leitus? Könnte es der Name Leitus gewesen sein?«
    Überrascht schaute Seregil zu ihr auf. »Ja! Ja, das könnte es geheißen haben. Und ich habe diesen Namen schon irgendwo gehört …«
    Magyana faltete die Hände über dem Herzen. »Leitus í Marineus ist Astrologe und ein Freund von Nysander! Sie fragen einander schon seit über einem Jahr wegen irgend eines Kometen um Rat.«
    Seregil sprang auf die

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