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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Dyrmagnos war dafür verantwortlich?«
    »Wahrscheinlich«, antwortete Seregil. Er trug immer noch die geliehenen, viel zu großen Kleider und sah aus, als hätte er eine Woche lang nicht geschlafen. Micum wußte, daß er die ganze Nacht an Nysanders Bett gewacht hatte. Das hatten sie beide.
    »Aber ich bezweifle, daß sie all ihre eigenen Leute getötet haben«, fuhr Seregil fort und nahm einen zerlumpten, einhändigen Bettler näher in Augenschein. »Ist dir aufgefallen, daß sich niemand daran erinnert, gesehen zu haben, wie Mardus und die Totenbeschwörer verschwunden sind? Außer Hwerlu vielleicht. Er hat irgend etwas von einer riesigen, dunklen Gestalt erzählt, die über dem Haus aufstieg, als er darauf zurannte. Als er hier ankam, war bereits alles vorbei, also könnte das Mardus’ Abgang gewesen sein. Ein Dyrmagnos könnte durchaus über solche Macht verfügen.«
    Micum spürte, wie ihm ein unangenehmer, kalter Schauder über den Rücken kroch. »Dann hoffen wir, daß wir diesem Wesen nie über den Weg laufen. Mit etwas, das Nysander umzuhauen vermag und danach wie eine Fledermaus davonfliegt, möchte ich mich lieber nicht anlegen.«
    Ein dunkelhäutiger Mann mit einer Narbe in der Unterlippe sprang ihm ins Auge. »Den kenne ich. Das ist einer von Hauptmann Tildus’ Leuten«, sagte Micum und zeigte ihn Seregil. »Ich hab’ ein paarmal im Pony in Wolde mit ihm getrunken. Er ist einer von denen, die Alec angepöbelt haben.«
    »Ich sehe da auch einen alten Freund.« Seregil schaute auf einen schlaksigen, knochigen Mann mit einem schmutzigen Lederwams hinunter. »Farin, der Fisch, ein Torläufer, der seit etwa einem Monat als vermißt gilt. Tym hat ihn mir gegenüber erwähnt, bevor er selbst verschwunden ist. Von den anderen kenne ich keinen. Wahrscheinlich allesamt plenimaranische Soldaten und eigens eingeschmuggelte Spione.« Während er mit gerunzelter Stirn auf die Toten starrte, klopfte er sich mit dem langen Zeigefinger ans Kinn. »Erinnerst du dich noch, daß ich damals, in der Nacht, als ich Alec zum ersten Mal traf, in Asengais Verlies mit einem Gaukler zusammengekracht bin?«
    »Die plenimaranische Gilde der Meuchelmörder, meinst du?«
    »Ja.« Seregil deutete mit dem Daumen auf die Leichen. »Was willst du wetten, daß der eine oder andere dieser Burschen ein Gildenzeichen trägt?«
    Angewidert verzog Micum das Gesicht. »Schätze, es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Wie sieht diese Tätowierung aus?«
    »Drei kleine, blaue Punkte, die ein Dreieck bilden. Für gewöhnlich haben sie es in den Achselhöhlen«, erklärte Seregil und fügte mit einem süßsauren Lächeln hinzu: »Hier ist es zumindest besser als im Leichenhaus.«
    Doch selbst in der duftenden Kühle der Orëska-Gärten stellte sich das Unterfangen als höchst unangenehme Aufgabe heraus.
    Nachdem Micum an einigen Kleidern und kalten, steifen Armen gezerrt hatte, fand er zwar keine Tätowierungen, aber zwei Männer wiesen unter den Armen verdächtige Narben auf, deren Größe etwa der einer Mark-Münze entsprach. Das verheilte Gewebe war noch rosa und wirkte neu.
    »Ich glaube, ich habe hier etwas«, sagte er.
    Seregil kam herüber, um einen Blick darauf zu werfen und nickte. »Da drüben liegen noch drei mit genau den gleichen Malen. Diese Narben stammen weder von einer Verbrennung noch von einer Stichverletzung; die Haut wurde absichtlich abgeschabt. Und ich bin sicher, wenn es schon kein Gauklerzeichen war, das herausgeschnitten wurde, dann etwas Ähnliches.«
    »Dieser Mardus ist ein gerissener Mistkerl«, stellte Micum mit widerwilliger Bewunderung fest. »Er wollte kein Wagnis eingehen. Obwohl wir das jetzt natürlich nicht beweisen können.«
    Seregil betrachtete die Narbe eingehend. »Weißt du, ich habe gehört, daß diese Tätowierungen ziemlich tief reichen. Was meinst du?«
    Micum seufzte. »Einen Versuch ist es wert, solange uns kein Drysier dabei erwischt.«
    Seregil zauberte eine dünne, rasiermesserscharfe Klinge aus dem Gürtelsaum, spannte mit zwei Fingern die Haut zu beiden Seiten des Mals und schlitzte die oberste Schicht der Narbe weg. Nachdem er den Hautlappen zurückgeklappt hatte, betrachteten Micum und er das bläuliche Fleisch darunter.
    »Erkennst du etwas?« fragte Micum.
    »Nein, bei dem hier müssen sie tief geschnitten haben. Versuchen wir’s mit einem anderen.«
    Der zweite Anlauf erwies sich als erfolgreicher. Diesmal schabte Seregil die Haut behutsam ab und entdeckte darunter den blassen,

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