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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Beine und begann, den Fußboden rings um Nysanders Kamin abzusuchen. Schließlich bückte er sich und zog ein Buch unter einem Lehnstuhl hervor.
    »Mir ist gestern aufgefallen, daß dieses Buch hier aufgeschlagen neben seinem Sessel lag«, erklärte er und reichte es Magyana.
    Sie öffnete es, und Micum sah, daß es voller Tabellen und merkwürdiger Symbole war.
    »Ja«, sagte sie, »das ist eines von Leitus’ Büchern.«
    »Hast du je das Wort ›synodisch‹ gehört?« fragte Seregil sie mit wachsender Erregung.
    »Ich glaube, es bezieht sich auf die Bewegungen von Sternen und Planeten.«
    Überrascht schaute Micum die Magierin an. »Du meinst, Nysander wollte uns wirklich zu diesem Astrologen schicken?«
    »Anscheinend.«
    »›An einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit.‹ Das hat er gestern gesagt«, erinnerte Seregil die beiden. »Ein synodisches Ereignis, wie die Ankunft dieses Kometen. Es muß irgend etwas damit zu tun haben, was Mardus im Schilde führt.«
    Er beugte sich vor, um die Hand auf Nysanders fahle Wange zu legen. »Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst«, sprach er sanft, »aber falls doch, ich gehe zu Leitus. Hörst du, Nysander? Ich werde mit Leitus reden.«
    Nysander ließ keine Regung erkennen. Traurig strich Seregil eine zerzauste Strähne aus der Stirn des alten Mannes. »Schon gut. Ich bin der Führer. Überlaß es vorerst einfach mir.«
     
    Draußen, vor den Mauern der Orëska, war ein verfrühter Frühlingssturm aufgezogen, fegte die Wolken vom Himmel und wirbelte Laub und Staubschwaden auf.
    Sie ritten durch das Ernte-Tor hinaus in Richtung Norden, dann verließen sie die Hochstraße und schlugen einen kleineren Pfad ein, der sich die Klippen entlangwand.
    Die bescheidene, ummauerte Villa des Astrologen befand sich auf einer über das Meer ragenden Landspitze. Darüber schwebten anmutig Möwen am morgendlichen Himmel.
    Das Hoftor erwies sich als fest verschlossen, doch bald öffnete ein Bediensteter auf Micums beharrliches Klopfen hin.
    »Mein Meister ist nicht daran gewöhnt, zu so früher Stunde Besucher zu empfangen«, teilte ihnen der Mann barsch mit und musterte Seregils ungekämmtes Erscheinungsbild und den schlecht sitzenden Mantel mit unverhohlenem Mißtrauen.
    »Wir sind in einer Angelegenheit hier, die für deinen Meister von größter Bedeutung ist«, erwiderte Seregil, wobei er auf seinen überheblichsten Tonfall zurückgriff. »Sag ihm, daß Lord Seregil í Korit Solun Meringil Bôkthersa und Sir Micum von Cavish, Ritter von Watermead, ihn unverzüglich wegen etwas sprechen müssen, das seinen Freund Nysander, Hoher Thaumaturge des Orëska-Hauses, betrifft.«
    Von diesem Titelschwall gehörig eingeschüchtert, willigte der Mann ein, sie in ein kleines Wohnzimmer zu führen, das auf das Meer hinauswies, während er losging, um mit seinem Meister zu reden.
    »Prophezeiungen und Astrologen«, brummte Micum und ging in der winzigen Kammer auf und ab. »Alec wurde von wahnsinnigen, Menschen abschlachtenden Dreckskerlen entführt, und wir hocken hier herum und weben Segel aus Rauch!«
    »Da ist mehr dran. Ich spüre es.« Seregil setzte sich auf eine Bank am Fenster, stützte einen Ellbogen auf das Fensterbrett und schaute hinaus.
    Der Umstand, daß Seregil wieder einen Strohhalm hatte, an den er sich klammern konnte, selbst einen so dünnen wie diesen, schien seine innere Ruhe wiederhergestellt zu haben, die er brauchte, um seine volle Leistung zu entfalten. Nach all den Schrecken des Vortags fragte sich Micum allerdings, ob er nicht ein wenig zu ruhig wirkte.
    Und was, wenn dieser Astrologe doch nicht alle Antworten kennt?
    »Wie hat Kari aufgenommen, daß du einfach so davonmarschiert bist?«
    Micum zuckte mit den Schultern. »Sie ist seit fast vier Monaten schwanger, Beka steckt irgendwo in den schlimmsten Kriegswirren, und ich gehe wieder mit dir auf Achse. Ich habe ihr geschworen, zurück zu sein, bevor das Kind fällig ist.«
    Ohne den Blick vom Fenster abzuwenden, sagte Seregil leise: »Du weißt, daß du nicht mitkommen mußt. Prophezeiung hin, Prophezeiung her, die Entscheidung liegt immer noch bei dir.«
    »Red keinen Schwachsinn. Natürlich komme ich mit«, gab Micum unwirsch zurück.
    »Ich habe meine Entscheidung getroffen, und zu der stehe ich«, fuhr er fort und setzte sich neben Seregil. »Obwohl ich gestehen muß, daß mir die Sache ganz und gar nicht gefällt. Nysander hat von einer Vierergruppe gesprochen, und hier hocken wir nun, vermindert auf

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