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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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daß der Wind endlich abflaute.
     
    Kurz vor dem Morgengrauen klopfte jemand an Ekrids Tür und weckte das gesamte Haus auf.
    »Kommt zum Rathaus!« brüllte draußen eine Stimme. »Etwas Entsetzliches ist geschehen. Kommt schnell!«
    Seregil kämpfte sich aus einem Gewirr von Armen und Beinen frei, schlüpfte in seine Kleider und rannte mit den anderen zum Rathaus.
    Das fahle, frühmorgendliche Licht ließ den Schnee blau, die Türme schwarz erscheinen. Als sich Seregil mit den Schneeschuhen durch den kristallenen Pulverschnee mühte, erkannte er das Dorf beinahe nicht wieder. Der Sturm hatte die Türme bis zu den Türschwellen vergraben, so daß der verbleibende Teil wie eine gewöhnliche, schneebestäubte Hütte wirkte.
    Er drängte sich durch die vor dem Rathaus versammelte Menschenmenge und hastete hinunter in den Versammlungsraum.
    Das Hauptfeuer war entfacht worden, und daneben kauerte eine Frau, die er noch nie gesehen hatte. Umringt von einem Kreis schweigender Gesichter mit weit aufgerissenen Augen preßte sie ein winziges Bündel an die Brust und schluchzte heiser. Retaks Frau kniete sich neben sie und schlug behutsam die Decke zurück. In dem Bündel lag ein toter Säugling. Mit von Frostbeulen überzogenen Händen drückte die Fremde das Kleinkind verzweifelt an sich.
    »Was ist passiert?« fragte Seregil und drängte sich neben Retak.
    Traurig schüttelte er den Kopf. »Ich weiß es nicht. Sie kam erst vor kurzem ins Dorf gewankt, und seither konnte ihr niemand einen zusammenhängenden Satz entlocken.«
    »Das ist Vara, die Base meines Mannes aus Torguds Dorf!« rief eine Frau und bahnte sich einen Weg durch die Menge. »Vara, Vara! Was ist denn passiert?«
    Die Frau schaute auf, dann stürzte sie in die Arme ihrer Verwandten.
    »Fremde!« kreischte sie. »Sie kamen während des Sturms. Sie haben unsere Gastfreundschaft ausgeschlagen und den Häuptling samt seiner Familie getötet. Und auch andere, viele andere, meinen Mann, meine Kinder – meine Kinder!«
    Sie warf den Kopf zurück und stieß einen qualvollen Schrei aus. Die Umstehenden hielten den Atem an, begannen zu tuscheln und schauten zu Retak.
    »Aber warum?« erkundigte dieser sich sanft und beugte sich über sie. »Wer sind diese Fremden? Was wollten sie?«
    Vara bedeckte die Augen und krümmte sich zusammen. Seregil kniete sich nieder und legte ihr eine Hand auf die bebende Schulter.
    »Haben sie nach dem Hort des Geistes gesucht?«
    Stumm nickte die Frau.
    »Aber sie haben die Einladung zum Festessen ausgeschlagen«, fuhr er mit einfühlsamer Stimme fort und spürte, wie sich ein kalter Knoten in seiner Magengrube bildete. »Sie haben das Dorf beleidigt, also wolltet ihr nichts mit ihnen zu tun haben.«
    »Ja«, flüsterte Vara.
    »Und als das Töten begann, habt ihr es ihnen da verraten?«
    Tränen quollen aus Varas Augen und rannen ihr die Wangen hinab. »Partis hat es ihnen gesagt, nachdem sie seine Frau getötet hatten«, schluchzte sie leise. »Er hat ihnen von Timan und seiner Sippe erzählt, weil er dachte, dann würde das Morden aufhören. Aber es hat nicht aufgehört. Einige von denen haben gelacht, während sie uns töteten. Ich konnte ihre Zähne durch die Bärte schimmern sehen. Sie haben gelacht und gelacht und …«
    Die Arme immer noch krampfhaft um ihr totes Kind geschlossen, brach sie bewußtlos zusammen.
    Ein paar Frauen trugen sie zu einer Pritsche an der Wand.
    »Wer sollte so etwas tun?« fragte Retak bestürzt.
    »Plenimaranische Marinesoldaten«, knurrte Seregil, woraufhin sich alle Augen auf ihn hefteten. »Diese Männer sind Feinde, sowohl meine als auch eure. Sie suchen das Böse, das im Hort eures Geistes haust. Wenn sie es finden, werden sie ihm huldigen und ihm Menschenopfer darbringen.«
    »Was können wir nur tun?« stieß eine Frau hervor.
    »Sie werden hierherkommen!« rief ein Mann zornig. »Partis hat sie uns ja geradezu auf den Hals gehetzt.«
    »Besitzt ihr Waffen?« erkundigte sich Seregil über den anschwellenden Tumult hinweg.
    »Nur Wolfsspeere und Häutmesser. Wie sollen wir damit gegen solche Männer kämpfen?«
    »Du bist doch ein Zauberer!« meinte Ekrid. »Kannst du sie nicht mit deiner Magie vernichten?«
    Umringt von einem Kreis erwartungsvoller Gesichter, sog Seregil scharf die Luft ein. »Ihr alle habt gesehen, welcher Natur meine Magie ist. Ich kenne keine Zaubersprüche, um Menschen zu töten.«
    Er wartete eine Weile, während sich Enttäuschung unter der Menge ausbreitete, dann fügte

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