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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Nacht, umschlungen von zwei von Ekrids Töchtern, ausgestreckt auf dem Bett lag, starrte er zu den Dachsparren hinauf und beschloß, daß sein Appetit auf Frauen für einige Zeit gestillt sei. Als er sich rastlos zwischen ihren nach Moschus riechenden Leibern hin und her wand, bemerkte er eine leichte Bewegung in der anderen Ecke der Kammer, wo Ekrids Söhne schliefen. Einer von ihnen hatte ihn vorigen Abend mit sehnsüchtigem Blick betrachtet … Er ließ sich die Möglichkeit einen Augenblick durch den Kopf gehen, dann jedoch kam er mürrisch zu dem Schluß, daß in dieser Richtung auch keine Aussicht auf Befriedigung zu erwarten war. Der junge Mann roch genauso streng nach Ziegentalg und alten Fellen wie seine Schwestern, zudem fehlte ihm ein Schneidezahn.
    Er legte sich zurück und gab sich der Sehnsucht nach seinem eigenen, sauberen Bett und einem frisch gebadeten Gefährten hin, der es mit ihm teilte. Zu seiner Überraschung verwandelte sich die gesichtslose Gestalt alsbald in Alec.
    Vater, Bruder, Freund und Geliebter, hatte Illiors Orakel in jener Nacht in Rhíminee gesagt.
    Er nahm an, daß er Alec in gewisser Weise Vater und Bruder gewesen war, seit er ihn nach ihrer Flucht aus Asengais Verlies mehr oder weniger bei sich aufgenommen hatte. Freudlos lächelte Seregil in die Dunkelheit; es war das Mindeste gewesen, das er tun konnte, wenn man bedachte, daß Alec einer von Dutzenden Unschuldigen gewesen war, die Asengais Männer im Zuge ihrer Jagd auf Seregil gefangengenommen und gefoltert hatten. In den Monaten seither waren sie zweifellos Freunde geworden, wahrscheinlich sogar mehr als Freunde.
    Aber Geliebte?
    Diese Möglichkeit hatte Seregil stets beharrlich aus seinen Gedanken verbannt und sich immer wieder eingeredet, daß Alec zu jung, zu sehr dalnisch geprägt und ein zu wertvoller Gefährte sei, um das Wagnis einzugehen, ihn wegen etwas so Belanglosem wie körperlicher Liebe zu verlieren.
    Und dennoch – während er erschöpft zwischen Ekrids Töchtern lag, spürte er schuldbewußt, wie Erregung seine Lenden durchflutete, als er an Alecs schlanken Körper, seine dunkelblauen Augen, sein verführerisches Lächeln und sein krauses, seidiges Haar dachte.
    Warst du in deinem Leben nicht schon oft genug hoffnungslos in jemanden vernarrt? schalt er sich. Er rollte sich auf den Bauch, lenkte die Gedanken auf das Palimpsest und ging neuerlich die geheimnisvollen Wendungen durch.
    Kristallhörner unter Steinhörnern. Stein in Eis in Stein in Eis.
    Sosehr er sich auch bemühte, er schien den Worten einfach keine weitere Bedeutung abringen zu können. Langsam wiederholte er den Text in seiner ursprünglichen, dravnischen Form, dann übersetzte er ihn ins Konische, Skalanische und Aurënfaieische, nur um ganz sicher zu gehen.
    Nichts.
    Noch mal von vorn, dachte er. Du übersiehst etwas. Denk nach!
    Danach folgte die Wegbeschreibung zur Kammer. Davor kam das prophetische Kauderwelsch; zuerst die tanzenden Tiere, dann die Knochen und die seltsamen Laute des Schlüssels, der das Geheimnis enträtselte …
    »Bei Illiors Augen!«
    Eines der Mädchen regte sich im Schlaf und streichelte ihm mit der Hand über den Rücken. Seregil zwang sich, trotz seines aufgeregt pochenden Herzens stillzuliegen.
    Die Wendung! Die Wendung selbst!
    Diese fremdartigen, in der Kehle kratzenden Laute. Wenn sie der Schlüssel zu dem Palimpsest waren, weshalb dann nicht auch zur Magie der Kammer?
    Doch vorausgesetzt, er hatte recht, ergaben sich daraus weitere Fragen. Wenn die Laute lediglich ein magisches Losungswort darstellten, konnte er sie vermutlich anwenden, ohne sich oder sonst jemanden in Gefahr zu bringen. Wenn sie jedoch einen tiefschürfenderen Zauber bewirkten, was dann? Natürlich konnte er auf der Stelle mit dem zu Nysander zurückkehren, was er bereits wußte. Aber womöglich bahnten die Plenimaraner sich just in diesem Augenblick einen Pfad zum Tal herauf, und Nysander würde bestimmt noch zu erschöpft von dem ersten Ortswechselzauber sein, um Seregil oder jemand anders sofort wieder herzuschicken. Es sei denn, er bediente sich der Hilfe eines zuverlässigen Zauberers, um einen möglichen Fehlschlag auszuschließen – Magyanas vielleicht, oder Theros.
    Zur Hölle damit! Ich bin nicht so weit gekommen, um nun jemand anders das Rätsel lösen zu lassen. Beim ersten Tageslicht breche ich morgen noch einmal zu dem Paß auf, Lawinen hin, Lawinen her.
    Als er zufrieden in den Schlaf hinüberglitt, bekam er gerade noch mit,

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