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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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dünnen Leder. Stirnrunzelnd betastete er sie. »Was ist das? Ein Verband?«
    »Alles in Ordnung, nur ein paar Kratzer.« Seregil streifte die Handschuhe ab und zeigte ihm die dünnen Leinenstreifen um beide Handflächen. »Und was ist mit dir?« Er drehte Alecs linke Handfläche nach oben und betrachtete den Schorf, der sich dort gebildet hatte.
    »Ich habe mich geschnitten, als ich in der Nacht damals über eine Mauer geklettert bin«, erklärte Alec und nahm Seregils offensichtliches Ausweichmanöver widerspruchslos hin, da er wußte, daß jegliches Weiterbohren vergeblich wäre. »Danach hat mich auf dem Heimweg jemand verfolgt, aber ich kam gut aus der Sache raus.«
    »Irgendeine Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«
    »Wahrscheinlich Straßenräuber. Ich hab’ sie nicht richtig gesehen.«
    »Für wie viele steht denn dieses ›sie‹?«
    »Drei, glaube ich. Aber ich war zu sehr damit beschäftigt, davonzurennen, um sie zu zählen.«
    »Laß hören.«
    Alec sank auf einen Stuhl am Feuer und begann mit einem mehrmals geübten und etwas ausgeschmückten Bericht seiner Flucht durch die Silbermondstraße.
    »Es war ein schlauer Zug, kurzerhand Schutz bei der Palastwache zu suchen«, meinte Seregil dazu, nachdem Alec geendet hatte. »Und da wir gerade vom Palast reden, ich habe etwas für dich – ich glaube ein kleines Dankeschön von der Königin und Klia.«
    Er holte einen kleinen Beutel aus dem Mantel hervor und warf ihn Alec zu. Als der Junge ihn öffnete, fand er darin eine schwere, silberne Umhangbrosche in Form eines Kranzes blätterbesetzter Zweige um einen dunkelblauen Stein.
    »Silberblätter.« Alec lächelte dünn, während er das Schmuckstück betrachtete. »Als ich Klia droben in Cirna zum ersten Mal traf, nannte ich mich Aren Silberblatt.«
    »Das ist ein schöner Stein«, bemerkte Seregil, der über die Schulter einen Blick auf das Juwel warf. »Dafür könntest du ein gutes Pferd bekommen, sollte es je nötig sein. Laß nur nicht durchsickern, woher er stammt oder wofür du ihn bekommen hast. Schließlich haben wir ein geheimes Doppelleben zu wahren.«
     
    Illia Cavish stürmte kurz nach Mittag wie ein kleiner, glücklicher Wirbelwind in den Saal. »Onkel Seregil! Alec! Wir sind da!«
    Von der Musikantengalerie aus beobachtete Seregil, wie sie überschwenglich auf Alec zustürzte, der gerade aus dem Eßzimmer kam.
    »Heuer kann ich aufbleiben und bei der Feier dabeisein, weil ich jetzt sechs bin«, verkündete sie und fiel Alec aufgeregt um den Hals. »Und ich habe neue Schuhe und ein richtiges Kleid mit einem langen Rock und zwei Unterröcken und … Wo ist Onkel Seregil?«
    »Schon unterwegs!« rief der Gesuchte. Er eilte die steile, schmale Treppe von der Galerie hinunter, schritt durch den Saal auf sie zu und verlangte, ebenfalls umarmt zu werden. »Bist du den ganzen Weg von Watermead allein geritten, kleines Fräulein?«
    Illia zog ein langes Gesicht. »Mutter ist immer noch übel wegen des Babys, deshalb mußte sie mit Arna und Eulis in einem Karren fahren. Vater und Elsbet und ich, wir mußten ganz langsam reiten. Aber als wir in eure Straße gekommen sind, hat er mich vorausgaloppieren lassen. Ich bin der Vorsoldat!«
    »Ich glaube, du meinst die Vorhut«, verbesserte Alec das kleine Mädchen lächelnd.
    »Hab’ ich doch gesagt, Dummerchen. Dürfen Elsbet und ich im Zimmer neben dir schlafen, Onkel? In dem mit dem drachenförmigen Bett und den an die Wand gemalten Frauen?«
    »Selbstverständlich dürft ihr, solange du nicht wieder herausspringst und die Gäste erschreckst, nachdem du ins Bett geschickt worden bist, so wie letztes Jahr.«
    »Ach, dafür bin ich jetzt schon viel zu alt«, versicherte ihm Illia und schleifte ihn und Alec an der Hand zur Tür. »Kommt mit jetzt. Inzwischen müssen Vater und Mutter auch schon da sein.«
    In der Radstraße herrschte reger Verkehr, dennoch erspähte Seregil auf Anhieb Micums kupferfarbenen Schopf, der durch die Menge auf ihn zuhüpfte. Dicht hinter ihm folgten seine zweitgeborene Tochter und ein geschlossener Karren, den zwei Dienstmädchen lenkten. Die alte Arna erblickte ihn und winkte.
    »Wie ich sehe, hat Illia euch gefunden«, meinte Micum grinsend, als er und seine Familie vor dem Haus abstiegen.
    Seregil umarmte zunächst seinen alten Freund, dann die dunkelhaarige, schüchterne Elsbet in ihrem blauen Reitgewand. »Ihr kommt gerade rechtzeitig. Alec hat schon die ganze Arbeit erledigt.«
    »Hätte ich reiten können, wären wir früher

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