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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Bei euch gibt es solche Probleme vermutlich nicht.«
    »Bei uns kann man jemandem die Zähne ausschlagen, ohne damit gleich einen Krieg anzuzetteln«, schnaubte Beka.
    »Was muss Skala für ein Land sein«, murmelte Nyal kopfschüttelnd.
    Aus den Augenwinkeln sah Alec eine Bewegung und verlangsamte seine Schritte, während er in die Finsternis zwischen den Pfeilern starrte. Vielleicht hatten die Haman doch nicht so einfach aufgegeben. Kurz drang ihm ein fremdartiger Geruch, würzig und moschusartig, in die Nase, dann war auch dieser wieder fort.
    »Was ist?«, fragte Beka leise.
    »Nichts«, antwortete er, obwohl seine Instinkte etwas anderes behaupteten.
    Draußen hatte der Regen weiter zugenommen. Nebelschwaden verbanden die Wolken mit den Dächern der Häuser.
    »Vielleicht solltet Ihr mit uns zurückreiten«, schlug Kheeta vor.
    »Das denke ich auch«, stimmte Beka zu, ergriff die dargebotene Hand des Bôkthersa und schwang sich mühelos hinter ihm auf den Rücken des Pferdes.
    Alec löste seinen Fuß aus einem Steigbügel, um Nyal aufsteigen zu lassen. Der Ra’basi wollte gerade seine ausgestreckte Hand ergreifen, als er innehielt und den Talisman an Alecs Handgelenk musterte. Der kleine Vogel hatte sich schwarz verfärbt.
    »Was ist mit ihm geschehen?«, fragte Alec und starrte ihn überrascht an. Ein kleiner Riss, den er zuvor nicht bemerkt hatte, verunstaltete die Spitze eines Flügels.
    »Das ist ein Talisman, der vor Übel warnen soll. Emiel will Euch Böses«, erklärte Nyal.
    »Eine Vergeudung wertvoller Magie, wenn Ihr mich fragt«, knurrte Kheeta. »Um im Herzen dieses Haman zu lesen, braucht es jedenfalls keine Magie.«
    Alec zog seinen Dolch hervor, um den Talisman abzuschneiden und ins Gebüsch zu werfen.
    »Nicht«, sagte Nyal und hielt seine Hand fest. »Solange die Knoten nicht zerstört sind, kann er wieder gerichtet werden.«
    »Ich will nicht, dass Seregil das sieht. Er wird wissen, dass etwas vorgefallen ist, und ich hasse es, ihn zu belügen.«
    »Dann gebt ihn mir«, bot der Ra’basi an. »Ich werde einen Akhendi bitten, ihn in Ordnung zu bringen.«
    Alec löste die Verschnürung und reichte ihm den Talisman. »Ich will Euer Wort darauf, dass Seregil nichts von dieser Geschichte erfährt. Er hat genug eigene Sorgen.«
    »Seid Ihr sicher, dass das eine kluge Entscheidung ist, Alec?«, fragte Kheeta. »Er ist kein Kind mehr.«
    »Nein, aber er hat ein hitziges Gemüt. Der Haman hat mich gekränkt, um ihn zu treffen, und ich werde da nicht mitspielen.«
    »Ich bin nicht ganz überzeugt«, sagte Beka, die nun eher besorgt als wütend schien. »Halte dich von ihnen fern, besonders, wenn du allein bist. Das gerade war nicht nur ein Sturm im Wasserglas.«
    »Keine Sorge«, erwiderte Alec und zwang sich zu einem Grinsen. »Wenn es eines gibt, das ich von Seregil gelernt habe, dann, wie man anderen Leuten aus dem Weg geht.«

 
14
Mysterien
     
     
    Thero neidete Beka die Kopfschmerzen, die sie von den Dienstverpflichtungen des Tages befreit hatten. Während die Verhandlungen sich voranschleppten, wurde der Zauberer immer ruheloser. Die meisten Reden dieses Tages waren nichts weiter als hohle Selbstdarstellungen, um sich bei dem einen oder anderen potenziellen Verbündeten lieb Kind zu machen. Geschichten und Tragödien, die schon Jahrhunderte zurücklagen, machten nun wieder die Runde und wurden emsig diskutiert. Offensichtlich war es auch keine Schande, in der Zwischenzeit ein Nickerchen zu machen; einige der Zuschauer oben auf der Galerie schnarchten vernehmlich.
    Bald nach der Mittagsstunde ging ein Gewitter über der Stadt nieder und zwang den Iia’sidra, von nun an im Licht von Lampen zu tagen. Kalter Wind fegte zum Fenster herein und trug Regen und Laub mit sich. Immer wieder ging die Stimme des jeweiligen Sprechers im Donnergrollen unter.
    Das Kinn auf die Hand gestützt, beobachtete Thero die Blitze, deren Licht sich im strömenden Regen spiegelte, der draußen niederprasselte. Der Anblick erinnerte ihn an die Zeit seiner Ausbildung in Nysanders Turm. So manches Mal hatte er an warmen Sommerabenden am Fenster seines Zimmers gesessen, die Blitze über dem Hafen beobachtet und sich gewünscht, diese Energie einzufangen und eigenhändig zu kanalisieren. Etwas zu beherrschen, das einen Menschen innerhalb eines einzigen Augenblicks vernichten konnte – dieser Gedanke hatte seinen Puls zum Rasen gebracht. Eines Tages hatte er nicht mehr an sich halten können und Nysander von seiner Idee

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