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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Autoren: Lynn Flewelling
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genug aufgehalten, und Thero kann es kaum erwarten, Euch zu sehen. Im Obergeschoss ist ein Zimmer für Euch vorbereitet worden. Dabei fällt mir ein, ich habe mir die Freiheit genommen, Euren Diener in der Radstraße zu bitten, Euch einige lebensnotwendige Dinge zu schicken. Beka sagte, Ihr hättet dort oben in Eurer Zufluchtsstätte ein eher einfaches Leben geführt.« Mit scherzhaftem Blick auf ihre schlammverkrusteten Kleider setzte sie hinzu: »Wie ich sehe, hat sie eher untertrieben.«
     
    Sarikali, Herz des Juwels.
    Alec wiederholte den magischen Namen im Stillen, als er und Seregil die Stufen hinaufkletterten. Er hatte Klias Worten aufmerksam gelauscht, aber dieses eine Detail und Seregils schockiertes Gemurmel hatten sein Vorstellungsvermögen mit Beschlag belegt.
    Soweit Alec sich erinnern konnte, hatten sie nur ein einziges Mal über Sarikali gesprochen. »Das ist magischer Boden, Alec. Der heiligste Ort, den du dir vorstellen kannst«, hatte Seregil ihm in der Finsternis einer langen Winternacht erzählt. »Eine verlassene Stadt, älter als die Faie selbst; das lebendige Herz von Aurënen. Der Legende nach, hat die Sonne das Herz des ersten Drachen mit einem goldenen Speer durchbohrt, und als er über Aurënen flog, fielen elf Tropfen Blut aus der Wunde in seiner Brust, aus denen die Faie entstanden. In einigen Erzählungen heißt es, Aura hätte Mitleid mit dem sterbenden Drachen gehabt und ihn unter der Stadt in einen tiefen Schlaf versetzt, bis er wieder gesund wäre und aufwachen würde.«
    Alec hatte diese Geschichte beinahe vergessen, aber nun tanzten Hunderte von Bildern vor seinem geistigen Auge wie die ersten Faie, die der Legende nach dem Blut des Drachen entsprungen waren.
    Im ersten Schlafgemach im Obergeschoss entdeckten sie Thero, der an einem kleinen Tisch saß und arbeitete. Von ihnen dreien hatte der Zauberer sich am meisten verändert. Der unordentliche schwarze Bart war fort, und sein lockiges Haar hatte er zu einem kurzen Zopf gebunden. Sein schmales Gesicht war inzwischen etwas voller geworden, und er hatte die frühere Gelehrten-Blässe abgelegt. Seine gewohnte Zurückhaltung war noch immer spürbar, aber ein Funken Wärme in seinen fahlgrünen Augen ließ seine hageren Züge weniger streng erscheinen. Er hatte sogar seine tadellose Robe gegen schlichte Reisekleider eingetauscht, wie Nysander sie stets bevorzugt hatte.
    Es steht ihm, dachte Alec. Während jener finsteren Tage ihrer Gefangenschaft in Plenimar hatte er dann und wann einen kurzen Blick auf diese Seite des Mannes erhaschen können, und er war froh, dass Magyana einen Weg gefunden hatte, sie zu kultivieren. Vielleicht war jenes Mitgefühl, von dem Nysander immer gehofft hatte, es würde sich zeigen, um Theros mächtiges Potenzial auszubalancieren, endlich ans Licht getreten.
    Seregil schüttelte ihm als Erster die Hand. Einen Augenblick standen sie Auge in Auge da und starrten einander wortlos an. Die Rivalität, die so viele Jahre zwischen ihnen gestanden hatte, war mit Nysander gestorben; was diese Lücke füllen würde, blieb abzuwarten.
    »Du siehst gut aus«, sagte Seregil schließlich.
    »Magyana ist eine bemerkenswerte Lehrmeisterin. Und der Krieg …« Thero zuckte vielsagend die Achseln. »Na ja, es ist ein harter, aber wirkungsvoller Nährboden zum Lernen.« Lächelnd wandte er sich Alec zu. »Inzwischen reite ich wie ein Soldat, könnt ihr euch das vorstellen? Ich werde nicht einmal mehr seekrank.«
    »Ein wahrer Glücksfall, angesichts der bevorstehenden Reise über das Osiat-Meer zu dieser Jahreszeit.«
    »Klia sagte, du hättest weitere Informationen bezüglich meiner Rückkehr?«, fragte Seregil.
    »Ja.« Theros Lächeln erstarb. »Der Iia’sidra hat Bedingungen gestellt.«
    »So?«
    »Wie du weißt, wurde die Verbannung nicht aufgehoben«, entgegnete Thero energisch, was ohne Zweifel sein Unbehagen verbergen sollte. »Deine Einreise wurde auf Bitte der Königin per Sondererlass gestattet.«
    »Das ist mir bewusst.« Seregil setzte sich auf die Bettkante und faltete seine Hände um ein angezogenes Knie. »Und wie soll die Sache nun vonstatten gehen? Bekomme ich ein Brandzeichen auf die Wange oder nur eine Plakette um den Hals, auf der ’Verräter’ zu lesen ist?«
    »Niemand wird ihn brandmarken!«, rief Alec entsetzt aus.
    »Das war nur ein Scherz, Talí. In Ordnung, Thero, erklär mir die Bedingungen!«
    Diese Aufgabe bereitete dem Zauberer offenkundig wenig Vergnügen. »Dein Name bleibt verwirkt. Du
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