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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Korathans Reitersoldaten waren ihm von Anfang an als recht mürrisch erschienen, doch inzwischen hatten es einige ihrer Gedre-Kollegen geschafft, einige von ihnen zu erweichen. Manche stolperten nun durch einen Wirrwarr aus skalanischer und aurënfaiischer Sprache und gaben sich alle Mühe, sich verständlich zu machen. Aber er hörte auch leises Murren von einigen der Skalaner – geflüsterte Klagen wegen der Augenbinden und der ›seltsamen, widernatürlichen Magie‹. Wie es schien, war Phoria mit ihrem Misstrauen gegen die Faie und die Zauberer im Allgemeinen nicht allein. Diese Haltung war ihm unter den Skalanern früher nicht begegnet, und sie erfüllte ihn mit großer Sorge.
    Er war gerade mit dem Riemen fertig, als plötzlich eine unheimliche Stille eintrat.
    »Sohn des Korit«, hörte er eine Stimme gleich neben seinem Ohr.
    Seine Nackenhaare richteten sich auf. Ruckartig wandte er sich um, in der Erwartung, einen Rhui’auros oder einen Khtir’bai vorzufinden. Stattdessen sah er lediglich Alec und die Soldaten, die unverändert ihre Arbeit taten, obwohl er sie immer noch nicht hören konnte.
    Noch während er sich fragte, ob er plötzlich taub geworden sein könnte, drehte er sich um, um sich Halt suchend an sein Pferd zu stützen, und erblickte einen Drachen von der Größe eines Hundes, der auf dem Sattel thronte. Seine Schwingen waren gefaltet und der Kopf zurückgebogen wie der einer Schlange. Ehe Seregil noch irgendetwas tun konnte, schnappte er zu, und seine Kiefer schlossen sich knapp über dem Daumen um seine linke Hand.
    Seregil erstarrte. Zuerst fühlte er die Hitze, heiß wie ein Ofen brannte sie auf seiner Haut, dann jagte der Schmerz des Bisses und des Giftes seinen Arm hinauf.
    Mit der freien Hand griff er nach der Mähne seines Pferdes und zwang sich, nicht zurückzuzucken oder zu schreien. Die Krallen des Drachen hinterließen helle Kratzer im Leder des Sattels, als er noch stärker zupackte und seine Hand schüttelte. Dann rührte er sich nicht mehr, starrte ihn nur aus einem harten gelben Auge an, während das Blut aus seinem schuppigen Maul strömte und über Seregils Handgelenk rann.
    Oh Aura, er ist groß! Gefährlich groß. Sein Kiefer reichte bis auf die andere Seite seiner Hand.
    Das wird ein Glücksmal hinterlassen.
    Schnell nahm der Schmerz ein Ausmaß an, das beinahe schon in Verzückung mündete. Die Kreatur schien sein ganzes Blickfeld auszufüllen, und er starrte sie mit schmerzgeplagter Ehrfurcht an, während sich ein nebelhaftes goldenes Licht über sie legte. Die harten Stacheln im Antlitz des Geschöpfes zuckten sacht, und von seinen zarten, goldenen Nüstern stiegen Dunstschwaden auf.
    »Sohn des Korit«, sagte die Stimme wieder.
    »Aura Elustri«, flüsterte er zitternd.
    Der Drache ließ von ihm ab und flog durch die Dunstschwaden über dem See davon.
    Geräusche stürmten auf ihn ein, und plötzlich war Alec bei ihm, stützte ihn und ließ ihn sacht zu Boden gleiten, als seine Beine unter ihm nachgaben. Benommen starrte Seregil die Reihe blutiger Löcher an, die sich über Handrücken und Handfläche zogen.
    »Größer als Theros«, murmelte er mit einem verblüfften Kopfschütteln.
    »Seregil!«, rief Alec und schüttelte ihn. »Wo ist er hergekommen? Geht es dir gut? Wo ist die Phiole?«
    »Phiole? Tasche.« Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren, solange sein ganzer Arm in Flammen zu stehen schien. Dann drängten sich die anderen neugierig heran, und der Lärm drohte, ihn zu überwältigen.
    Alec löste hastig die Tasche von Seregils Gürtel und schüttelte die Glasphiole mit Lissik heraus, die der Rhui’auros ihm gegeben hatte – die, die er beinahe zurückgelassen hätte.
    Er stieß ein ersticktes Gelächter aus. Sie wussten, dass ich es brauchen würde. Sie wussten es die ganze Zeit.
    Vorsichtig rieb Alec die dunkle, ölige Flüssigkeit auf die Wunde und linderte so den schlimmsten Schmerz.
    Gleich darauf teilte sich die Menge vor Korathan und Riagil. Der Khirnari ergriff Seregils Hand und verlangte sogleich nach Kräutern.
    »Beim strahlenden Licht, Seregil«, murmelte er, als er rasch eine Packung bereitete und mit feuchten Tüchern um Seregils Hand wickelte. »Ein solches Mal, das ist …«
    »Eine Gabe«, krächzte Seregil. Das Gift des Drachen breitete sich in seinem Leib aus und verwandelte seine Adern in glühenden Eisendraht.
    »Wahrhaftig eine Gabe. Könnt Ihr reiten?«
    »Bindet mich fest, wenn es nötig ist.« Er versuchte, sich aufzurichten,

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