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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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mich auf die Reise über den Pass, und etwa eine Woche später erreichte ich ein großes Tal und erblickte etwas, das von weitem aussah, wie eine befestigte Fai’thast. Überzeugt, freundlich aufgenommen zu werden, ging ich gleich auf die nächste Ansiedlung zu. Noch ehe ich eine Meile hinter mich gebracht hatte, lief ich einer Gruppe bewaffneter Reiter in die Arme, doch zuerst bemerkte ich nur, dass sie Sen’gais trugen. Ich begrüßte sie in aurënischer Sprache, aber sie griffen an und nahmen mich gefangen.«
    »Was ist dann passiert?«, fragte Beka, kaum dass er eine kleine Pause einlegte.
    »Sie haben mich zwei Tage in einem Keller eingesperrt, bis es mir gelungen ist, zu entkommen.«
    »Das muss eine bittere Enttäuschung gewesen sein«, bemerkte Nyal mitfühlend.
    Seregil wandte den Blick ab und seufzte. »Es ist schon sehr lange her.«
    Während ihrer Unterhaltung, war die Kolonne stetig langsamer geworden und kam nun endgültig zum Stillstand.
    »Das ist der erste geheime Wegabschnitt«, erklärte Nyal. »Nun, Rittmeisterin, werdet Ihr Euch meiner Führung anvertrauen?«
    Beka stimmte eine winzige Spur zu bereitwillig zu, wie Alec einigermaßen amüsiert zur Kenntnis nahm.
    Paarweise ritten skalanische Reiter mit ihren Aurënfaie-Führen weiter, die die Zügel ihrer Pferde übernommen hatten, nachdem ihre Augen mit weißen Stofftüchern verbunden waren.
    Einige Gedre trafen neben Alec und Seregil ein.
    »Was soll das?«, fragte Seregil, als einer von ihnen sein Pferd gleich neben ihm zügelte und ihm eine Augenbinde entgegenhielt.
    »Alle Skalaner müssen blind weiterreiten«, entgegnete der Mann.
    Alec würgte seinen Unmut hinunter. Beinahe war er erleichtert, als seine eigene Augenbinde ihm die Sicht auf die Vorgänge nahm. Wie viele weitere Möglichkeiten würden die Faie noch auskosten, um die Tatsache zu betonen, dass Seregil als Fremder zu ihnen zurückkehrte?
    »Bereit, Alec í Amasa?«, fragte sein Führer, wobei er ihm beruhigend die Hand auf die Schulter legte.
    »Bereit.« Alec ergriff den Sattelknauf. Er litt schon jetzt unter Gleichgewichtsstörungen. Rund herum hörte er erneutes Murren aus den Reihen der Skalaner, gefolgt von unzähligen erstaunten Ausrufen, als sie alle von einem sonderbaren Gefühl, einem eigentümlichen Kribbeln auf der Haut, befallen wurden. Alec konnte nicht widerstehen und schob die Augenbinde gerade weit genug hoch, um unter ihr herzusehen, nur um sie sofort wieder herabzuziehen, als sein Auge einem wirren, brennenden Farbenwirbel ausgesetzt wurde, der sich schmerzhaft in seinen Kopf bohrte.
    »Ihr solltet so etwas nicht tun, mein Freund«, erklärte sein Führer amüsiert. »Ohne Augenbinde würde die Magie Eure Augen verletzen.«
    Um ihre Gäste zu besänftigen oder vielleicht auch nur, um die steten Klagen zum Schweigen zu bringen, intonierte jemand ein Lied, und viele andere beteiligten sich an dem Gesang, der von den Felsen widerhallte.
     
    Einst liebt’ ich ein Mädchen so zart,
    Zehn Talismane trug sie im Haar,
    Schlank war sie wie ein Reh,
    Augen, so klar wie ein Gebirgssee,
    Ein Jahr liebte ich sie von Fern,
    Ein Jahr, umworben hätte ich sie so gern,
    Ein Jahr unsteter Wanderungen,
    Ein Jahr, in dem ich schwer gerungen,
    Ein Jahr des heimlichen Begehrens,
    Ein Jahr des stillen Sehnens,
    Ein Jahr, ein ganzes Jahr,
    Bis sie die Frau eines ander’n war,
    Und ich auf ewig außer Gefahr.
     
    Das Spiel von Licht und Schatten auf der Haut, verriet Alec, dass der Weg eine scharfe Biegung beschrieb, und es dauerte nicht lang, bis er in die Tasche griff und nach der Wurzel suchte, die Seregil ihm gegeben hatte. Sie roch nach feuchter Erde, und der scharfe Saft trieb ihm die Tränen in die Augen, aber sie beruhigte seinen Magen.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass mir schlecht wird«, sagte er, während er die holzigen Reste ausspuckte. »Es fühlt sich an, als würden wir im Kreis reiten.«
    »Das liegt an der Magie«, erklärte Seregil. »Meilenweite Abschnitte dieses Passes sind von ihr erfüllt.«
    »Wie geht es dir?«, fragte Alec sanft angesichts der altbekannten Schwierigkeiten, die Seregil zumeist im Umgang mit Magie hatte.
    Warmer Atem, in dem ein deutlicher Ingwergeruch wahrzunehmen war, strich sacht über seine Wange, als Seregil sich zu ihm herüberlehnte und versicherte: »Ich komme zurecht.«
     
    Blind ritten sie durch eine gleichsam lauernde Finsternis scheinbar eine Ewigkeit weiter. Mal hörten sie das Rauschen von Wasser, dann wieder spürten sie

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