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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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die Nähe der Felsen, die den Weg einrahmten.
    Endlich ließ Riagil die Kolonne einhalten, und die Augenbinden wurden abgenommen. Alec rieb sich die Augen und starrte blinzelnd in die Helligkeit des Nachmittags. Sie befanden sich auf einer kleinen Wiese, die von allen Seiten von steilen Klippen gesäumt war. Als er sich umblickte, konnte er nichts weiter als eine ganz gewöhnliche Landschaft erkennen.
    Seregil wusch sein Gesicht an einer Quelle, die wenige Meter entfernt zwischen den Felsen hervorsprudelte. Alec gesellte sich zu ihm und trank, während er die verkrüppelten Sträucher und die Ansammlungen kleiner Blumen und Gräser betrachtete, die in Felsspalten Wurzeln geschlagen hatten. Eine Herde wilder Bergschafe trabte klappernd über ihnen über die Felsen.
    »Wie wäre es mit frischem Fleisch zum Abendessen?«, erkundigte Alec sich bei Riagil, der ganz in der Nähe stand.
    Der Khirnari schüttelte den Kopf. »Wir haben für den Augenblick genug Vorräte dabei. Lasst diese Kreatur jemandem, der sie wirklich braucht. Außerdem denke ich, es würde Euch schwer fallen, sie zu erlegen. Sie ist ziemlich weit von uns entfernt.«
    »Ich wette einen skalanischen Sester, dass Alec auf diese Distanz treffen kann«, mischte sich Seregil ein.
    »Eine Akhendi-Mark, er schafft es nicht«, konterte Riagil, wobei er eine dicke, eckige Münze scheinbar aus dem Nichts herbeizauberte.
    Seregil bedachte Alec mit einem schelmischen Lächeln. »Sieht aus, als müsstest du unsere Ehre verteidigen.«
    »Schönen Dank auch«, murmelte Alec. Die Augen mit der Hand gegen das Licht abgeschirmt, blickte er erneut zu den Schafen hinauf. Sie waren immer noch in Bewegung, mindestens fünfzig Meter entfernt, und der Wind war wechselhaft. Unglücklicherweise hatten einige Leute die Herausforderung mitangehört und beobachteten sie nun erwartungsvoll. Mit einem innerlichen Seufzer ging er zurück zu seinem Pferd und zog einen Pfeil aus dem Köcher hinter seinem Sattel.
    Ohne auf die Zuschauer zu achten, zielte er grob auf das nächste Schaf, hob den Bogen und ließ den Pfeil hoch in die Luft aufsteigen. Direkt über dem Kopf des Widders prallte der Pfeil von den Felsen ab. Das Tier blökte angstvoll und sprang davon.
    »Beim strahlenden Licht!«, keuchte einer der Umstehenden.
    »Mit dem Bogen könnt Ihr in Aurënen Euer Glück machen«, stellte Nyal lachend fest. »Bogenschießen ist hierzulande ein Wettkampfsport.«
    Irgendwelche Gegenstände wechselten unter den Zuschauern die Besitzer.
    Einige Männer zeigten Alec ihre Köcher, von denen an kleinen Beschlägen Zierrat herabbaumelte. Einige der Ornamente waren aus Holz oder Stein geschnitzt, andere in Metall geprägt oder aus Tierzähnen und bunten Federn gefertigt.
    »Das sind Shatta, Wetttrophäen, die allein den Bogenschützen vorbehalten sind«, erklärte Nyal, während er eine Bärenklaue aus seiner eigenen beachtlichen Sammlung löste und an die Verschnürung von Alecs Köcher knüpfte. »Hier. Euer Schuss hat einen Lohn wahrhaft verdient. Das kennzeichnet Euch als Herausforderer.«
    »Bis wir wieder nach Hause zurückkehren, werdet Ihr Euren Köcher nicht mehr heben können, Sir Alec«, bemerkte Nikides. »Wenn uns Zeit bleibt, um ein paar Biere zu wetten, werde ich mich jederzeit auf Euer Auge verlassen.«
    Alec beantwortete den Lobgesang mit einem schüchternen Grinsen. Seine Schießkunst gehörte zu den Dingen, auf die er in seiner Jugend stets stolz gewesen war, vor allem aber, weil sie ihn zu einem erfolgreichen Jäger machte.
    Als er zu der Quelle zurückkehrte, um etwas zu trinken, war er wieder einmal dankbar für diese Kunstfertigkeit. Auf dem weichen Boden rund um die Quelle erkannte er die Pfotenabdrücke von Panthern und Wölfen, vermengt mit größeren Spuren, die er jedoch nicht einzuordnen wusste.
    »Vielleicht ganz gut, dass wir ihn verpasst haben«, stellte Seregil fest.
    Als er in die Richtung sah, in die sein Freund deutete, erkannte er den flachen Abdruck dreier Zehen, der etwa doppelt so groß war wie sein Fuß.
    »Ein Drache?«
    »Ja, und einer von einer gefährlichen Größe.«
    Alec legte die Hand in den Abdruck, wobei ihm die tief in den Boden reichenden Löcher auffielen, die die Klauen an jedem Zeh des Drachen hinterlassen hatten. »Was geschieht, wenn wir einem von denen begegnen, während unsere Augen verbunden sind?«, fragte er besorgt.
    Seregils teilnahmsloses Achselzucken war keineswegs beruhigend.
     
    Von der Wiese aus wurde der Pfad immer schmaler,

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