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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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genommen. Einige waren winzig, andere so groß wie seine Faust, und sie glitzerten wie Juwelen, bunt und durchsichtig. Er erkannte sie nicht wieder, doch auf die eigenartige Weise, die Träume zu kennzeichnen pflegt, wusste er, dass auch sie ihm gehörten.
    Während er so dastand, drang plötzlich Rauch durch die Ritzen der Bodenbretter rings um ihn herum. Er konnte die Hitze des Feuers durch die Sohlen seiner Stiefel fühlen, und er hörte das zornige Knistern der Flammen unter ihm.
    Sein erster Gedanke galt den Kugeln. Er musste sie retten. Doch so sehr er sich auch bemühte, ein paar entglitten ihm, und er musste sie noch einmal aufsammeln. Als er sich verzweifelt umblickte, erkannte er, dass er nicht alles würde retten können. Gleichsam als böse Vorboten fraßen sich die Flammen nun durch den Boden und leckten an den Wänden des Zimmers.
    Er wusste, dass er rennen und Adzriel warnen musste. Gleichzeitig wünschte er verzweifelt, die familiären Erinnerungsstücke zu retten, doch er konnte sich nicht entscheiden, was er mitnehmen und was er zurücklassen sollte. Und die ganze Zeit, während er noch überlegte, sammelte er immer noch die Glaskugeln ein. Als er herabblickte, sah er, dass einige sich in Eisenkugeln verwandelt hatten und drohten, die Zarteren zu zerschmettern. Andere waren plötzlich mit Rauch oder Flüssigkeit gefüllt. Verwirrt und ängstlich stand er hilflos da, während der Rauch um ihn emporwogte und das Tageslicht erstickte …
    Schweißgetränkt erwachte Seregil, und sein Herz pochte so heftig, als wollte es aus seiner Brust springen. Es war noch immer dunkel, doch er hatte nicht die Absicht, noch einmal an diesem Ort zu schlafen. Er sammelte seine Kleider auf und schlich aus dem Zelt hinaus.
    Die Sterne schienen hell genug, matte Schatten aus dem Dunkel zu schälen. Seregil schlüpfte rasch in seine Kleider und kletterte auf den Drachenstein, der den Tümpel überragte.
    »Aura, Lichtträger, schenke mir Einsicht«, flüsterte er, als er sich auf dem Rücken ausstreckte und auf die Dämmerung wartete.
    »Willkommen zu Hause, Sohn des Korit«, entgegnete eine fremde, leise Stimme ganz in der Nähe.
    Überrascht sah Seregil sich um, doch da war niemand. Schließlich beugte er sich über die Felskante und blickte hinab, direkt in ein Paar leuchtend gelber Augen, die zur Seite kippten, als die Kreatur den Kopf bewegte.
    »Bist du ein Khtir’bai?«, fragte Seregil.
    Die Augen kippten in die andere Richtung. »Ja, Kind Auras. Kennst du mich?«
    »Sollte ich denn, Ehrwürdiger?« Seregil war nur einmal einem solchen Wesen begegnet, dem Khtir’bai einer Tante, das die Gestalt eines weißen Bären hatte. Diese Kreatur hingegen war viel kleiner.
    »Vielleicht«, entgegnete die Stimme. »Du hast noch viel zu tun, Sohn des Korit.«
    »Werde ich diesen Namen je wieder tragen?«, fragte Seregil, als ihm endlich bewusst wurde, dass der Khtir’bai ihn mit seinem richtigen Namen angesprochen hatte.
    »Wir werden sehen.« Die Augen blinzelten. Gleich darauf waren sie verschwunden.
    Seregil hielt den Atem an und lauschte, doch er konnte nichts mehr hören, also legte er sich wieder auf den Rücken und starrte zu den Sternen empor, während er über diese neue Wendung im Lauf der Ereignisse nachdachte.
    Wenige Minuten später vernahm er das Rascheln nackter Füße auf dem Stein. Als er sich aufsetzte, erblickte er Alec, der den Felsen hinaufkletterte, um sich zu ihm zu gesellen.
    »Du hättest früher kommen sollen. Da unten war ein Khtir’bai, der meinen Namen kannte.«
    Alecs enttäuschte Miene war beinahe schon komisch. »Wie sah er aus?«
    »Es war eigentlich nur eine Stimme in der Dunkelheit, aber die hieß mich zu Hause willkommen.«
    Alec setzte sich zu ihm. »Wenigstens einer. Konntest du nicht schlafen?«
    Seregil erzählte Alec alles, was ihm von dem Traum in Erinnerung geblieben war: Glaskugeln, Flammen, Kindheitserinnerungen. Alec hörte ihm aufmerksam zu und ließ seinen Blick über die nebelverhangene Wasseroberfläche wandern.
    »Du hast immer gesagt, du hättest keine prophetischen Träume«, sagte Alec, als er fertig war. »Aber erinnerst du dich an die Visionen, die du hattest, bevor wir Mardus gefunden haben?«
    »Bevor er uns gefunden hat, meinst du wohl? Die Warnung, die ich nicht verstanden habe, bis es zu spät war? Viel hat uns das nicht geholfen.«
    »Vielleicht solltest du gar nicht darauf reagieren und etwas tun. Vielleicht solltest du nur vorbereitet sein.«
    Seregil seufzte,

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