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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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als wäre er überrascht, jemanden draußen anzutreffen.
    »Alec?« Nyal sprang auf.
    Fühlt er sich ertappt?, fragte sich Alec, der aus der Ferne die Miene des Mannes nicht erkennen konnte.
    »Ach, Ihr seid das!«, rief Alec unbekümmert, als er auf ihn zuging. »Haben die Dravnier Euch schon so sehr strapaziert? Bestimmt werden manche Geschichten nun nicht mehr erzählt werden können, wenn Ihr nicht zugegen seid.«
    Nyal lachte, und seine Stimme klang voll und wohltönend in der Dunkelheit. »Sie werden die ganze Nacht weitererzählen, ob wir sie verstehen oder nicht. Seregil muss inzwischen heiser sein, nachdem er so lange mit ihnen allein ist. Was macht Ihr so allein hier draußen?«
    »Musste ein Bier abstellen«, sagte Alec, wobei er mit der Hand auf die Verschnürung seiner Hose klopfte.
    Einen Augenblick starrte Nyal verständnislos vor sich hin, ehe er die Lippen zu einem breiten Grinsen verzog. »Pissen, meint Ihr?«
    »Richtig.« Alec wandte sich ab, um seine Behauptung zu beweisen.
    Nyal kicherte hinter ihm. »Selbst wenn Ihr meine Sprache sprecht, seid Ihr Skalaner manchmal schwer zu verstehen. Ganz besonders Eure Frauen.« Er legte eine kurze Pause ein, dann: »Beka Cavish ist eine Freundin von Euch, nicht wahr?«
    »Eine gute Freundin«, antwortete Alec.
    »Ist sie verheiratet?«
    Noch immer abgewandt, hörte Alec die Hoffnung in der Stimme des Mannes und fühlte völlig irrationale Eifersucht in seinem Inneren aufsteigen.
    Sein eigenes flüchtiges Interesse an Beka in der Anfangszeit ihrer Bekanntschaft hatte sich nicht mit ihrer Entschlossenheit messen können, eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Außerdem hatte der Altersunterschied ihr zweifellos mehr Sorgen bereitet als ihm. Nyal andererseits war erwachsen und auch noch attraktiv. So gesehen käme er für Beka durchaus in Frage.
    »Nein, sie ist nicht verheiratet.« Alec verschnürte seine Hose, drehte sich um und stellte fest, dass Nyal immer noch lächelte. Der Mann war entweder ein überragender Schauspieler oder weit argloser, als Seregil es sich auch nur vorstellen konnte. »Erzählt mir nicht, Ihr habt Gefallen an ihr gefunden.«
    Nyal breitete die Arme aus, und Alec ahnte, dass er errötete. »Ich bewundere sie sehr.«
    Alec zögerte, wohl wissend, dass Seregil nicht damit einverstanden wäre, was er vorhatte. Schließlich trat er näher zu dem Faie, sah ihm tief in die Augen und sagte mit ernster Stimme: »Beka bewundert Euch auch. Ihr habt mich gefragt, ob wir befreundet sind. Das sind wir. Wir sind beinahe wie Geschwister. Und als Beinahe-Bruder sage ich, dass ich Euch ebenfalls mag, aber ich kenne Euch nicht sonderlich gut. Seid Ihr ein Mann, dem sie vertrauen kann?«
    Der Ra’basi nahm Haltung an und verbeugte sich respektvoll. »Ich bin ein Mann von Ehre, Alec í Amasa. Ich werde Eurer Beinahe-Schwester keinen Kummer bereiten.«
    Alec unterdrückte ein wenig würdevolles Glucksen und klopfte Nyal auf die Schulter. »Wenn das so ist, warum geht Ihr dann nicht und erfreut Euch an ihrer Gesellschaft?«
    Grinsend ging Nyal zum Turm zurück. Alec hoffte, dass das phänomenale Gehör des Mannes nicht fein genug war, sein unterdrücktes Lachen wahrzunehmen. Ein weiteres Lachen, dieses Mal eher nervöser Art, entrang sich seiner Kehle, als er darüber nachdachte, wie es ihm ergehen mochte, wenn Beka jemals erfuhr, dass er sich zum Verteidiger ihrer Ehre aufgeschwungen hatte. Er konnte nur hoffen, dass der redselige Ra’basi diskret genug war, über ihre kleine Unterhaltung den Mund zu halten. Gerade, als er sich auf den Rückweg machen wollte, trat Seregil aus dem Schatten auf ihn zu.
    »Ich dachte, du hättest gesagt, es sei zu riskant, sich hier draußen an jemanden heranzuschleichen«, keuchte Alec, erschrocken angesichts seines unerwarteten Auftauchens.
    »Nicht bei all dem Lärm, den du veranstaltet hast«, entgegnete Seregil knapp.
    »Dann hast du also gelauscht?«
    »Ja, und du bist entweder brillant oder ein verdammter Narr.«
    »Hoffen wir, dass ich brillant bin. Ich weiß nicht, was er mit Amali zu tun hat, aber wenn er nicht tatsächlich bis über beide Ohren in Beka verliebt ist, dann muss ich doch ein Narr sein.«
    »Aha!« Tadelnd hob Seregil einen Finger. »Aber er hat die gute Lady Amali nicht erwähnt, nicht wahr?«
    »Wie sollte er auch? Wir haben doch gehört, dass er ihr versprochen hat, über irgendetwas zu schweigen.«
    »Offensichtlich ein Mann von Ehre, dein Ra’basi-Freund«, stellte Seregil trocken fest.

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