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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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verschwanden, und an ihrer Stelle baumelte ein aus hellem Holz geschnitzter Vogel.
    »Das ist besser«, sagte Alec. »Dieser warnt mich, wenn jemand mir gegenüber böse Absichten hegt.«
    »Vielleicht sollte ich mir so einen Talisman besorgen, ehe ich mich dem Iia’sidra stellen muss.«
    »Was ist das?«, fragte Beka, als sie in Seregils Haar etwas entdeckte, das an einen polierten Kirschkern in einem Fadengeflecht erinnerte.
    »Es soll meine Träume vor der Lüge schützen.«
    Alec wechselte einen sonderbaren Blick mit seinem Freund, und Beka verspürte ein wenig Neid. Zwischen diesen beiden gab es Geheimnisse, von denen sie wusste, dass sie sie nie mit jemandem teilen würden, genauso wie die Geheimnisse zwischen Seregil und ihrem Vater. Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich voller Bedauern, Nysander hätte lange genug gelebt, auch sie in das Amt einer Wächterin einzuführen.
    In der Zwischenzeit hatten sich ihre Reiter an die hier vorherrschende Atmosphäre gewöhnt. Mit Nyals Hilfe wechselten Gaben die Hände, wurden Fragen gestellt und beantwortet, und beinahe jeder von ihnen trug bald einen oder zwei Talismane bei sich. Nikides flirtete gleich mit mehreren Frauen auf einmal, und Braknil spielte für eine Horde Kinder den gutmütigen Großvater, schüttelte seinen Bart und brachte Kupferstücke hinter ihren Ohren zum Vorschein.
    »So einfach wird diese Reise nicht immer verlaufen, nicht wahr?«, sagte Beka, während sie zusah, wie ein älterer Dorfbewohner Klia ein Halsband überreichte.
    Seregil seufzte. »Nein, das wird sie nicht.«

 
10
Das Herz des Juwels
     
     
    »Lady Amali scheint an Klia Gefallen gefunden zu haben«, stellte Alec fest, während er die beiden Frauen beobachtete, die sich lachend unterhielten, als sie ihre Reise am nächsten Morgen fortsetzten.
    »Das ist mir auch aufgefallen«, erwiderte Seregil leise. Schnell blickte er sich um, zweifellos um sicherzugehen, dass sich Nyal außer Hörweite befand. »Sie sind im gleichen Alter. Amali ist viel jünger als ihr Gemahl. Laut unserem Ra’basi-Freund ist sie schon seine dritte Frau.«
    »Dann ist er deiner Meinung nach also doch ganz nützlich?«
    »Für mich ist jeder nützlich«, konterte Seregil mit einem listigen Grinsen auf den Lippen. »Das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich ihm auch über den Weg traue. Ich habe ihn allerdings auch nicht wieder mit Amali davonschleichen sehen, und du?«
    »Nein, und ich habe sie beobachtet. Sie verhält sich ihm gegenüber höflich, aber sie sprechen kaum miteinander.«
    »Wir sollten sie in Sarikali im Auge behalten und schauen, ob sie sich wieder heimlich treffen. Die junge Gemahlin eines älteren Herrn und Nyal, ein attraktiver, unterhaltsamer Bursche – das könnte interessant werden.«
     
    Sie erreichten einen breiten, rasch dahinfließenden Strom und folgten ihm den Rest des Tages durch dichte Wälder gen Süden. Hier gab es nur noch wenige Ortschaften und viel mehr Wild, das dann und wann recht eigentümlich war. Herden schwarzer Rehe, die nicht größer als Hunde waren, bevölkerten die sumpfigen Ufer, wo sie sich von Wasserlilien und jungen Malventrieben ernährten.
    Es gab auch Bären, die ersten, die Alec zu Gesicht bekam, seit er seine gebirgige Heimat verlassen hatte. Aber ihr Fell war eher braun als schwarz, und sie trugen den weißen Halbmond Auras auf ihrer Brust.
    Die seltsamsten und amüsantesten Lebewesen jedoch waren die kleinen grauen Baumbewohner, die Pories genannt wurden. Der Erste tauchte kurz nach der Mittagsstunde auf, aber bald schienen sie überall zu sein, so alltäglich wie Eichhörnchen.
    Die Pories waren etwa so groß wie ein neugeborenes Kind, hatten flache, katzenartige Gesichter, bewegliche Ohren und lange, schwarz geringelte Schwänze, die wild hinter ihnen herpeitschten, wenn sie sich mit ihren Klauen von Ast zu Ast hangelten. Wenige Meilen weiter waren die Pories so schnell wieder verschwunden, wie sie zuvor aufgetaucht waren.
    Die Schatten des Spätnachmittags lagen unter den Bäumen, als der Strom sich gabelte. Als hätte er sich nicht über den Fluss gewagt, gab der Wald den Blick auf ein ausgedehntes Tal frei.
    »Willkommen in Sarikali«, sagte Seregil, und etwas in seinem Ton erregte Alecs Aufmerksamkeit.
    Eine Mischung aus Stolz und Ehrfurcht schien den Mann für einen Moment vollends zu verändern, sodass sein skalanischer Mantel so deplaziert wirkte wie eine Narrenkappe. Den gleichen Ausdruck entdeckte Alec in anderen Aurënfaie-Gesichtern,

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