Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Zuhause herbeibeschwören? Alec fragte sich, ob das geschwärzte Kellerloch noch da war, oder ob auf den Ruinen ein neues Gebäude errichtet worden war.
»Ich kenne eine ähnliche Magie«, sagte Säaban. Ein Diener brachte ihm eine große silberne Schale auf einem Dreibein. Er füllte sie mit Wasser und blies sacht über die Oberfläche. Für einen Augenblick kräuselte sich die Wasseroberfläche, dann glättete sie sich wieder und formte ein Bild grüner Wälder und schneebedeckter Gipfel.
Auf einem Hügel oberhalb eines ausgedehnten Sees standen mehrere untereinander verbundene Steingebäude, die dem Haus des Khirnari zu Gedre ähnelten, jedoch weit größer und kunstvoller waren. Zwischen Hügelkuppe und Seeufer breitete sich eine Stadt aus. Am Waldrand stand ein Säulentempel in einem Birkenhain, dessen Kuppeldach in strahlendem Sonnenschein glänzte.
»Bôkthersa!«, hauchte Seregil. »Ich hatte schon so viel vergessen.«
Das Bild verblasste, und mehr Turab machte die Runde. Seregil trank in tiefen Zügen.
»Wir haben ein wenig Akhendi-Magie gesehen, als wir durch Eure Fai’thast kamen, Khirnari«, erzählte Klia Raish í Arlisandin und hob den linken Arm, um ihm das hölzerne Blatt zu zeigen, dass an ihrem Handgelenk hing.
»Das ist Peri-Materie, richtig?«, fragte Thero, der ein ähnliches Stück trug.
»Sehr gut erkannt«, stimmte der Khirnari mit einem anerkennenden Nicken zu. »Die Knoten sind ebenso wichtig für die Magie wie das Amulett. Jedes für sich funktioniert nicht.«
»Ich würde gern lernen, wie sie hergestellt werden, falls das gestattet ist. Wir haben nichts Derartiges in Skala.«
»Aber sicher! Unter meinen Leuten ist das eine weit verbreitete Fertigkeit, wenn auch nicht alle sie gleich gut beherrschen.« Rhaish wandte sich an seine Frau. »Talía, du kennst dich doch mit diesen Dingen aus. Hast du die nötigen Zutaten bei dir?«
»Ich gehe nie ohne sie fort.« Amali erhob sich und setzte sich zu dem Zauberer, wobei sie ein Bündel schmaler Lederbändel aus einer Gürteltasche hervorzog. »Es ist ganz einfach, man muss nur die Muster kennen«, erklärte sie. Mit einer einzigen ebenmäßigen Bewegung zog sie die Bänder durch ihre Finger und brachte ein kurzes, kompliziert geknotetes Band zum Vorschein, weit aufwendiger als alle, die die Skalaner bisher gesehen hatten. »Der zweite Strich befestigt das Amulett entsprechend den Bedürfnissen des späteren Trägers.« Sie zog einen kleinen Beutel hervor und schüttete eine ganze Kollektion kleiner Holzschnitzereien in ihren Schoß. Einen Augenblick betrachtete sie Thero, dann wählte sie ein schlichtes Holzplättchen mit einem eingravierten Auge. »Weisheit«, sagte sie, während sie das Amulett befestigte und an sein Handgelenk knotete.
»Davon kann man nie genug haben«, rief Klia lachend.
Amali schuf rasch einen zweiten Talisman und reichte ihn ihr. Dieses Mal war das Amulett ein Vogel, der denen von Alec und Torsin ähnelte. »Das ist ein einfacher Bannzauber. Er wird Euch warnen, wenn jemand Arges gegen Euch im Schilde führt.«
»Ich habe diese Art Talisman schon oft als überaus nützlich erlebt«, bemerkte Torsin, während er Klia den seinen zeigte. »Ich wünschte nur, die Orëska-Zauberer würden diese Kunst beherrschen.«
»Könnt Ihr mir erklären, was diese bewirken?«, fragte Klia, während sie das geschnitzte Blatt und ein weiteres, aus Ahorn gefertigtes Amulett an wenigen, verdrehten Lederstreifen zeigte. »Ich konnte kein Wort von dem verstehen, was die Frau, die sie für mich gemacht hat, gesagt hat.«
Amali untersuchte die Talismane und lächelte. »Das sind eher Schmuckstücke als Talismane, aber sie wurden mit ganzem Herzen gegeben. Das Blatt steht für gute Gesundheit, Ahorn symbolisiert Fruchtbarkeit.«
»Die Gesundheit nehme ich gern an, das andere hebe ich mir lieber für später auf.« Klia knotete den Ahorntalisman ab und steckte ihn in die Tasche.
»Und Ihr sagt, nur die Akhendi verfügen über diese Magie?«, fragte Thero, während er den Talisman an seinem eigenen Handgelenk eingehend untersuchte.
»Andere können den einen oder anderen Trick lernen, doch die Magie ist eine Gabe unseres Clans – Magie mit Knoten und Geweben.« Amali reichte ihm einige Bänder. »Wollt Ihr es versuchen?«
»Aber wie?«, fragte er.
»Denkt einfach an einen der Anwesenden und wünscht Euch, für diese Person zu weben.«
Nach einigen erfolglosen Versuchen gelang es Thero, zwei Bänder krumm und schief miteinander
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