Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
Vom Netzwerk:
wollte dich eigentlich sofort
informieren.»
    Malfazi zog die Augenbrauen hoch und liess es damit auf sich
beruhen. Heini erntete Sabinas süssestes Lächeln. Tatsächlich hatte sich
Malfazi so verhalten, wie sie es erwartet hatte. Wenigstens hielt Spescha die
Spur der Worte für plausibel.
    «Ich hab mir ein bisschen über Tätertheorien Gedanken gemacht»,
sagte Sabina. Malfazi schaute demonstrativ aus dem Fenster. «Eine der Theorien
besagt, dass sich Täter durch das Hinterlassen von Zeichen, Botschaften oder
Gegenständen absichtlich selbst verraten. Sie folgen beim Begehen von
Verbrechen einem Zwang. Gleichzeitig verfügen sie über intakte
Gewissensanteile. Die drängen sie dazu, sich selbst zu verraten, um ihrem
Handeln ein Ende zu setzen.»
    «Sicher», sagte Heini. «Nach meiner Ansicht gibt es aber noch zwei
weitere Erklärungen, die deutlich banaler sind. Erstens: Da will sich einer
wichtigmachen. Und zweitens: Da will einer die Polizei durch vermeintliche
Spuren beschäftigen und in die Irre führen.»
    «Das alles ist möglich», räumte Malfazi ein. «Im Kern aber geht es
darum, die Frauen zu finden. Das ganze Theoriegeschwafel bringt uns nicht
weiter.»
    «Ich denke schon, dass es uns weiterbringt», fuhr Sabina unbeirrt
fort. «Der Täter geht durch hinterlassene Botschaften ein hohes Risiko ein.
Jede Art von Botschaft kann etwas über ihn verraten. Allein die Tatsache, dass
er mit Worten arbeitet, lässt doch schon Schlüsse zu.»
    «Zum Beispiel?», fragte Malfazi.
    «Zum Beispiel, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, dass es
sich um einen hochgebildeten Menschen handelt.»
    «Wieso das denn?»
    «Nach allem, was ich recherchiert habe, werden Verbrechen, bei denen
verschlüsselte Botschaften am Tatort auftauchen, fast ausschliesslich von
Tätern begangen, die einen IQ von über hundertdreissig haben.»
    «Die intelligenten Bestien.» Heini sah seine Kollegen düster an.
    «Damit müssen wir rechnen», sagte Sabina.
    «Können wir was tun, um weitere Verbrechen zu verhindern? Sind wir
uns überhaupt sicher, dass es sich um Verbrechen handelt?», fragte Malfazi
sichtlich genervt. «Es könnten ja auch zwei Frauen sein, die einfach abgehauen
sind. Bisher gibt es keine Lösegeldforderung, kein Bekennerschreiben. Nichts
ausser diesen paar Worten, wenn sie denn überhaupt damit im Zusammenhang
stehen.»
    Sabina legte ihre Hände aneinander und hielt sie vor den Mund, ehe
sie im Brustton der Überzeugung sagte: «Ich bin mir sicher, dass es sich um
Verbrechen handelt und dass wir es mit einer Serie zu tun haben, die gerade
erst beginnt. Absolut sicher.»
    Heinis Einschätzung war ähnlich, wenn auch nicht so dogmatisch.
Malfazi dagegen war anzusehen, dass er nichts von Sabinas Meinung hielt. Da
jedoch Spescha hinter Sabinas Theorie stand, übernahm er emotionslos die Rolle
des Spezialdienstleiters. Ohne einmal das Wort «bitte» zu verwenden, verteilte
er die Ermittlungsaufgaben.
    «Sabina, du kümmerst dich um die Zeugen aus Andeer und lässt die
Botschaften an der Kirchturmwand erkennungsdienstlich untersuchen. Ich weise
noch einmal darauf hin, dass der Chef nichts von den Worten in der Zeitung
lesen will. Und du», er blickte zu Heini, «überprüfst den familiären und
persönlichen Hintergrund von Katharina Jakobs und Iris Grenz auf
Gemeinsamkeiten. Sind sie auf dieselbe Schule gegangen, haben sie ähnliche
Hobbys, gehören sie demselben Verein an und so weiter. Die beiden wohnen keine
zehn Kilometer voneinander entfernt und arbeiten beide in Thusis. Da muss es
Überschneidungen geben.»
    Sabina googelte die neuen Begriffe aus Andeer, um weitere
Assoziationen zu finden. Dann druckte sie die Wörterlisten zu den Indizien im
Fall Katharina Jakobs und Iris Grenz aus und hängte sie zusammen mit Fotos der
Vermissten in alle Büros. Auf der neuen Liste stand «Iris Grenz, 24,
Wohnort Andeer, vermisst seit Ostern, zuletzt gesehen am Ostersonntag gegen
zwanzig Uhr vor dem Schwimmbad in Andeer.
Auge:  
Sehen, Gesehen werden, Auge
     Gottes, Beobachtung, Katzenauge, Auge des Gesetzes, Auge um Auge (Rache)
Limes:  
Grenzbefestigung, Grenzwall, Römer, Reich, Antike
Wasserkirche:  
Taufe, eine Freikirche, Kirche an einem
     Gewässer, die Kirche beim Mineralbad in Andeer
Bräutigam:  
Heirat, Hochzeit, Treue, Versprechen, Frack,
     Ja-Sagen, Ring, Pfarrer, Kirche, Standesamt
Stier:  
Stierkampf, Sternzeichen, archaische Gewalt, Hörner,
     rotes Tuch
Blut:  
Gewalt, Tod, Verwandtschaft,

Weitere Kostenlose Bücher