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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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mir leid.»
    «Wenn Sie sich an etwas erinnern, rufen Sie an. Und wenn Sie das
zweite Fax finden, schicken Sie es. Ja? Bitte geben Sie sich Mühe.»
    «Ich bringe es, wenn ich es finde. Und ich rufe Sie an, wenn mir
noch etwas einfällt.»
    Bühler schien kurz vor dem physischen Zusammenbruch zu sein.
    «Eins noch, Herr Bühler», sagte Sabina kühl. «Warum haben Sie mir
das alles nicht gleich gesagt?»
    «Das viele Geld», antwortete er schuldbewusst. «Und das Postfach.
Das kam mir schon sonderbar vor. Aber ich wusste ja nicht, dass es was mit den
Frauen zu tun hat.»
    «Okay», sagte Sabina. «Wir sehen uns wieder.»
    Bühler schien froh zu sein, erst mal heil aus der Sache
herauszukommen. Er begleitete Sabina zur Tür und schloss ab. Als sie sich noch
einmal umdrehte, sah sie ihn auf einem Stuhl niedersinken.
    Sie beschloss, sofort nach Zürich zu fahren und in dem Hotel zu
recherchieren, in dem die Bestellung aufgegeben worden war. Zum ersten Mal
hatten sie etwas Handfestes, mit dem sie weiterkommen konnten. Bühler hatte von
den Steinen, der Steinplatte und den Schablonen erzählt, die sie schon kannten.
Was aber war mit den vier Schmuckstücken? Sollte bald noch eine weitere Frau
entführt werden? Oder hatten die Schmuckstücke eine andere Bedeutung?
    Zürich. Hier wartete ein ganzer See von Erinnerungen auf Sabina.
Bis zum letzten Sommer hatte sie in dieser Stadt mit Dominik zusammengelebt.
Sieben Jahre lang. Am Ende hatte es nicht mehr gepasst. Während sein Horizont
immer enger geworden war, wurde ihr Freiheitsdrang irgendwann grenzenlos. Sie
hatte die Beziehung beendet und sich im Herbst um den Job in Graubünden
beworben, der für Anfang Januar ausgeschrieben worden war. Nach dem Tod ihrer
Tante war das Haus in Donat leer gestanden. Sie hatte das als Wink des
Schicksals interpretiert und die Grossstadt hinter sich gelassen. Das Leben in
Graubünden war langsamer, beschaulicher, irgendwie zeitloser. Das entsprach ihr
mehr als das geckenhafte Treiben im reichen Zürich.
    Die Stadt zeigte sich wie immer schön herausgeputzt. In den
Schaufenstern blitzten teure Designerwaren. Gut gekleidete Menschen flanierten
in der untergehenden Sonne am Seeufer entlang. Das Park Hyatt war von aussen
ein kühler Komplex aus Glas und Stahl. Innen strahlte ihr seelenloser Luxus
entgegen. Ein viel zu teures Hotel für viel zu reiche Leute.
    Am Empfang zeigte sie ihren Dienstausweis. «Ich habe hier ein Fax,
das eine Rolle in einem Kriminalfall spielt.» Sie hielt der jungen Frau hinter
dem Rezeptionstresen das Fax hin. «In der Absenderzeile steht, dass es am 30. März
um zehn Uhr siebenundzwanzig von diesem Hotel aus versandt wurde. Können Sie
rekonstruieren, wer damals hier übernachtet hat und wer an diesem Tag Dienst
hatte?»
    «Einen Moment bitte», sagte die Frau, «ich hole den Chef.»
    Keine Minute später stand ein überzogen lächelnder Mann Mitte
dreissig vor Sabina und bat sie zu sich ins Büro. Er stellte sich als
Hoteldirektor Daniel Haldimann vor.
    «Wissen Sie, Frau Lindemann, wir sind hier ein Hotel mit
hundertfünfzig Betten, da wird jede Menge gefaxt. Ich kann Ihnen zwar, wenn es
ausdrücklich nötig ist, eine Gästeliste ausdrucken. Und ich kann Ihnen auch
sagen, welche Mitarbeiter an dem betreffenden Tag Dienst an der Rezeption
hatten, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass Sie das weiterbringt.
Viele unserer Kunden bezahlen schon bei der Ankunft oder im Vorhinein. Die
hinterlassen nicht alle ihre Personalien. Unsere Mitarbeiter schauen sich
solche Faxe oder andere Nachrichten ja auch nicht an, wir sind diskret.»
    «Nach bester Schweizer Art, hm», kommentierte Sabina etwas abfällig,
was die Fassade des Hoteldirektors leicht ins Wanken brachte. Ihr war klar,
dass der Mann vermutlich recht hatte. Dennoch bestand sie darauf, eine
Gästeliste zu bekommen und eine Liste der Mitarbeiter, die an jenem Tag an der
Rezeption Dienst gehabt hatten.
    Haldimann klickte an seinem Rechner hin und her und druckte
schliesslich zwei Listen aus. Auf der einen standen über hundert Namen von
Gästen, dazu die Nationalität. Auf der anderen Liste standen fünf Namen von
Rezeptionsmitarbeitern, dazu die Telefonnummern.
    «Bitte sehr», sagte Haldimann unverändert zuvorkommend. «Ich würde
Sie allerdings ersuchen, etwaige Befragungen diskret und nicht am Empfang
durchzuführen.»
    «Selbstverständlich», sagte Sabina, diesmal ihrerseits besonders
freundlich, gab ihm die Faxnummer des Polizeikommandos und bat

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