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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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würde sie zwar nicht unbedingt einen Preis für das phantasievollste Kostüm
gewinnen, grundsätzlich aber schien ihr die aufreizende Aufmachung passend.
    Sie prüfte die Festigkeit des Efeugitters. Durchaus zufrieden mit
der Stabilität des Gerüsts, setzte sie ihren linken Fuss darauf und kletterte
nach oben. Als sie unterhalb des steinernen Balkongeländers angekommen war,
hielt sie inne und lauschte. Der Balkon war leer, ausser dem Dröhnen der Musik
war nichts zu hören. Sie zog sich über das Geländer und stellte sich wie
selbstverständlich an die Balustrade. Nachdem ein paar Gäste hinausgetreten
waren und sich leise unterhielten, ging sie zur Tür und betrat einen langen,
breiten Flur. Der Fussboden war mit dunkelrotem Teppich ausgelegt, die Wände
waren weiss, an der Decke hingen üppige Kronleuchter. Zu beiden Seiten des
Flurs gingen hohe, weiss getünchte Türen ab. An den Wänden hingen barocke
Ölgemälde herrschaftlicher Damen und Herren.
    Sabina schritt durch den Gang, nur hin und wieder kam ihr jemand
entgegen. Sie öffnete eine der hohen Türen zur Linken, erhaschte einen kurzen
Blick auf spärlich bekleidete Menschen, schwarze Latexkorsagen und diverses
Werkzeug zur Lustbereitung, schloss die Tür schnell wieder und folgte dem Flur.
    Bald erreichte sie eine breite geschwungene Treppe, die in den
eigentlichen Partybereich hinunterführte. Dunkel gekleidete Menschen schritten
durch die Treppenhalle. Die Palette der Verkleidungen reichte von
mittelalterlichen Gewändern bis zu tiefschwarzen Gothic-Kostümen, auch der
fetischhafte Lack- und Lederstil mit Nieten, Ösen und Ketten war vertreten. Wer
hier zu Gast war, tauchte offenbar in eine düster-sinnliche Parallelwelt ein.
Und Malfazi mittendrin.
    Aus einem nur dezent mit Kerzenlicht illuminierten Saal drang
dunkle, hallende Musik. In der Mitte tanzten schwarze Schatten, am Rand
spielten sich heftige erotische Szenen ab. Sabina hielt die Augen offen und
blieb stets in Bewegung, sodass niemand sie ansprach. Malfazi war auch hier
nicht zu sehen. Sie verliess den Saal wieder und ging zurück zur Treppenhalle.
Im Eck führte eine kleinere Wendeltreppe hinab in den Keller.
    Sie schritt die Stufen hinunter und fand sich in einem
mittelalterlich wirkenden Gewölbe wieder. Von einem Gang, durch den
Harfenklänge waberten, zweigten mehrere grosse Räume ab. Fackeln und Kaminfeuer
erhellten sie flackernd; die Wände bestanden aus Naturstein. In massiven
Holzregalen standen alte Bücher. Schwere Ledersessel schufen eine Atmosphäre
wie in einer Burg. Die Gäste sassen schweigend beisammen, berührten sich dezent
oder unterhielten sich leise. Im hintersten Raum sass Malfazi an einem Kamin.
Er trug ein enges schwarzes Hemd mit Nieten und silbernen Ketten an den Ärmeln.
Seinen Mantel hatte er über einen dunklen Holzsessel mit schwarzem Lederbezug
gelegt. Er las in einem Buch und trank ein Glas Rotwein. Sein Blick war fest
auf das Buch gerichtet, er sah Sabina nicht.
    Sie ging zurück in den Gang und überlegte. Was wollte sie eigentlich
hier? War es die reine Neugier, etwas über Malfazis Privatleben zu erfahren?
Oder folgte sie einem Instinkt, der ihr sagte, dass mit dieser dunklen Gesellschaft
etwas nicht stimmte?
    Sie schritt weiter den Gang entlang, der noch tiefer in den
Untergrund führte. Nachdem sie um einige Ecken gebogen war, kam sie an eine
schwere Eisentür, auf der ein grosses Symbol prangte: ein silberfarbenes,
kreisförmiges Labyrinth, geritzt in das russgeschwärzte Metall. Auf keltischen
Friedhöfen in Irland hatte Sabina einmal ähnliche Symbole gesehen. Die
aufgeregten Kerzen über ihr flackerten im Gleichschritt mit ihrem Herzen. An
der Wand huschten Schattenbilder entlang. Sie stellte sich in eine Nische nahe
der Tür, die vom Gang aus schwer einsehbar war.
    Nach einer Weile kam ein Mann und klopfte; die Tür wurde geöffnet,
und er trat in den Raum dahinter. Wenig später kamen zwei weitere Männer, gaben
ein Klopfzeichen und wurden eingelassen. Sabina wartete noch einen Augenblick,
dann fasste sie sich ein Herz und klopfte ebenfalls gegen die Tür, die umgehend
von innen geöffnet wurde. Der Wächter trug eine schwarze Latexmaske. Sie
blickte in zwei tiefschwarze Augen und hörte nur einen Satz: «Keine Frauen
hinter dieser Tür.» Die Augen fixierten sie ernst, der Kopf neigte sich ganz
langsam in verneinender Weise. Dann fiel die Tür ins Schloss.
    Sabina war die Sache jetzt nicht mehr geheuer. Sie beeilte sich, ins
Erdgeschoss zu

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