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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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wahrscheinlichste Versender des Faxes
an Bühler. Sollte er es nicht sein und jemand dadurch zu Unrecht belastet
werden, werden wir es herausfinden.»
    «Okay», sagte Heini, «bis du zurückkommst, hängt das in jedem
Polizeiposten in Graubünden.»
    Um auf Nummer sicher zu gehen, rief Sabina noch die Frau an, die
nicht mehr im Hotel arbeitete.
    «Ja?», meldete sich eine Frauenstimme mittleren Alters.
    «Frau Wintergerst?»
    «Ja.»
    «Sabina Lindemann von der Kriminalpolizei. Ich habe eine Frage wegen
Ihrer Arbeit im Park Hyatt Hotel. Ich würde gerne …»
    Die Verbindung wurde unterbrochen; nur noch ein Tuten war zu hören.
    Sabina sah auf das Display. Anruf beendet ,
las sie.
    Die Frau hatte aufgelegt. Sabina drückte die Wahlwiederholung. «The person you are calling is temporarily not available», sagte die Computerstimme.
    Sabina notierte den Namen und die Telefonnummer. Sie würde die
Befragung einem Züricher Kollegen überlassen. Vermutlich hatte sich die Frau im
Unguten von ihrem Arbeitgeber getrennt und blockte alles ab, was damit zu tun
hatte. Der Hoteldirektor bestätigte diese Vermutung.
    «Und, was gibt es Neues bei der Polizei?», fragte Marco beim
Warmmachen.
    «War heute in Zürich. Wir suchen die Mörder der drei Frauen. Es ist
schwer.»
    «Krasse Sache mit den drei Ladys.»
    Sabina startete gut und verpasste ihm einen Kick gegen die Hüfte.
    «Ey, haben deine Kollegen dich wieder genervt?»
    «Ich hab einfach eine gesunde Grundaggressivität», lachte sie und
gab Marco gleich noch eine mit.
    Er revanchierte sich mit einem Kick gegen ihre Schulter und zog das
Tempo an.
    Sie biss sich in den Kampf und liess einen Tritt gegen seine
Kniescheibe folgen. Als er aufschrie, vernachlässigte sie kurz ihre Deckung und
bekam im Gegenzug seinen Fuss so unglücklich auf die Nase, dass es knackte.
Heftig blutend sackte sie in sich zusammen.
    «Ach du Scheisse», sagte Marco.
    Ins Spital zu gehen lehnte Sabina ab. Sie liess sich ein
Taschentuch geben und stopfte je eine Hälfte in jedes Nasenloch. Als die
Pfropfen nach zwei Minuten voller Blut waren, steckte sie die nächsten rein, so
lange, bis der Blutstrom irgendwann nachliess.
    «Ich schmeiss mir daheim was ein und geh morgen zum Arzt», sagte sie
und verschwand in der Umkleide.
    «Sorry noch mal, das war echt keine Absicht.»
    «Wo gehobelt wird, fallen Späne», sagte Sabina und lächelte schief.
Dass sie einmal einen solchen Satz sagen würde, hätte sie nicht gedacht.
    In der Nacht wechselte sie mehrmals die Pfropfen und warf zwei
Paracetamol ein. Um sechs Uhr zog sie einen Trainingsanzug an und verliess das
Haus. Bereits um zehn wurde sie im Thusner Spital operiert. Nasenbeinbruch,
hatte die Ärztin diagnostiziert. Sabina meldete sich krank und fuhr nach Hause.
Es war der Donnerstag vor Pfingsten und der Todestag ihres Vaters.
    Lustlos entfachte sie ein Feuer im Kamin und verbrannte sich dabei
den Zeigefinger.
    «Zefix», fluchte sie und liess sich in ihren brombeerfarbenen
Lesesessel fallen. Sie starrte ins Feuer. Zwischen sie und die Flammen schoben
sich Erinnerungen. Sie sah sich und ihre Mutter, wie sie beim Heueinholen
gemeinsam auf dem Maiensäss des Onkels sassen. Sie sah Simon, den
Nachbarsjungen, mit dem sie im Heu herumtollte. Ihren Vater, der mit dem
grossen Wagen aus Deutschland zu Besuch kam. Sah seine Beerdigung. Die
Beerdigung der Mutter. Die Leichen der drei toten Frauen auf dem Felsen. Ihre
Nase schmerzte. Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie fühlte sich wie eine
Schnecke ohne Haus.

11
    Sabinas Krankmeldung war für Malfazi der Startschuss, um sich
selbst aktiver in die Ermittlungen einzubringen. Viel zu lange hatte er ihr die
Führung überlassen. Zu lange hatte er nicht daran geglaubt, dass die
Wortbotschaften tatsächlich relevant waren. Er hatte mit allem gerechnet, aber
nicht mit einem Dreifachmord. Er wusste, dass er jetzt aufarbeiten musste, was
er leichtfertig versäumt hatte.
    Noch am Freitag veranlasste er die Durchsuchung von Schloss
Mondfels. Alfred Rosenacker überliess ihm sämtliche Schlüssel und gewährte ihm
Zugang zu allen Räumen. «Sie dürfen davon ausgehen, dass ich diese Verbrechen
verabscheue. Wenn ich dazu beitragen kann, sie aufzuklären, tue ich das.»
    Malfazi liess sich eine genaue Beschreibung des Ordners geben, den
Schlorf verwendet hatte. Er instruierte seine Leute, vor allem danach zu
suchen, grundsätzlich aber nach auffälligen Gegenständen, die mit der Planung
der Verbrechen zu tun haben

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