Schattengreifer - Die Zeitenfestung
des
Schiffes.
Gemeinsam.
Für die große Sache eintretend.
Es tat ihm leid. Um jeden einzelnen Jugendlichen
empfand er eine gewisse Trauer.
Es hätte so weit nicht kommen dürfen.
Doch jetzt musste er ohne sie weitermachen.
Ohne
sie.
Der Sandsturm hatte sie mit sich genommen.
Ganz gewiss. Oder …
Er fasste sich an die Stirn.
Er musste achtsam
sein! Zu oft hatte er sich in seinen Zeitenkriegern bereits getäuscht. Und vor allem in Simon!
Er brauchte
Gewissheit.
Unter Schmerzen nahm er auf einem Stuhl Platz. Und auch wenn sein Innerstes ihm kaum gehorchen wollte,
begann er, seine Gedanken zu konzentrieren.
Vorsichtig.
Er nahm Verbindung auf.
Langsam.
Wie aus einem Nebel
auftauchend, konnte er seinen Blick schärfen.
Allmählich.
Er sah über das Meer, das er so gut kannte. An einem krummen
Schnabel vorbei konnte er auch eine Mastspitze erkennen.
Er legte die Hände an die Schläfen und steigerte seine
Konzentration – gegen alle Schmerzen, die er dadurch hervorrief.
Er brachte die Krähe dazu, nach unten zu schauen, auf
das Deck des Schiffes, und was er erkannte, ließ ihn vor Wut aufschreien. Fassungslos sah er auf die Jugendlichen, die
gerade dabei waren, die Zeitmaschine vorzubereiten.
Wieder waren sie ihm entkommen. Wieder hatten sie
ihn überlistet.
Doch sie konnten nicht ahnen, dass er sie beobachtete.
Noch einmal verstärkte er seine Konzentration,
und schon konnte er sie hören. So spionierte er ihren Plan aus.
Sie waren unterwegs zu ihm.
In seine Festung.
Sollten
sie nur. Hier unten war er der uneingeschränkte Herrscher. Nirgendwo sonst war seine Macht so groß wie hier.
Sollten sie
nur kommen.
Er würde sie erwarten.
Tom schlitterte über Wurzeln und spitze Steine hinweg und zwang sich auch jetzt, nicht aufzuschreien. Ganz bestimmt hatte er sich bereits die halbe Jacke zerrissen. Und noch immer war es ihm nicht gelungen, Halt zu finden.
Das grünliche Licht wurde stärker.
Immer schneller rutschte er den Abhang hinunter, bis er abrupt gebremst wurde: Er donnerte mit beiden Beinen gegen eine Wand aus Stein.
»Au!« Dieses Mal hatte er den Schrei nicht unterdrücken können. Er hatte sich den Fuß verdreht und lag nun mit seinem ganzen Gewicht darauf. Er rutschte ein Stück zur Seite. Im Inneren des Fußes pochte es. Ganz bestimmt hatte er sich den Knöchel verrenkt oder verstaucht, wenn nicht gar gebrochen. In diesem Licht konnte er nicht richtig nachsehen. Er …
In diesem Licht!
Erst jetzt wurde Tom bewusst, dass er sich in einem riesigen Raum befand, der von dem grünlichen Licht hell durchflutet wurde. Er vergaß sein Bein und sah sich um.
Der Raum war gigantisch hoch. Und Tom verschlug es den Atem: Er befand sich unter Wasser! Die Decke dieser unterirdischen Halle schien aus Glas zu bestehen, denn Tom konnte von hier ins Meer sehen. Daher das schimmernde Licht. Die Sonne suchte sich ihren Weg durch das Wasser und wurde von dem Glas als grünes Schimmern in die Halle geworfen.
Tom stand der Mund weit offen vor Erstaunen. Etwas Vergleichbares hatte er noch nie gesehen.
Er sah sich weiter in diesem Raum um, und auf einmal stockte ihm der Atem: Nach allen Seiten gingen weitere Gänge ab. Einer glich dem anderen. Und wären da nicht seine Schleifspurengewesen, Tom hätte schon jetzt nicht mehr sagen können, aus welchem Gang er hier hereingestürzt war.
Doch das Unheimlichste waren die vielen Krähen, die überall in dieser Halle saßen und die stumm auf ihn herabschauten. Hunderte mussten es sein. Sie saßen über den halbrunden, steinernen Portalen, die zu den vielen Gängen führten. Sie saßen auf Felsspitzen oder auf Wurzelenden, die aus den Wänden ragten. Auch auf dem Boden hatten sich einige niedergelassen, die Tom schweigend anstarrten.
Nicht eine von ihnen bewegte sich. Sie wirkten wie ausgestopft. Wie bereits gestorben. Wenn da nur nicht ihre schwarzen Augen gewesen wären, mit denen sie Tom scharf anblickten.
Ihm lief es kalt den Rücken hinunter. Er traute sich kaum, sich zu bewegen. Doch schließlich versuchte er aufzustehen.
»Au!« Wieder durchzog ein unsäglicher Schmerz seinen Fuß. Tom drehte sich hastig zur Seite.
Die Krähen blieben starr, den Blick auf ihn gerichtet.
Diese Ruhe und diese düstere Halle machten Tom jetzt Angst. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Und kein Mensch wusste, wo er war.
Er wusste es ja selbst nicht.
Vorsichtig streckte er das Bein aus und legte den schmerzenden Fuß sachte auf den Boden. Dann drehte er sich so, dass er
Weitere Kostenlose Bücher