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Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gewesen, weil es nicht nur der Sand war, den sie sich aus den Poren ihrer Haut wuschen. Es war beinahe so, als spüle das erfrischende Wasser auch allen Schrecken und den letzten Rest Furcht aus ihnen heraus und helfe ihnen, sich gegenseitig wieder aufzubauen.
    Die letzten Tropfen aus dem Eimer fielen auf Nin-Si. Simon sprang von der Kiste herunter und rannte zu dem Wasserfass. Es war zum Glück erst zur Hälfte geleert.
    Simon tauchte den Eimer wieder tief in das Wasser ein, wo er blubbernd versank.
    »He, was dauert das denn so lange?«, rief Caspar kichernd. »In der Stadt Ur warst du nicht so langsam.«
    »Da ist er ja auch vor dem Zorn des Schattengreifers davongelaufen«, meinte Moon, und Neferti fügte hinzu: »Na, dann soll er mal unseren Zorn nicht unterschätzen, wenn er uns hier weiter warten lässt. Unsere Rache kann mindestens so hart sein wie die des Schattengreifers.«
    Sie lachten laut.
    Simon zog den Eimer in die Höhe und rannte zurück zu der Kiste vor der Kajüte. Erleichtert kletterte er auf den Deckel. Die Stimmung auf dem Schiff hätte nicht besser sein können. Schon kippte er langsam den Eimer über seinen Freunden aus, die johlend und lachend die kühle Erfrischung genossen.
    Eine Stunde später saßen sie im Kreis um das Feuer, das Moon wieder einmal in der riesigen silbernen Schale auf dem Deck angefacht hatte. Nach dem übermütigen Geplänkel der vergangenen Stunden saßen sie jetzt schweigend beieinander. In stillem Einvernehmen und in der sicheren Geborgenheit ihrer Freundschaft.
    Der befürchtete Besuch des Schattengreifers war bisher ausgeblieben. Sicherlich musste er erst seine Wunden versorgen und zu Kräften kommen, vermutete Simon.
    Neferti war dicht an ihn herangerückt und hatte ihren Kopf auf seine Schultern gelegt, den Blick verträumt auf die Flammen vor ihr gerichtet. Nin-Si saß an seiner anderen Seite und lehnte sich ebenfalls gegen ihn. Für Simon war das ein merkwürdiges Gefühl. Zum einen kostete er diesen Augenblick aus, zum anderen wusste er nicht recht damit umzugehen. Wenigstens hatten Caspar und Moon keine Probleme damit, dass Simon denMädchen näherkam. Im Gegenteil, es schien beinahe, als seien die beiden Jungs froh, dass Simon ihnen dies abnahm. Keiner der beiden hatte sich anscheinend bisher für Mädchen interessiert. Und keiner von beiden erweckte den Eindruck, als ob sich daran etwas ändern sollte.
    Für Simon war dies eine völlig neue Erfahrung. Er hatte sich bis zu dem Zeitpunkt, als er allein mit Neferti im Wald bei Salomons Heimatstadt gesessen hatte, auch nicht für Mädchen interessiert. Doch dieser eine magische Moment hatte alles geändert. Er fühlte sich Neferti sehr nahe. Und wenn sie beide auch noch nicht darüber gesprochen hatten, es herrschte eine besondere Beziehung zwischen ihnen. Ein Band, das sie inniger füreinander fühlen ließ. Gefühle, die Simon so vorher noch nie verspürt hatte.
    Auch nicht für Nin-Si.
    Sie war eine wunderbare Freundin, und sie lag ihm sehr am Herzen. Doch nicht mehr als alle anderen Zeitenkrieger. Mit Ausnahme von Neferti, nach deren Hand er gerade suchte.
    Sein Blick schweifte über das Deck. Die kleine Krähe saß zu seinen Füßen. Moon blickte in das Feuer und hing seinen Gedanken nach. Caspar spielte mit einem seiner Messer, so wie er es immer tat, wenn er zur Ruhe kam. Zwei seiner Messer hatte er in der Stadt Ur verloren, was er sehr bedauerte. Auf die übrigen wollte er nun besonders achtgeben.
    Simon blickte zur Spitze des Vordermastes hinauf. Die große Krähe saß dort und schimpfte leise vor sich hin. Als die Freunde sie aus dem alten Sack befreit hatten, war sie auf die Mastspitze geflogen und hatte sich seither nicht mehr von der Stelle gerührt. Einzig ihr flüsterndes Krächzen war zu hören. Wahrscheinlichverfluchte sie jeden Einzelnen von ihnen bis auf die Knochen.
    Das Meer lag ruhig da. Sie befanden sich wieder auf dem »Ozean der Stille«, wie Moon diesen Ort nannte. In einem Niemandsland, das allein im Universum des Schattengreifers zu existieren schien. Simon wunderte sich, dass sie hierher zurückfinden konnten. Er hatte damit gerechnet, dass der Schattengreifer ihnen verwehrte, weiter mit dem Schiff durch die Zeit zu reisen oder sich in diesem Ozean aufzuhalten. Doch anscheinend hatte der Schattengreifer für diesen Fall nicht vorgesorgt, vermutete Simon. Der Magier hatte wohl nie damit gerechnet, dass etwas seine Pläne durchkreuzen könnte. Dass es nötig sein könnte, im Notfall

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