Schattengreifer - Die Zeitenfestung
mit ihm zu einer Zeitreise aufgebrochen war. Und Simon wusste sogar, wo sich zwei der fehlenden Tigerkrallen befanden: Eine war als Kompassnadel ein Teil der Zeitmaschine, die andere Kralle steckte noch immer in Simons Hosentasche. Ohne sie hätte er ja niemals wieder auf das Schiff gelangen können.
Der Säbelzahntiger setzte sich an die Seite des Schattengreifers, während die riesige Krähe auf der Schulter des Magiers ihren Platz einnahm. Sie warf Simons kleiner Krähe einen erbitterten Blick zu, und Simon spürte, wie sein Freund zu zittern begann.
»Du erkundigst dich nach deinem Vater?«, wiederholte der Schattengreifer die Frage. Noch immer schwang der boshafte, ironische Unterton in seiner Stimme mit. »Du solltest nicht mich fragen. Frag diese beiden. Sie kommen gerade von ihm!«
Simon blickte in die Angst einflößenden Gesichter der beiden Tiere. »Wenn Eure Kreaturen meinem Vater auch nur eine Schramme verpasst haben«, knurrte er den Magier an. »Dann … dann werde ich …«
Der Schattengreifer lächelte. »Ja? Was wirst du dann?« Er strich der Krähe wie gelangweilt über den Kopf. »Du wirst nichts mehr tun, mein lieber Simon. Die Zeit des Handelns ist für dich zu Ende. Du hattest die Gelegenheit zu handeln. Ichhabe dir eine Möglichkeit geboten, die alles übersteigt, was du in deinem Leben hättest erreichen können. Du hättest an meiner Seite herrschen können. Du …«
»Ich hätte Menschen unterdrücken müssen, meint Ihr wohl! Nein, danke!«
Der Schattengreifer nickte. »Du hattest deine Chance.« Er blickte in die Runde der Zeitenkrieger. »Ihr alle hattet die Wahl. Ich hatte Großes mit euch vor. Mit jedem Einzelnen von euch. Doch ihr habt euch gegen mich gestellt und damit euer Schicksal besiegelt. Ich bin nicht mehr verantwortlich für das, was mit euch geschehen wird! Es war allein eure Entscheidung!«
Er trat einen Schritt zurück. »Ihr entschuldigt mich bitte. Ich denke, ihr habt Verständnis dafür, dass ich euch nun allein lasse.«
Mit dem Säbelzahntiger an der Seite und der riesigen Krähe auf seiner Schulter trat er in den Gang, aus dem vorhin die beiden Tiere in die Halle gekommen waren.
Simon sah ihm fassungslos nach. Er wusste nicht recht, was er von all dem halten sollte. In ihm schrie alles danach, sich auf den Magier zu stürzen, doch gleichzeitig hielt ihn etwas davon ab.
Im Portal drehte sich der Schattengreifer noch einmal zu ihnen um. »Ich verabschiede mich nun von euch«, brachte er lächelnd hervor, doch auf Simon wirkte es wie ein gezwungenes Lächeln. Noch immer dachte er fieberhaft nach, ob er handeln sollte. Doch da sprach der Schattengreifer auch schon weiter: »Ich werde deinen Vater von dir grüßen, Simon. Ich weiß nicht, ob er entzückt sein wird zu hören, welche Entscheidung du getroffen hast, wenn ich ihm alles erzählen werde – an Bord des Seelensammlers. Mit ihm statt dir an meiner Seite.«
Jetzt brach es endgültig aus Simon hervor. Mit wutverzerrtem Gesicht stürzte er auf den Magier zu. Er rannte quer durch die Halle zu dem Portal, in dem der Schattengreifer völlig unbeeindruckt stand und Simon weiter anlächelte.
Simon ballte die Fäuste. Bereit, sie dem Magier in seinen hageren Körper zu jagen. Er rannte nun noch schneller, als es plötzlich einen gewaltigen Stoß gab, Simons Lauf jäh gestoppt wurde und er schreiend hintenüberfiel.
»Simon!«
Seine Freunde kamen herbeigeeilt.
Simon hielt sich den Kopf und schaute ungläubig dem Schattengreifer entgegen, der noch immer sein falsches Lächeln zur Schau trug.
Caspar ging ein paar Schritte auf ihn zu und streckte die Hand aus. »Wie Glas«, sagte er, als er die Blase berührte, die der Schattengreifer wie eine unsichtbare Glocke um sich und die beiden Tiere gelegt hatte.
Man musste genau hinschauen, um sie zu erkennen. Das schimmernde Licht, das durch die Decke in die Halle strömte, spiegelte sich kaum sichtbar darauf. Die Glocke war so hoch, dass sie das gesamte Portal abschloss. Wie eine massive Tür aus Glas.
Simon war ganz benommen von dem Aufprall. Er hielt sich den Kopf, doch es gelang ihm aufzustehen. Neferti und Nin-Si halfen ihm auf die Füße.
Der Schattengreifer verlor nun keine Worte mehr. Mit entschlossenem Gesicht wandte er den Blick zur Deckenhalle. Dann hob er beide Arme, und seine Lippen begannen, sich zu bewegen.
Auf einmal kam Leben in die Halle. Die Krähen kreischten so markerschütternd auf, dass die Jugendlichen sich die Hände auf die Ohren
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